Freitag, 29. März 2024

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Weltglückstag
"Glückliche Menschen leben gesünder"

Heute ist Weltglückstag. Doch was macht Glück aus? Neben Bildung seien vor allem positive Gefühle und Zufriedenheit wichtig, sagte der Glücksforscher Karlheinz Rückriegel im Dlf. Um das persönliches Glück zu steigern, hat er einen Tipp: positive Momente in einem Dankbarkeitstagebuch festhalten.

Karlheinz Ruckriegel im Gespräch mit Ralf Krauter | 20.03.2018
    Eine Frau steht lächelnd in der Natur.
    Glückliche Menschen leben gesünder und länger (Unsplash.com/Amanda Bear)
    Ralf Krauter: Bei Twitter, dem sozialen Nachrichtendienst, ist der Weltglückstag heute einer der Trending Hashtags, will heißen: praktisch in aller Munde. Deshalb kommen natürlich auch wir am Internationalen Tag des Glücks nicht an diesem Thema vorbei. Laut dem vergangene Woche veröffentlichten World Happiness Report stehen wir Deutsche auf Platz 15 der Rangliste der glücklichsten Nationen der Welt. Professor Karlheinz Ruckriegel lehrt Volkswirtschaft an der Technischen Universität Nürnberg und forscht seit vielen Jahren zum Thema Glück. Ich habe ihn vorhin gefragt, ob er mit diesem 15. Platz glücklich ist.
    Karlheinz Ruckriegel: Ja, Sie müssen anschauen, das sind insgesamt knapp 160 Länder. Und da ist ja Platz 15 auch nicht so schlecht. Aber auf der anderen Seite zeigt das natürlich, dass wir da noch Potenzial nach oben haben.
    Krauter: Potenzial nach oben heißt: Was könnten wir tun, um noch weiter oben zu landen?
    Ruckriegel: Wir könnten uns ja mal anschauen, was in den skandinavischen Ländern anders läuft. Weil, interessant ist ja, dass viele skandinavischen Länder so in den letzten Jahren bei den Glücksreports immer so oben waren, und zumindest von den ersten zehn meistens haben sich viele der skandinavischen Länder so unter den ersten fünf Plätzen sozusagen platziert.
    Krauter: Das ist auch aktuell der Fall, Finnland auf Platz eins mit einem Glücksindex von 7,6, gefolgt von Norwegen und Dänemark, und wir Deutsche dann Glücksindex 6,9 und dann eben Platz 15.
    Ruckriegel: Genau.
    "Wenn eben in einem Land viel Vertrauen herrscht, dann ist das Leben einfach leichter"
    Krauter: Was machen die Skandinavier denn besser?
    Ruckriegel: Die Skandinavier, zunächst einmal muss man sagen, die Gesellschaft ist anders. Das heißt, dort ist die Gesellschaft nicht so ungleich und zum anderen ist sie durchlässiger, homogener. Und dazu trägt bei, dass die wirklich sehr gute staatliche Leistungen haben, die sich beispielsweise ausdrücken im Gesundheitswesen, aber auch bei Kindergärten et cetera und natürlich auch in der Bildung. Und es ist hoch interessant, dass natürlich in dem Land dann auch ein hohes Maß an Vertrauen existiert, und das ist natürlich sehr wichtig auch für ein gedeihendes Zusammenleben. Denn wenn eben in einem Land viel Vertrauen herrscht, dann ist das Leben einfach leichter, weil Sie nicht alles ständig hinterfragen müssen und sagen, stimmt das, stimmt das nicht et cetera.
    Bildung macht glücklicher
    Krauter: Also Vertrauen, Gleichheit, soziale Durchlässigkeit. Sind das wichtige Faktoren für das persönliche Empfinden von Glück?
    Ruckriegel: Sagen wir mal so, es sind zunächst einmal wichtige Faktoren, wo der Staat gefordert ist, hier die Voraussetzungen zu verbessern. Und in Deutschland, wenn man sich mal ansieht, was kann man von den skandinavischen Ländern lernen, dann kann man auf jeden Fall eins mal lernen, dass wir in der Bildung ansetzen müssen, und zwar durchweg.
    Bei uns, wenn wir die ganzen PISA-Studien anschauen und auch sonstige Studien in dem Zusammenhang, dann fällt immer wieder auf, dass bei uns der Bildungserfolg sehr stark abhängig ist vom Bildungshintergrund des Elternhauses. Und es kann ja nicht sein, dass bei uns in Deutschland pro Jahr 50.000 junge Menschen die Schule verlassen ohne Hauptschulabschluss. Und in dem Zusammenhang müssen wir schauen, dass wir eben erreichen, genauso wie in den skandinavischen Ländern, dass in den Schulen eben mehr dazu beigetragen wird, dass alle dieselben Chancen haben, sich entsprechend weiterzuentwickeln. Das geht nicht ohne Geld, aber wir müssen auch teilweise das Konzept wahrscheinlich etwas umstellen.
    "Ein glücklicher Mensch erfreut sich häufig positiver Gefühle"
    Krauter: Also eine abgebrochene Schullaufbahn, das ist sicher keine Schnellstraße zum Glück, das leuchtet ein. Jetzt haben wir ein bisschen über das gesprochen, was die Regierung, was die Gesellschaft als Ganzes tun könnte. Was könnte denn jeder Einzelne von uns machen, damit wir glücklicher werden? Was wären aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten Sofortmaßnahmen?
    Ruckriegel: Na ja, da muss man vielleicht noch mal vorwegsagen, was ist eigentlich Glück, so aus einzelner Sicht? Und hier geht es darum, dass wir uns wohlfühlen und dass wir mit unserem Leben zufrieden sind. Es geht einerseits um die Gefühle, die wir während des Tages haben, und andererseits geht es um die Frage der Zufriedenheit. Es geht also um eine Beurteilung, die wir über unser Gesamtleben abgeben. Und da kann man sagen, also was wissen wir aus der Glücksforschung: Ein glücklicher Mensch erfreut sich häufig positiver Gefühle und erfährt hierbei seltener negative Gefühle. Das heißt, er sieht also einen Sinn in seinem Leben. Und wir wissen auch, dass glückliche Menschen gesünder sind und eine längere Lebenserwartung haben. Das heißt, wir können wir ansetzen einerseits an den Gefühlen und andererseits an der Frage der Zufriedenheit. Und das hängt ab von den Zielen, und da kommt es auf werthaltige, sinnvolle Ziele an. Wir wissen aus Untersuchungen, aus Studien, dass Ziele, die zu tun haben mit persönlichem Wachstum, mit zwischenmenschlichen Beziehungen und mit Beiträgen zur Gesellschaft, sehr viel dazu beitragen, dass wir für uns selber das Leben als sinnvoll erachten und auch dann bessere Zufriedenheitswerte haben.
    Krauter: Das sind sozusagen Verstärkungsmechanismen für die positiven Gefühle, auf die es ankommt?
    Ruckriegel: Das eine ist die Frage der Zufriedenheit, das ist quasi mehr so eine kognitive Einordnung. Da geht es um die Frage, bin ich auf dem richtigen Weg? Und dafür brauchen Sie natürlich Ziele, und deswegen sinnvolle Ziele. Und zum anderen, das Gefühlsmäßige, man kann ja beispielsweise die positiven Gefühle stärken, indem man ein Dankbarkeitstagebuch schreibt, das heißt so zwei-, dreimal die Woche sich abends überlegt: Für welche drei Dinge, die sich ereignet haben, bin ich dankbar? Wenn man das zwei, drei Monate macht, dann wird sich zeigen normalerweise, dass wir die Welt realistischer wahrnehmen, das heißt das Positive, was ständig ja passiert, stärker sozusagen zur Kenntnis nehmen und diese Negativ-Bias, die wir sonst eher so haben, ein bisschen verlieren.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.