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Integrationsgipfel
Schon der Name kann entscheiden

Tausende Lehrstellen bleiben unbesetzt, in Deutschland herrscht ein Mangel an Fachkräften - trotzdem finden viele Migranten keinen Ausbildungsplatz. Oft ist dabei schon ein fremdländischer Name entscheidend. Die Bundeskanzlerin suchte gemeinsam mit Experten auf dem Integrationsgipfel nach Lösungen, konkrete Lösungsansätze blieb sie jedoch schuldig.

01.12.2014
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (l.) und die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD) nach dem 7. Integrationsgipfel
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (l.) und die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD) nach dem 7. Integrationsgipfel (dpa / picture-alliance / Britta Pedersen)
    Zuwandererkinder haben es oft schon bei der Bewerbung schwer. Oft kann schon ein fremdländischer Name zu einer hohen Hürde werden. Die Integrationsbeauftragte der Regierung, Aydan Özoguz (SPD), beklagte bei NDR Info, Migranten würden oft selbst dann "aussortiert, wenn sie ein 1,9-Abitur haben".
    Vor allem für Bewerber mit türkischem oder arabischem Namen sei es nach wie vor besonders schwierig, eine Lehrstelle zu bekommen. "Es gibt, das ist der Befund, noch Diskriminierung", räumte Bundeskanzlerin Angela Merkel ein.
    Merkel spricht sich gegen anonyme Bewerbungen aus
    Offen blieb, wie das geändert werden soll. Merkel sprach sich dagegen aus, Arbeitgebern ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren vorzuschreiben, damit Menschen mit ausländischen Namen nicht diskriminiert werden. Merkel sagte, es sei besser, ein Umdenken bei den Personalchefs zu erreichen.
    Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes und die Türkische Gemeinde in Deutschland forderten dagegen öffentliche Arbeitgeber und Unternehmen auf, anonymisierte Bewerbungsverfahren für mehr Chancengleicheit einzuführen. Die Mehrheit der Arbeitgeber lehnt das jedoch ab.
    Uff.. Neues Wort auf #Integrationsgipfel gelernt: Migranten als " Arbeitsmarkt verwertbares" Material pic.twitter.com/EdXtfOQmQC— Aiman A. Mazyek (@aimanMazyek) 1. Dezember 2014
    Migranten wichtig bei Bekämpfung des Fachkräftemangels
    Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Eric Schweitzer, mahnte: "Am Ende des Tages werden wir als Deutschland das Thema Fachkräftemangel nur hinbekommen, wenn wir es schaffen, jeden Migranten auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren. Die deutsche Wirtschaft braucht jeden einzelnen Migranten auch in der Ausbildung."
    In Deutschland hat jeder fünfte Bürger ausländische Wurzeln - das sind etwa 16 Millionen Menschen. Die größten Gruppen sind Menschen türkischer und polnischer Herkunft. Mehr als die Hälfte der Migranten hat die deutsche Staatsangehörigkeit.
    Viele Migranten bei Bildung im Rückstand
    In den Bereichen Bildung, Ausbildung und Zugang zum Arbeitsmarkt sind Ausländer im Vergleich zu Deutschen zum Teil noch deutlich im Hintertreffen. So bleiben beispielsweise 30,5 Prozent der jungen Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit ohne Berufsabschluss - dreimal so viele wie junge Erwachsene mit deutschem Pass (10,9 Prozent).
    Vor den Beratungen im Kanzleramt hatten Merkel und die Integrationsbeauftragte Özoguz die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) besucht. Das Unternehmen wirbt aktiv um Lehrlinge aus Zuwandererfamilien. Im vergangenen Jahr hatten fast ein Drittel der Auszubildenden dort einen Migrationshintergrund.
    Das Treffen im Kanzleramt war bereits das siebte dieser Art. Merkel hatte das Thema Integration 2006 zur Chefsache gemacht und damals zum ersten Gipfel eingeladen. Kritiker beklagen, die Veranstaltung liefere zu wenig konkrete Ergebnisse und habe nur Symbolcharakter.
    (nch/tj)