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Intelligente Dienstleistungen
Microsofts Wandel zum Service-Anbieter

Früher stand das Betriebssystem Windows im Zentrum der Unternehmensstrategie von Microsoft. Das hat sich geändert. Services, Dienstleistungen, Spracherkennung oder maschinelles Lernen sind heute in den Fokus gerückt. Die Hintergründe erläutert Achim Killer.

Achim Killer im Gespräch mit Manfred Kloiber | 02.04.2016
    Das Microsoft Firmenlogo vor der Deutschlandzentrale des Unternehmens.
    Das Microsoft Firmenlogo vor der Deutschlandzentrale des Unternehmens. (Imago / Sven Simon)
    Manfred Kloiber: Herr Killer, Windows, das Flaggschiff von Microsoft steht nicht mehr im Zentrum der Unternehmensstrategie, sagen Sie. Was dann?
    Achim Killer Services, Dienstleistungen, Spracherkennung beispielsweise oder maschinelles Lernen. Das alles findet ja in der Cloud statt. Und für Privatanwender ist das oft kostenlos. Aber Unternehmen zahlen, vor allem wenn sie diese Internet-Dienstleistungen in ihre Produkte einbauen. Das sind intelligente Dienstleistungen, mit denen Microsoft Geld verdienen will, haben alle mehr oder weniger mit künstlicher Intelligenz zu tun. Das ist sicherlich ein Zukunftsmarkt. Aber in der Gegenwart gibt’s da schon noch richtige Probleme. Das hat sich ja diese Woche wieder gezeigt.
    Kloiber: Wieso? Was ist denn da passiert?
    Killer: Also das war sicherlich als Marketing-Maßnahme im Vorfeld der Konferenz gedacht. Microsoft hat einen Chatbot ins Netz gestellt. Tay heißt der, trägt Züge einer jungen Frau, damit Jungs gerne mit ihm – oder besser: mit ihr - chatten – auf Twitter beispielsweise. Aber da waren halt auch sehr viele böse Jungs darunter. Und die haben den Chatbot dann dazu gebracht, übelste Tweets abzusetzen. Den US-Präsidenten hat er wegen seiner Hautfarbe beschimpft, und Nazi-Slogans absondert. Nach ein paar Stunden dann hat Microsoft ihn abgeschaltet. Also das ist so richtig daneben gegangen mit der künstlichen Intelligenz made in Redmond. Hinzu kommt, dass andere auch intelligente Services anbieten wollen und es vielleicht besser können.
    Kloiber: Wer sind denn die Konkurrenten auf diesem Gebiet?
    Killer: IBM beispielsweise, der Konzern, der den PC standardisiert hat und Intel und Microsoft großgemacht hat. IBM hat die leistungsfähigsten Prozessoren gebaut und die größten Festplatten. Alles Sparten, die mittlerweile verkauft sind. IBM will auch ein Dienstleistungsunternehmen werden und ist wohl schon ein Stück weiter damit als Microsoft. Watson heißt ja IBMs KI-Software. Und dann sind da noch Google und Facebook und etliche andere mehr. Die alle machen derzeit auf künstliche Intelligenz. Und es gibt keinen Grund, warum Microsoft sich gegen die durchsetzen sollte.
    Kloiber: Aber Windows und Office sind Standard. Das ist doch eine gute Basis, um KI-Dienstleistugen zu vertreiben.
    Killer: Ja, das sind Standards, aber halt nur im Büro und auf dem PC. Seit dem Ende seines Betriebssystem-Monopols, also seit das Smartphone für die meisten User der persönliche Computer ist und nicht mehr der PC, da versucht Microsoft ja, mit der Integration von mobilen und stationären IT-Systemen zu punkten, also mit universal Apps, die sowohl auf PCs, als auch auf Windows-Handys laufen. Das ist toll, nützt aber halt wenig, wenn niemand ein Windows-Handy hat, mit Android-Apps, die unter Windows laufen – das Projekt hat Microsoft eingestellt. Jetzt also künstliche Intelligenz als Dienstleistung, die mobil und stationär bezogen werden kann. Das Bemühen um die Integration von mobiler und stationärer IT-Welt ist verdienstvoll, aber wohl nicht profitabel, wenn man wie Microsoft nur in der stationären Welt vertreten ist.
    Kloiber: Apropos: Was ist denn mit Windows mobile?
    Killer: Das ist von den Referenten kaum erwähnt worden. Statt dessen Android und iOS. Und wenn man sich die Videos von der Konferenz anschaut, dann sieht man Windows-Entwickler, die die Präsentationen fotografieren. Aber nicht mit einem Windows-Handy, sondern mit einem iPhone. Das ist entweder eine schlechte Konferenz-Regie oder schlicht die Realität. Ich denke: Letzteres. Windows mobile ist tot.
    Kloiber: Wie sieht also die Zukunft von Microsoft aus? Was meinen Sie?
    Killer: Na ja, Microsoft verfügt über viele Aktivposten: die starke Position auf dem PC-Markt und im zugehörigen Back-end. Skype. Office. Damit lässt sich schon Geld machen. Und Microsoft verdient auch oft mit. Die Hersteller von Android-Handys, also von Geräten mit Google's Betriebssystem, die zahlen Lizenzgebühren in Milliardenhöhe an Microsoft, heißt es. Also die Zukunft von Microsoft ist schon sicher. Aber ob das eine Zukunft als Resterampe ist oder die eines Unternehmens, das in einem – wenn, dann auf jeden Fall kleineren Bereich als früher – maßgeblich ist, das ist offen.
    Kloiber: Achim Killer über Microsofts Wandel zum Service-Anbieter.