Donnerstag, 18. April 2024

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Internationale Tourismus-Börse
Tourismusindustrie und Reiseblogger

Bei der weltweit größten Tourismusmesse ITB ist das Bloggen ein ganz großes Thema. Es gibt diverse Veranstaltungen, bei denen Reiseblogger und Tourismusvertreter auf einem Podium sitzen. Beide Seiten verfolgen Eigeninteressen: Die Tourismusbranche sieht in den Bloggern perfekte Distributoren ihrer Inhalte. Und die reiselustigen Blogger wiederum sind froh um jedes Sponsoring.

Von Marietta Schwarz | 07.03.2014
    Der Workshop "The Next Step - Professionelle Zusammenarbeit von Bloggern und PR" ist nur eine von vielen Veranstaltungen der sogenannten "eTravel World" – einem Bereich der ITB ausschließlich für Social Media und Mobile Travel Services. Reiseblogs boomen inzwischen auch im etwas rückständigen deutschen Raum. Und Unternehmen nutzen sie zur Vermittlung ihrer eigenen Werbebotschaften. Warum, das erklärt Marion Schumacher, zuständig für "Blogger-Relations" für die Mövenpick Hotels & Resorts:
    "Es wird Content produziert, Content, den wir nicht selber als Unternehmen, als platte Werbebotschaften produzieren. Eine Marke wird erlebbar gemacht."
    Auch Blogger müssen Geld verdienen
    "Storytelling" ist das Wort der Stunde. Blogger liefern "authentische Inhalte" und damit Glaubwürdigkeit. Das gesponserte Hotel, der Ort, das Verkehrsmittel müssen nicht mal häufig genannt werden. Es geht um die gute Geschichte, die irgendwie mit dem zu bewerbenden Produkt verknüpft wird - per Text, Foto oder Video.
    "Wir müssen einfach sicherstellen, dass man uns findet, und durch die Algorithmen der Suchmaschinen ist der Content wichtig, weil er uns hilft, auf der ersten Seite von Google zu sein."
    Auf der anderen Seite sind da die Blogger: Sie haben keine Redaktion hinter sich, die sie für ihre Arbeit honoriert. Auch sie müssen Geld verdienen. Ein Weg ist die Zusammenarbeit mit Reiseveranstaltern, Autovermietungen und Tourismusbehörden, sprich: Subventionierung – wie es im traditionellen Reisejournalismus im Übrigen ja auch gang und gäbe ist. Aber was ist die Gegenleistung? Welche Bedingungen, welche Erwartungen müssen Reiseblogger erfüllen? Nina Hüpen-Bestendonk ist 30 Jahre alt. Sie ist Kommunikationsdesignerin. Ihr ästhetisch hochwertiger und bildlastige Blog heißt "Smaracuja":
    "Die Bedingung kommt oft gar nicht, die lassen uns freie Hand, natürlich erwarten die ne gewissen Exposure auf social media, ein Bekanntmachen, ne Erwähnung auf Blog, Twitter, Instagram, das ist aber nicht gesetzt. Ich schreibe das, was ich möchte."
    Blogger unterzeichnen Kodex
    Der Markt, sagen Blogger wie Branchenvertreter, regelt das Transparenz-Problem von alleine. Zu viel Werbung macht unglaubwürdig. Der Blogger verliert Click-Zahlen und damit auch das Interesse der Reisebranche. Doch heißt das am Ende nicht, dass die PR einfach nur möglichst geschickt verpackt sein muss? Die Frage stellt sich Nina Hüpen-Bestendonk nicht, sie verweist auf den Reiseblogger-Kodex:
    "Der Kodex setzt fest: Wie verhalte ich mich in einer Kooperation und wie kennzeichne ich diesen Content in meinem Blog? Das sind aber keine Regeln, sondern Richtlinien."
    Über 200 Blogger haben diesen Kodex in Deutschland unterzeichnet - so groß ist inzwischen die Szene. Nina verdient ihr Geld übrigens nicht mit dem eigenen Blog, sondern als Mitglied des "Reiseblogger-Kollektivs", das individuelle Kampagnen und Inhalte für Touristik-Unternehmen entwickelt. Denn die Reiseveranstalter sind längst so weit, dass sie sich extra Blogger einkaufen, damit ihr eigener Internetauftritt hip und jung wirkt.
    Tja, und was ist der Blogger dann am Ende? Ein Online-Reisejournalist oder ein PR-Mensch für die Tourismusindustrie? Typische Journalistenfrage, vermittelt mir Nina, und da hat sie wahrscheinlich sogar Recht.
    "Ich sehe mich als Blogger! Ich empfinde das nicht so, als würde ich PR für irgendwas machen. Ich erzähle meine Geschichten, und das würde ich so oder so tun. Aus eigenem Antrieb heraus."