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IOC-Entscheidung
Olympisch skaten, surfen und klettern

Olympia hat ein Image-Problem. Abgesehen von Dopingaffären und Korruptionsvorwürfen steht auch das olympische Wettkampf-Programm in der Kritik - zu altbacken, unmodern und unattraktiv für jüngere Zuschauer. Das IOC reagiert: Skateboarden, Sportklettern und Surfen werden ab 2020 olympisch. Ist das auch im Sinne der Outdoor-Athleten?

Von Paula Rösler | 14.08.2016
    Der US-Amerikaner Mitchie Brusco bei den X Games 2013 in Barcelona.
    Ab 2020 olympisch: Skaten. (picture alliance / dpa / Marta Perez)
    "Eigentlich schlagen zwei Herzen in meiner Brust, deswegen freue ich mich auf der einen Seite, dass es olympisch ist, auf der anderen Seite bedaure ich es."
    Titus Dittmann schaut mit gemischten Gefühlen auf die Olympischen Spiele 2020 in Tokyo. Der Münsteraner Unternehmer gilt in Deutschland als Skateboard-Pionier. Ende der 1970er sorgte er dafür, dass sich die kalifornischen Rollbretter im ganzen Land etablierten.
    "Beim Skateboarden geht’s eben nicht nur oder eigentlich geht’s gar nicht um höher schneller weiter" sagt Dittmann. Und im Prinzip habe Skaten auch gar nicht so viel mit Sport zu tun. Es gehe vielmehr um eine Philosophie, eine Lebenseinstellung. Umso größer der Reiz, glaubt Dittmann.
    "Skateboarden ist nun mal nach wie vor die größte Jugendkultur die jemals aus dem Sport erwachsen ist, deshalb ist das auch von Vorteil für den Kommerz und die Vermarktung von Olympia."
    In der Skaterszene kontrovers diskutiert
    Mit Kommerz wollen die meisten Skater lieber nichts zu tun haben. Kein Wunder, dass die Aufnahme des Skateboardens ins olympische Programm in der Szene kontrovers diskutiert wird.
    "Für die einen ist das, ich würde fast sagen Verrat an der Gesinnungsgenossenschaft der Skateboarder. Für die anderen ist es halt eine große Chance, einen Job zu finden, den sie lieben."
    Dittmann möchte eine Spaltung der Szene vermeiden. Er habe sich deshalb zum offiziellen World Chairman des Internationalen Rollsportverbands FIRS ernennen lassen - um Einfluss zu haben auf die da ganz oben.
    "Wenn irgendein Funktionär die Skateboarder steuern und, wie soll ich sagen, betreuen muss, der halt diese Skateboardkultur nicht versteht, dann ist das Konfliktpotential noch viel höher als wenn es jemand macht, der aus der Skateboard Szene kommt."
    Vorfreude bei Ex-Boulderin Juliane Wurm
    Bloß nicht reinreden lassen, die Unabhängigkeit bewahren, lautet also das Credo. Während die Skater noch mit sich hadern, ob Olympia überhaupt nach ihrem Gusto ist, macht sich unter den Kletterern Vorfreude breit.
    "Ich finde schon auf jeden Fall, dass das Sportklettern ins Olympische Programm passt, weil es eben auch eine natürliche Bewegungsform des Menschen ist, das Hochklettern", sagt Juliane Wurm: erfolgreiche deutsche Boulderin - und damit Verfechterin einer Kletter-Disziplin ohne Seil und Gurt, in sicherem Abstand zum Boden. Zwar hat Wurm ihre Wettkampfkarriere vergangenen Sommer an den Nagel gehängt, trotzdem könnte sie sich gut vorstellen, in vier Jahren zu den Olympischen Spielen zu reisen, als Trainerin. Doch bei aller Euphorie - auch sie bleibt skeptisch.
    "Auf der einen Seite hat der Klettersport jahrelang darauf hingearbeitet, ins Olympische Programm aufgenommen zu werden, und ich denke, das ist jetzt sicherlich eine tolle Chance und bietet ganz neue Möglichkeiten für Förderungen und für die Weiterentwicklung des Sports. Auf der anderen Seite hat der Klettersport dadurch, dass jetzt alles ganz klein ist - wir hatten Wettkämpfe die in Zirkuszelten ausgetragen wurden - einen besonderen Charme. Das ist natürlich immer irgendwie die Gefahr, die Olympia birgt, dass das dann alles so ein bisschen verloren geht."
    Sowieso ist vieles noch unklar: Qualifikationskriterien, Wettkampforganisation, das alles muss in den nächsten vier Jahren ausgearbeitet werden.
    Surfer brauchen neue Strukturen
    Für die Surfer ergeben sich zudem auf Verbandsebene neue Herausforderungen.
    "Wir müssen jetzt selber erstmal gucken, dass wir unsere Organisationsstruktur ein bisschen verändern", sagt Philipp Kuretzky, Vorsitzender vom Deutschen Wellenreitverband. Im Augenblick gebe es fünf ehrenamtliche Präsidiumsmitglieder und noch drei, vier Leute im erweiterten Kreis. In Zukunft zu wenig.
    "Wir wollen eine dauerhafte Geschäftsstelle einrichten, die das ganze Jahr erreichbar ist, um überhaupt diesen Arbeitsaufwand auch bewältigen zu können."
    Unabhängig davon, glaubt Kuretzky - mit seinen Mitte Zwanzig ein Jungspund unter den Verbandspräsidenten -, dass das Surfen die klassischen Olympia-Wettkampfbedingungen auf die Probe stellen wird.
    "Beim Wellenreiten wird es so sein, wenn es im Meer stattfindet, was so angekündigt ist, dass jeder Surfer eine Welle surfen kann, nach einander. Das heißt, die Surfer können sich nicht die gleiche Welle teilen, und Wellen sind, so ist es nun mal, so hat uns die Natur die Wellen geschickt, alle unterschiedlich."
    Sprich: Es wird schwierig bis unmöglich, die Leistungen der einzelnen Surfer zu vergleichen. Eine Besonderheit des Wellenreitens, die frischen Wind in die olympischen Spiele bringen könnte.