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Iran
Provokationen im Atomstreit

Die Gespräche um das iranische Atomprogramm gehen am Donnerstag in eine neue Runde. Während die Unterhändler in Genf über eine Lösung verhandeln, provoziert der oberste geistliche Führer in Teheran den Westen.

20.11.2013
    Ajatollah Ali Chamenei hat sich am Mittwoch mit einer Warnung zu Wort gemeldet: Sein Land werde sich bei den Atomgesprächen niemals aufgrund von Sanktionen zu ungewollten Zugeständnissen drängen lassen, sagte er vor Angehörigen einer paramilitärischen Truppe in Teheran und sprach von "roten Linien", die in den Verhandlungen nicht überschritten werden dürften. Frankreichs Präsident Francois Hollande erwiderte bei einem Besuch in Rom: "Der Iran muss Antworten bieten - und keine provokativen Stellungnahmen." Am Donnerstag steht der zweite von drei Verhandlungstagen der neuen Runde in Genf an, nachdem eine erste Gesprächsrunde der fünf UNO-Vetomächte und Deutschlands (5+1) mit dem Iran vor gut zwei Wochen ohne Ergebnis zu Ende gegangen war.
    Die Sanktionen der internationalen Gemeinschaft haben das Land in eine tiefe Wirtschaftskrise gestürzt. Bei einer Einigung im Atomstreit könne der Iran nach US-Schätzungen auf sechs bis zehn Milliarden Dollar (4,5 bis 7,5 Milliarden Euro) Entlastung durch Lockerung von Sanktionen hoffen. Von dieser Größenordnung gehe die Regierung von US-Präsident Barack Obama aus, berichtete die Nachrichtenagentur AP unter Berufung auf Kongresskreise in Washington.
    Zwischenlösung als Ziel
    Die Unterhändler des Westens sowie die Vertreter der Islamischen Republik hatten am Mittwoch vor Beginn der Verhandlungen ihren Willen zu einer weiteren Annäherung bekräftigt. Ziel ist eine Übergangslösung in dem jahrelangen Konflikt. Kurz vor Beginn der Gespräche beriet der britische Premierminister David Cameron am Telefon mit dem iranischen Präsidenten Hassan Rohani.
    In dem Gespräch betonte Cameron, dass die Regierung in Teheran die Bedenken der internationalen Gemeinschaft am iranischen Atomprogramm umfassend zerstreuen müsse. Dazu zähle unter anderem eine größere Transparenz, teilte ein Sprecher Camerons mit. Beide Politiker seien sich einig, dass es nun darum gehen müsse, die bislang erzielten "bedeutenden" Fortschritte weiter auszubauen. Ähnlich hatte sich zuvor der iranische Vizeaußenminister Abbas Araghchi geäußert: "Wir haben letztes Mal gute Fortschritte erzielt, und diesmal müssen wir die restlichen Differenzen ausräumen, um zumindest einer Zwischenlösung näher zu kommen."
    Bereits vor gut einer Woche schien in einer ersten Runde eine Einigung zeitweise zum Greifen nahe. Dann wurden die Verhandlungen jedoch vertagt. Der Westen fürchtet, dass der Iran unter dem Deckmantel seines Atomprogramms Nuklearwaffen anstrebt, was Teheran kategorisch bestreitet. Teheran soll nun zunächst Teile seines Programms stoppen und dafür Erleichterungen bei Wirtschaftssanktionen bekommen.
    Vier Streitpunkte
    ARD-Korrespondent Hans-Jürgen Maurus berichtete im Deutschlanfunk von vier Knackpunkten: Erstens die Einstellung der Uraneinreichung auf 20 Prozent, zweitens die Reduktion des bisherigen Bestands, drittens die Zukunft des umstrittenen Schwerwasserreaktors in Arak und viertens die Aufsicht der iranischen Atomanlagen.
    Die EU-Außenbeauftragte Ashton in der Gesprächsrunde mit US-Außenminister Kerry (links) und Irans Außenminister Zarif (rechts)
    Die EU-Außenbeauftragte Ashton in der Gesprächsrunde mit US-Außenminister Kerry (links) und Irans Außenminister Zarif (rechts) (picture alliance / dpa)
    Der Grünen-Politiker Omid Nouripour brachte eine Internationalisierung des iranischen Atomprogramms ins Spiel. Wenn die Iraner sagten, die Anreicherung müsse im Iran passieren, bedeute dies nicht, dass man diese nicht internationalisieren könne, sagte Nouripour im Deutschlandfunk. "Auch im Bund mit anderen Ländern können das die Iraner zu Hause machen." Die zentrale Frage sei die Kontrolle.
    Obama droht mit "robuster Antwort"
    US-Präsident Barack Obama sprach sich gegen weitere US-Sanktionen während der laufenden Atomgespräche aus. Sollten die Verhandlungen allerdings scheitern, würden neue Strafmaßnahmen gegen Teheran als "robuste Antwort" verhängt werden, erklärte das Weiße Haus nach einem Treffen Obamas mit Senatoren. Teile des Kongresses dringen darauf, die Maßnahmen gegen den Iran zu verschärfen.
    Auch Israel sperrt sich gegen zu große Zugeständnisse. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte jüngst eine diplomatische Offensive gegen einen "schlechten Handel" der internationalen Gemeinschaft im Atomstreit angekündigt. Netanjahu befürchtet, dass der Iran seine Verhandlungspartner hinters Licht führt und ungeachtet eines Abkommens weiter Atomwaffen anstrebt.