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Internetcomedy
Lifehacks in falsch

Video-Tutorials auf Youtube erklären so gut wie alles. Sogenannte Lifehacks geben zum Beispiel Tipps zum Kochen, zum Schminken oder zum Basteln. Ein Youtube-Kanal verspricht sogar das einfache und zuverlässige Deutschlernen. Dahinter stecken Sandro de Lorenzo und Charlotte Hübsch von "Wundertütenfabrik" - mit amüsanten Effekten.

Von Ina Plodroch | 29.02.2016
    Das Logo des Unternehmens "YouTube" auf einer Wand in Berlin.
    Das Logo des Unternehmens "YouTube" auf einer Wand in Berlin. (picture alliance / dpa / Paul Zinken)
    - "Heftgedönse"
    - "Steht da im Video nicht Hedgefonds?"
    - "Heftgedönse. Marvin schreibt alle roten Zahlen in sein Heftgedönes."
    Nächster Clip der "Korrekten Aussprache"-Videos auf Youtube: Vernissage.
    - "Fairness-AG. Auf einer Fairness-AG trifft sich die Böhme zum Prosetscho."
    Über 200 dieser "Aussprachehilfen" haben Sandro de Lorenzo und Charlotte Hübsch auf Youtube hochgeladen.
    "Anfang letzten Jahres sind ein paar Bilder durch das Internet gegeistert auf denen dargelegt wurde, wie man Worte ausspricht, die häufig falsch ausgesprochen werden. Wie Latte Macchiato. Da hatten wir die Idee, falsche Referenzgrößen ins Internet zu stellen."
    Shitstorm, zum Beispiel.
    - "Sitzstrom. Einmal in Texas daneben benommen und schon kriegst du einen Sitzstrom ab."
    Nah an der Wahrheit, aber doch komplett daran vorbei. Die Komik entsteht, weil Lorenzo und Hübsch Erwartungen enttäuschen: Im Video steht das geschrieben Wort, die korrekte Aussprache schießt einem sofort durch den Kopf und wird von Charlotte Hübsch über den Haufen geworden. Aus Synapse wird:
    - "Schnüspe."
    Das Anwendungsbeispiel in jedem dieser Videos: Eine Referenzmaschine, die Anspielungen auf Pop-, Netz-, und Alltagskultur gekonnt vermischt.
    - "Halten sie doch endlich mal die Schnüspe, Frau Petri."
    "Wir sind beide so Referenzmenschen, die gerne irgendwie so Anspielungen machen. So eine alte postmoderne Kunstsache, so Simpsons-Fans. Das Internet ist ja ein großer Insiderwitz."
    Mit Trends und Themen, die sich viral über Facebook oder Twitter verbreiten. Und sich in Fotos, Videos, Kommentaren immer weiter verändern. Die "Korrekte Aussprache" reflektiert diese Netzkultur oder dreht sie noch weiter durch den Remix-Wolf. Oder wird durch den Trashpop-Musiker Tomas Tulpe selbst zum Pop.
    Viral erfolgreich geworden
    1000 bis 200.000 Leute haben sich diese kurzen Clips angeschaut. Nie länger als 15 Sekunden, perfekte Info-Snackerei beim Surfen oder bei der Arbeit. Schon seit Mitte letztens Jahres lagern die Videos – neue kommen ständig dazu – auf Youtube. Anfangs hat sich das keiner angeschaut. Gar nicht so leicht, auf Youtube ein Publikum zu finden.
    "Und dann ist so ein Viralphänomen eingetreten. Dann hat es einer von den großen Blogs geteilt, dann noch einer. Dann hat es Jan Böhmermann geteilt und der war ein wichtiger Multiplikator. Und dann war auf einmal eine Öffentlichkeit da."
    Die sie mit ihrem Internetcomedy-Kollektiv Wundertütenfabrik nutzen wollen. Zwei weitere Rubriken neben der "Korrekten Aussprache" haben sie schon.
    - "Hallo, hier ist Luksan Wunder mit einem Lifehack."
    Einem Tipp, der das Leben einfacher machen soll. Tausende solcher vermeintlich wertvollen Tipps hat Youtube parat.
    - "Heute zeige ich euch einen Partytrick: Wie man mit einem Apfel ein Bier öffnet."
    Fast schon Satire diese Videos. Was ist so schlimm an diesen Lifehack-Clips?
    "Es ist viel schlimm daran. Auf Youtube gibt es so viele Kanäle und Videos, die zu jedem Schrott einen Lifehack oder Tutorial geben. Wo wir uns gedacht haben: Da ist auch so viel Unnötiges dabei, da setzen wir jetzt noch einen drauf."
    - "Heute zeige ich euch, wie man eine Erdnuss öffnet, wenn man nur eine Banana da hat."
    Also simple Blödelei, die sich lustig macht? Nein, findet Hübsch, sondern auch ein bisschen Aufruf:
    "Das Internet ist so voll mit Dingen, die es einem scheinbar so leicht machen, an Informationen zu kommen. Glaubt nicht alles, was man euch sagt, und vor allem nicht, weil es im Internet steht."
    Gelungene Internetreflexion. Vor allem für die Google-Generation, oder wie hieß die noch?
    - "Google ist das Lexikon der Generation Copy/Paste."