Donnerstag, 25. April 2024

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Bundesgesundheitsminister Spahn
„Wir können der Spielverderber für das Virus sein"

"Wir entscheiden heute, ob Weihnachten in gewohnter Art stattfinden kann", sagte Jens Spahn (CDU) im Dlf. Mit Maßnahmen, die bereits ab einem Inzidenzwert von 35 griffen, hätte die Ministerpräsidentenrunde den richtigen Fokus zur Bekämpfung der Corona-Pandemie gesetzt.

Jens Spahn im Gespräch mit Jörg Münchenberg | 15.10.2020
Jens Spahn 2020-10-08, Berlin, Deutschland - Bundespressekonferenz zur Corona-Lage im Herbst. Im Bild Jens Spahn CDU, Bundesgesundheitsminister. *** Jens Spahn 2020 10 08, Berlin, Germany Federal press conference on the corona situation in autumn In picture Jens Spahn CDU , Federal Minister of Health
Insgesamt zufrieden zeigte sich Spahn mit den vereinbarten Maßnahmen, beim Beherbergungsverbot wünscht er sich allerdings eine einheitliche Linie. (www.imago-images.de)
Fast jeden Tag ein neuer Rekordwert bei den vom Robert Koch-Institut ausgewiesenen Corona-Neuinfektionen. Auch deshalb diskutierten die Regierungschefs von Bund und Ländern am Mittwoch (14.10.) rund acht Stunden über mögliche Einschränkungen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie.
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"Meine Unruhe ist mit dem heutigen Tag noch nicht weg", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dann auch in der sich anschließenden Pressekonferenz. Offenbar hätte sie sich im Einzelnen durchaus schärfere Maßnahmen vorstellen können.
Insgesamt 14 Punkte wurden vereinbart, darunter auch eine neue Hotspot-Strategie mit Teilnehmerbegrenzungen für private Feiern. Künftig sollen diese generell auf maximal zehn Teilnehmer und zwei Hausstände begrenzt werden. Die Maßnahmen gelten bei mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche. Davon betroffen sind unter anderem Köln, Berlin, Essen, München, Bremen, Stuttgart.
Eine erweiterte Maskenpflicht soll bereits ab 35 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche überall da gelten, wo Menschen dichter beziehungsweise länger zusammenkommen. Außerdem soll es in Regionen mit stark steigenden Corona-Zahlen künftig generell eine Sperrstunde um 23.00 Uhr in der Gastronomie geben. Auch Veranstaltungen sollen weiter begrenzt werden, wenn eine Inzidenz von 35 Neuinfektionen erreicht wird. Darüber hinaus soll mehr Personal für die Kontaktverfolgung vorgehalten werden und die Gesundheitsämter gestärkt werden, um mehr Kontrollen gewährleisten zu können.
Weiter umstritten ist das von einigen Bundesländern eingeführte Beherbergungsverbot für Urlauber aus innerdeutschen Risikogebieten. Zunächst wolle man zehn Tage abwarten, um dann bewerten zu können, ob sich Effekte dieser Maßnahme ausmachen lassen. Geeinigt hat man sich dabei auf den 8. November.
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Spahn: "Ich fand es sehr wichtig, ein gemeinsames Signal zu senden"
Angesichts der aktuellen Entwicklung bei der Corona-Pandemie sei die Runde der Ministerpräsidenten sehr wichtig gewesen, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im Dlf. Besonders zufrieden zeigte er sich über die Einigung auf ein Stufensystem. Demnach treten Maßnahmen bereits ab einem Zeitpunkt in Kraft, zu dem mehr als 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche erreicht werden. Damit habe man den richtigen Fokus gesetzt. Dass die Ministerpräsidenten beim Thema Beherbergungsverbot keine einheitliche Linie erzielt hätten, nannte Spahn eine "unbefriedigende Situation".
Entscheidend sei, dass auch in der Bevölkerung das Verständnis vorhanden sei, "dass wir jeden Tag etwas machen können". Das eigenen Verhalten bei der Einhaltung der AHA-Regeln bei privaten Feiern und Reisen sei ausschlaggebend.
Rund 90 Prozent der Deutschen hielten sich an die Regeln, bei allen anderen müssten sie konsequent durchgesetzt werden - auch durch Strafen. Um die Akzeptanz zu stärken, müssten diese Regeln aber nachvollziehbar und möglichst einheitlich sein.
Spahn: Auf nicht notwendige Reisen verzichten
Wichtiger als das private Vergnügen sei es, die Schulen offen und die Wirtschaft am Laufen zu halten, sagte der CDU-Politiker. Er sprach sich auch dafür aus auf nicht notwendige Reisen zu verzichten.
Die Debatte, ob im Infektionsschutzgesetz mehr Bundeskompetenz verankert werden müsse, helfe in der momentanen Situation nicht. Darüber müsse man nach dem Abklingen der Pandemie entscheiden.
Coronavirus
Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)
"Das ist eine sehr wichtige Ministerpräsidentenrunde gewesen"
Münchenberg: Herr Spahn, wie bewerten Sie die gestrigen Ergebnisse, auf die sich die Länderchefs und die Kanzlerin geeinigt haben?
Spahn: Das ist, angesichts der Entwicklung – wir sehen ja auch heute wieder die höchste Zahl an Neuinfizierten, an gemeldeten Neuinfektionen seit April -, eine sehr wichtige Ministerpräsidentenrunde gewesen, weil wir ein gemeinsames Verständnis haben, dass wir jetzt was tun müssen mit Blick auf Herbst und Winter und vor allem auf bestimmte Bereiche.
Wir sehen ja, dass wir insbesondere Ansteckungen haben im privaten Bereich, wenn es um Feiern, um Geselligkeit geht, dass wir insbesondere Veranstaltungen haben, auch wo es um größere Feiern geht, wo AHA-Regeln nicht eingehalten werden, Abstand, Hygiene, Alltagsmaske. Wir sehen ja, in welchen Bereichen wir gerade besonders viele Infektionen haben, und ich fand es sehr wichtig, dass wir ein gemeinsames Signal senden: Liebe Bürgerinnen und Bürger, wir haben es selbst in der Hand, jetzt diese Entwicklung zu stoppen und wieder in eine kontrollierbare Größenordnung zu bringen.
Münchenberg: Nun war ja, Herr Spahn, die Kanzlerin nicht so ganz zufrieden. Sie hätte sich durchaus strengere Maßnahmen gewünscht. Sie auch?
Spahn: Ich finde es erst mal wichtig, dass wir den richtigen Fokus gemeinsam gesetzt haben, und das sind ja schon auch sehr klare Maßnahmen: Sperrstunden ab 35 pro 100.000, dass wir überhaupt dieses Stufenmodell, dieses abgestufte System miteinander vereinbart haben, nicht erst bei 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen – die Marke, die alle kennen aus den letzten Wochen -, sondern schon vorher auch mit Maßnahmen zu agieren und nicht nur zu reagieren, und das insbesondere auch im öffentlichen Raum, im Raum von Veranstaltungen. Das ist schon eine sehr, sehr wichtige Marke, dass wir da ein gemeinsames Grundverständnis haben.
"Wir alle können etwas tun"
Münchenberg: Aber die Frage ist ja schon: Reicht das letztlich aus. Die Kanzlerin hat ja durchschimmern lassen, eigentlich nicht.
Spahn: Das werden wir in den nächsten Tagen sehen. Was ich ganz wichtig finde, Herr Münchenberg, ist, dass wir gemeinsam das Verständnis haben, wir sind ja diesem Virus nicht machtlos ausgeliefert. Wir alle können etwas tun. Wir alle können jeden Tag einen Unterschied machen. Die AHA-Regeln, Abstand, Hygiene, Alltagsmaske, das klingt banal, ist aber – und das sehen wir ja – sehr, sehr wirksam. Da wo das eingehalten wird, dort haben wir auch geringe Infektionszahlen. Deswegen finde ich: Wir haben in letzter Zeit - auch ich - gesagt, das Virus ist der Spielverderber, nicht wir in der Politik. Wir können es auch umdrehen: Wir können der Spielverderber für das Virus sein, wenn wir jetzt gemeinsam aufeinander Acht geben und damit die Zahlen an Neuinfektionen auch in einer Größenordnung halten, mit der wir umgehen können. Dann braucht es auch keine weiteren Maßnahmen.
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Spahn: Konsequent für das Durchsetzen der Regeln sorgen
Münchenberg: Stichwort aufeinander Rücksicht nehmen, die bestehenden Regeln einhalten. Genau daran hapert es ja, was zum Beispiel private Feiern angeht. Was hilft es dann, wenn man jetzt die Regeln noch strenger auslegt, wenn die Menschen sich teilweise nicht an die bestehenden halten?
Spahn: Ich finde es zuerst einmal wichtig zu sehen: 90 Prozent der Deutschen sagen, sie halten sich an die Regeln. Und viele tun das ja auch im Alltag. Aber wir haben einige wenige, zu viele wenige, die das nicht tun. Ich finde es einerseits wichtig, diejenigen, die es tun, zu bestärken. Übrigens auch bei den Jüngeren. Ich kenne auch viele Jüngere, Schüler, die sagen zum Beispiel in Veranstaltungen zu mir, die schreiben uns, wir tragen Maske, obwohl wir nicht müssen, weil wir aufeinander aufpassen wollen. Es gibt viele, die Verantwortung übernehmen für sich und andere. Es gibt aber einige wenige, aber im Moment zu viele, die das nicht tun, und da braucht es nicht nur neue Regeln – da bin ich bei Ihnen -, da braucht es vor allem auch das Durchsetzen von Regeln, zum Teil dann auch mit empfindlichen Strafen, etwa, wenn Großveranstaltungen ohne umgesetztes Hygienekonzept stattfinden.
"Wir haben es selbst in der Hand!"
Münchenberg: Stichwort Durchsetzen von Regeln. Private Feiern sollen jetzt weiter eingeschränkt werden, wenn die Infektionszahlen in Hotspots diesen kritischen Wert von 50 erreichen. Die Frage ist schon: Wer soll das am Ende überwachen, dass dann privat nicht so gefeiert wird, wie die Politik das eigentlich will?
Spahn: So wie ich das wahrnehme in den letzten Wochen und Monaten, haben die allermeisten Bürgerinnen und Bürger eine sehr hohe Bereitschaft, sich auch von sich aus an solche Regeln und auch Empfehlungen zu halten, wenn sie einheitlich sind, wenn sie nachvollziehbar sind und wenn wir auch deutlich machen, worum es geht, nämlich heute auf etwas zu verzichten, heute im Zweifel auch auf die Tauffeier in größerem Rahmen oder die Geburtstagsfeier zu verzichten, damit wir morgen wieder mehr Freiheit, mehr normales Leben zusammen haben, Weihnachten möglich machen können, soweit wir es kennen, soweit es möglich ist. Das entscheiden wir heute, ob Weihnachten in gewohnter Weise stattfinden kann, oder ob wir eine Situation haben werden wie an Ostern, wenn Sie sich erinnern, wo wir empfehlen mussten, nicht die Verwandtschaft zu besuchen. Das würde ich eigentlich gerne vermeiden wollen. - Ich sage noch mal: Wir haben es selbst in der Hand!
Junge Leute feiern tagsüber bei einer illegalen Goa-Party im Treptower Park in Berlin. Es wird ohne Einhaltung der pandemiebedingten Abstandsregeln getanzt.
"Wir haben es selbst in der Hand", appelliert Jens Spahn an die Vernunft der Menschen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie (imago-images / Travel-Stock-Image)
Münchenberg: Nun gibt es aber genau diese Einheitlichkeit nicht – Stichwort Beherbergungsverbot. Das sorgt für viel Verdruss in Deutschland bei den Betroffenen. Gleichzeitig sagen auch Virologen wie zum Beispiel Jonas Schmidt-Chanasit, das hilft eigentlich gar nicht, dieses Reiseverbot, dieses Beherbergungsverbot. Trotzdem bleibt es bestehen. Und dann ist schon die Frage: Wie ist das den Bürgern zu erklären? Weil da sind wir dann gleich auch wieder bei der Akzeptanz der Regeln.
Spahn: Das ist ohne Zweifel so. Da gibt es auch nichts drum herumzureden, dass gerade diese Regel Beherbergungsverbot viel Akzeptanz in den letzten Jahren hat verlieren lassen. Das ist auch die Maßnahme, die nicht die größte Unterstützung hat. Fast alle anderen Maßnahmen finden 80, 90 Prozent Zustimmung in der Bevölkerung. Deswegen ist es einerseits, denke ich, wichtig, jetzt für die Herbstferien die Situation zu haben, wie wir sie haben. Mittlerweile weiß man ja, in welchem Bundesland welche Regeln gelten. Es ist nicht einheitlich. Ich verstehe übrigens auch, dass die Bundesländer mit geringer Infektion sagen, wir möchten jetzt aber nicht, dass das durch Reisen zu uns hineingetragen wird. Gleichwohl bleibt es bei einer unbefriedigenden Situation. Keine einheitliche Linie, kein einheitlicher Rahmen – darum geht es ja vor allem. Es muss nicht immer alles überall gleich sein, aber der Rahmen muss gleich sein.
Münchenberg: Dieses Beherbergungsverbot lehnen Sie eigentlich auch ab? Oder sagen Sie am Ende, es ist doch eine richtige Maßnahme?
Spahn: Zuerst einmal ist mir immer wichtig, dass es einheitlich und nachvollziehbar ist, das was wir regeln, und ich finde viel wichtiger, dass wir den Fokus richten auf die Regionen, wo wir die hohen Infektionszahlen haben, dass dort Maßnahmen ergriffen werden. Die Beherbergungsverbote sind ja erst der zweite Schritt. Viel wichtiger wäre doch, dass in den Regionen, wo wir wie etwa hier in Berlin sehr hohe Infektionszahlen haben, dass da sehr entschieden, wie es jetzt auch passiert ist, Maßnahmen ergriffen werden, um es hier wieder unter Kontrolle zu bringen. Beherbergungsverbote in anderen Regionen für Berliner sind ja eigentlich nur eine abgeleitete Maßnahme und deswegen war das gestern auch so wichtig, dass wir Einigkeit haben: Es muss in den Städten, in den Landkreisen, wo wir hohe Infektionszahlen haben, in den Bereichen, wo sie auch entstehen, entschieden was passieren.
"Nicht notwendige Reisen vermeiden"
Münchenberg: Gestern ist wohl auch über Ausreiseverbote wenigstens mal in Hotspot-Gebieten kurz gesprochen worden. Bleibt das, oder ist das letztlich auch ein Instrument, zu dem man im Notfall Ihrer Meinung nach greifen müsste?
Spahn: Ganz grundsätzlich würde ich immer empfehlen, gerade bei Risikogebieten, nicht notwendige Reisen zu vermeiden. Auch mal als dringliche Empfehlung an alle in dieser besonderen Pandemie-Zeit. Wir haben bei ganz hohen Inzidenzen, bei ganz hohen Infektionszahlen ja auch schon gesehen, ob in Mitterteich oder in Neustadt in Thüringen, dass dann für ein oder zwei Wochen auch einzelne Ortschaften tatsächlich Ausgangssperren hatten, dass nur zum Beruf hin, zur Arbeit hin und zur Schule das Herausfahren möglich war. Das waren aber jeweils Situationen mit sehr hohen Infektionszahlen, lokal begrenzt. Das Instrument gab es schon und gibt es natürlich noch immer.
Heike Werner (Die Linke), Gesundheitsministerin von Thüringen, spricht in einer  Regierungsmedienkonferenz 
Werner: "Nicht auf Verbote setzen, sondern auf Risikominimierung"
Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner lehnt das Beherbergungsverbot ab. Die Linken-Politikerin sagte im Dlf, mit dieser Regelung werde die Akzeptanz der Corona-Maßnahmen insgesamt untergraben.
Priorität für Schule, Kita und Wirtschaft
Münchenberg: Nun steigen aber – Sie haben es ja auch vorhin erwähnt – die Infektionszahlen weiter an. Es gibt in Deutschland immer mehr Hotspots. Das könnte ja in der Konsequenz am Ende dazu führen, dass für ganz viele Städte und Gemeinden solche Ausreiseverbote dann greifen müssten.
Spahn: Wenn wir alle in der gleichen Lage sind, dann machen sie natürlich umso weniger Sinn. Sie machen ja insbesondere da Sinn, wo es sehr, sehr hohe Inzidenzen gibt. Inzidenzen heißt, sehr hohe Infektionszahlen, auch bezogen auf die Bevölkerungsgröße. Aber das Entscheidende, Herr Münchenberg, bleibt eine Botschaft, und die war von gestern wichtig. Wir haben es gemeinsam selbst in der Hand, und zwar in ganz bestimmten Lebensbereichen, gesellig sein, feiern, die kleine Familienfeier und die große Familienfeier. Es ist nicht nur die Großveranstaltung; es ist auch das zuhause mit 15, 20 auf engstem Raum sitzen, und da ist jemand darunter, ohne dass er es weiß, der infiziert ist. Dann kann es sein, dass anschließend nach drei, vier Stunden alle infiziert sind, und das ist uns einfach wichtig, dass das die klare Botschaft ist, und zwar nicht, weil wir irgendjemand ärgern wollen. Ich sage noch mal: Wir sind nicht der Spielverderber. Sondern, weil es darum geht, in dieser Pandemie, in dieser Jahrhundert-Situation jetzt gemeinsam in bestimmten Bereichen zu verzichten, damit Schule und Kita, Einzelhandel, Wirtschaft weiter geöffnet bleiben können. Das ist doch das Wichtige. Schule und Kita und Wirtschaft müssen doch Arbeitsplätze sichern, jetzt Priorität haben, und da kann man vielleicht auf manche Feier jetzt auch verzichten.
Kinder am Schreibtisch in der Schule, Foto von oben
Studienleiterin: "Es fehlt insgesamt an einer modernen IT-Infrastruktur"
Digitale Technologien nach dem Gießkannenprinzip an Schulen zu verteilen, sei nicht zielführend, sagte Birgit Eickelmann, Leiterin einer Studie zu digitalem Unterricht, im Dlf. Die Ausstattung müsse zu den pädagogischen Zielsetzungen passen.
Münchenberg: Herr Spahn, Sie haben vorhin auch gesagt, es geht darum, möglichst einheitliche Maßnahmen zu haben. Nun ist die Abstimmung unter den Ministerpräsidenten ein mühsames Geschäft, haben wir gestern gesehen beim Beherbergungsverbot. Wäre es da vielleicht nicht ein sinnvoller Ansatz, das geltende Infektionsschutzgesetz weiter zu präzisieren, um damit auch die Vorgaben für die Länder weiter zu präzisieren, weiter vorzugeben?
Spahn: Wir sind ja bis hierhin gut und gemeinsam und übrigens auch sehr erfolgreich als föderaler Staat durch die Pandemie gekommen. Ich sehe nicht, dass der französische Zentralstaat, alles wird in Paris entschieden, im Moment erfolgreicher ist. Sobald wir uns einig sind im Rahmen und in den Maßnahmen, haben wir tatsächlich mehr Kraft auch in der Durchsetzung mit 16 Bundesländern und Landesregierungen, mit 400 Landräten und Oberbürgermeistern in Deutschland. Das Grundprinzip, finde ich, hat sich bewährt. Entscheidend ist, dass wir eine einheitliche Linie, einen einheitlichen Rahmen finden, und da ruckelt es. Das ist so im föderalen Miteinander. Aber dafür war gestern das Treffen auch wichtig.
Münchenberg: Noch mal konkret: Sie sehen keinen Handlungsbedarf in Sachen einer Nachschärfung beim Infektionsschutzgesetz?
Spahn: Wir können jetzt Wochen und Monate darauf verwenden, ob wir im Infektionsschutzgesetz mehr Bundeskompetenz haben sollten, das zu debattieren. Ich weiß nur nicht, ob uns eine solche Debatte vor allem mitten in der Pandemie hilft. Das gehört für mich in den Bereich, was haben wir gelernt aus der Pandemie, und darüber müssen wir dann auch reden, wo es mehr Kompetenz auf welcher Ebene braucht. Aber es hilft uns doch jetzt in diesen Tagen nicht.
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