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Integrationspolitik
Streit um Mindestlohn für Flüchtlinge

Die CDU will die Integration von Flüchtlingen mit verschiedenen Maßnahmen vorantreiben, unter anderem soll es Ausnahmen beim Mindestlohn geben. Das stößt bei der SPD auf Widerstand - sie fürchtet, dass Flüchtlinge damit gegen andere Arbeitnehmer ausgespielt und zu Lohndrückern gemacht werden.

15.02.2016
    Ein Flüchtling in Berlin schleift einen Stuhl ab.
    Ein Flüchtling in Berlin schleift einen Stuhl ab. (dpa / picture-alliance / Felix Zahn)
    "Das wäre brandgefährlich und würde gerade nicht zu einer höheren Akzeptanz von Flüchtlingen in unserer Gesellschaft führen", sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley der Bild am Sonntag. "Ausnahmen beim Mindestlohn für Flüchtlinge sind mit der SPD nicht zu machen." Auch nach Auffassung der Grünen bereitet der Vorstoß der CDU den "Nährboden für Ressentiments". Flüchtlinge würden dem Vorwurf ausgesetzt, mit Dumpinglöhnen Einheimische vom Arbeitsmarkt zu verdrängen, erklärte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin Brigitte Pothmer. "Das wäre Wasser auf die Mühlen fremdenfeindlicher Populisten und eine Bedrohung des sozialen Friedens."
    Ausnahmen vom Mindestlohn in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung gibt es derzeit nur für Langzeitarbeitslose. Außerdem gelten Ausnahmen für Minderjährige ohne Berufsabschluss, Azubis und viele Praktikanten.
    Zustimmung von Arbeitgebern
    Der CDU-Bundesvorstand will heute ein Maßnahmenpaket zur besseren Integration von Flüchtlingen beschließen. Für die Forderung nach einer Ausnahme beim Mindestlohn bekommen die Christdemokraten Zustimmung von den Arbeitgeberverbänden. "Allen Menschen, die es am Arbeitsmarkt besonders schwer haben, muss der Weg in Beschäftigung erleichtert werden", sagte ein Sprecher der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), dem Tagesspiegel aus Berlin. Die Ausnahmeregelung müsse für Flüchtlinge wie auch Langzeitarbeitslose gelten - und sollte seiner Ansicht nach noch verlängert werden: "Ihnen sollte zwölf Monate lang eine von den strikten Bedingungen des Mindestlohngesetzes befreite Beschäftigung ermöglicht werden."
    Das Konzept der CDU sieht außerdem eine Verlängerung der Schulpflicht für Flüchtlinge ohne Schulabschluss auf 25 Jahre und höhere Hürden für ein unbefristetes Aufenthaltsrecht vor. Wer sich der Integration "dauerhaft verschließt", müsse mit "spürbaren Konsequenzen, zum Beispiel für seinen Aufenthaltsstatus oder mit Leistungskürzungen, rechnen", heißt es in dem Papier, aus dem die Deutsche Presse-Agentur zitiert. "Wir dürfen die Integration so vieler Menschen nicht dem Zufall überlassen, sondern müssen sie begleiten und mangelnde Bereitschaft notfalls auch ahnden", schreibt stellvertredende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner in einem Gastbeitrag für die Rheinische Post.
    SPD-Linke fordern durchdachtes Integrationskonzept
    Die Parlamentarischen Linken der SPD forderten ein wirkungsvolles und durchdachtes Integrationskonzept. "Nicht in Sprachkurse zu investieren, aber Strafen für Menschen ohne Sprachkenntnisse zu fordern, ist Politik ohne Verstand", sagte Sprecher Matthias Miersch der Deutschen Presse-Agentur. Die CDU-Forderungen dokumentierten die ganze Zerrissenheit der Union. "Die Kanzlerin zeigt sich an der Grenze human, aber jeder sinnvolle Schritt zur Integration wird verweigert."
    Grundsätzlich zeigte sich die SPD aber bereit zu Gesprächen über ein Integrationsgesetz. Das SPD-Präsidium tagt ebenfalls heute in Mainz.
    (nch/am)