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IOC-Chef im Fall Stepanowa
Schöne Bilder statt Skandale

Der Fall von Doping-Whistleblowerin Julia Stepanowa sagt alles über den selbst ernannten Anti-Doping-Vorkämpfer Thomas Bach aus, kommentiert Philipp May: Er ist keiner. Schlimmer noch: Der Kampf gegen Doping scheint ihm egal zu sein.

Von Philipp May | 25.06.2016
    Bach spricht in ein Mikrofon und gestikuliert. An der Wand im Hintergrund sieht man die Olympischen Ringe.
    Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, Thomas Bach, gibt am 3.6.2016 in Lausanne eine Pressekonferenz. (DPA / EPA / MARTIAL TREZZINI )
    Thomas Bach, mächtigster Mann des Weltsports, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees schreibt sich seit Jahren eines auf die Fahnen: Null Toleranz beim Thema Doping. Also schreibt der entschiedene Doping-Gegner einen längst überfälligen Brief. Und der geht so:
    Liebe Julia Stepanowa,
    Du hast einen schweren Weg gewählt: Du bist ausgebrochen aus dem russischen Dopingsystem. Du hast Dich gemeinsam mit Deinem Mann Witali wieder und wieder an die Weltantidopingagentur WADA gewandt, um auszupacken. Als die eure Berichte ignorierte, habt Ihr euch an den Journalisten Hajo Seppelt gewandt, um die skandalösen Zustände in der russischen Leichtathletik ans Licht zu bringen.
    Unter hohem persönlichem Risiko hast du, Julia, geheime Aufnahmen gemacht, um die Dopingpraktiken zu dokumentieren. Du wusstest, dass du als Vaterlandsverräterin gebrandmarkt wirst, dass du aus eurer geliebten Heimat wirst fliehen müssen, weg von der Familie, Rückkehr ungewiss. Dennoch hast du Dich entschieden zu handeln. Du hast gehandelt, weil du einen sauberen Sport willst. Alle Eure Anschuldigungen haben sich als wahr herausgestellt. Du und dein Mann haben ein betrügerisches System zum Absturz gebracht und somit zahlreichen Dopern, Hintermännern und sonstigen Profiteuren das Handwerk gelegt.
    Du bist eine wahre Heldin. Hiermit verleihe ich Dir den Olympischen Orden und gewähre Dir das Startrecht für die Olympischen Sommerspiele in Rio. Du sollst die Fahnenträgerin des Flüchtlingsteams sein, das in Rio auf mein Betreiben an den Start gehen wird. Alle sollen sehen: Nichts ist der Olympischen Bewegung wichtiger als Wahrhaftigkeit.
    Dein IOC-Präsident Thomas Bach.
    Bach duckt sich weg
    Sie ahnen es: Leider hat Julia Stepanowa so einen Brief bis heute nicht erhalten. Unglaublich, aber wahr: Bis heute hat der IOC-Chef kein einziges Mal persönlichen Kontakt aufgenommen zu den bedeutendsten Whistleblowern der Sportgeschichte. Der mächtigste Mann des Sports, der Putin-Freund, duckt sich weg. Und die Frage nach dem Startrecht für Julia Stepanowa? Die stelle sich dem IOC nicht, sagt Bach. Zuständig sei der Weltleichtathletikverband. Er müsse einen entsprechenden Antrag stellen, sagt Bach. Das IOC würde dann sorgfältig prüfen, "wie und ob das mit den Bestimmungen in Einklang zu bringen ist."
    Bach geht es um schöne Bilder von strahlenden Siegern
    Das sagt alles über den selbst ernannten Anti-Doping-Vorkämpfer Thomas Bach aus. Er ist keiner. Schlimmer noch: Der Kampf gegen Doping ist ihm offensichtlich egal. Dem IOC und seinem Chef geht es um ganz anderes: Schöne Bilder von strahlenden Siegern und: keine Skandale! Doch damit kann Julia Stepanowa leider nicht dienen.