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IS unter Druck
Die Rache der Verlierer

Der irakische Ministerpräsident Haider al-Abadi spricht bereits vom Sieg über die Terrormiliz IS, denn im nordirakischen Mossul sowie im syrischen Raqqa ist er stark zurückgedrängt. Doch Militärexperten warnen davor, dass die Terroristen weiter gefährlich seien, vor allem für Zivilisten.

Von Cornelia Wegerhoff | 14.06.2017
    Irakische Soldaten nehmen am 04.06.2017 an einer Operation zu Befreiung des Stadtteils Al-Zinjili im Westteil der Stadt Mossul (Irak) von der Terrormiliz IS teil.
    Irakische Soldaten nehmen am 04.06.2017 an einer Operation zu Befreiung des Stadtteils Al-Zinjili im Westteil der Stadt Mossul (Irak) von der Terrormiliz IS teil. (dpa/Andrea DiCenzo)
    Die jüngste Audio-Botschaft der IS-Propaganda-Abteilung enthält Durchhalteparolen: "Löwen von Mossul, Raqqa und Tal Afar", heißt es da an die Terroristen gerichtet, die in ihren einstigen Machtzentralen im Irak und in Syrien immer weiter zurückgedrängt werden.
    "Kämpft wie ein Mann gegen die Ungläubigen und Abtrünnigen". Gemeint sind die verfeindeten schiitischen Muslime. Gleich danach folgt ein Aufruf zu neuen internationalen Anschlägen im heiligen Ramadan. Terror statt Einkehr – ein weiteres Mal wird der islamische Fastenmonat hiermit perfide missbraucht.
    Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters wurde die IS-Botschaft am Montag veröffentlicht. Die Authentizität des Audios könne nicht mit völliger Sicherheit bestätigt werden. Doch die Stimme des Mannes, der vorgibt der offizielle Sprecher des IS zu sein, ist die gleiche wie schon bei früheren Aufnahmen. Das klingt nach Routine. Doch in Wahrheit stehen die Dschihadisten mit dem Rücken zur Wand.
    In Syrien läuft der Sturm auf Raqqa. Kurdische und arabische Kämpfer der sogenannten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) konnten dabei in der vergangenen Woche die strategisch wichtige Zitadelle und große Wohngebiete aus den Händen des IS befreien, mit Unterstützung der US-Koalition aus der Luft.
    "Komplette Befreiung" des westlichen Stadtbezirks al-Sindschili von Mossul
    Im nordirakischen Mossul, genau wie Raqqa über drei Jahre IS-Hochburg, meldeten Armee und Sicherheitskräfte zuletzt die "komplette Befreiung" des westlichen Stadtbezirks al-Sindschili. Die Terrormilizen sollen jetzt nur noch einen Teil der Innenstadt unter Kontrolle haben. Der irakische Ministerpräsident Haider al-Abadi sieht den Fastenmonat Ramadan dabei als gutes Omen für seine eigene Mission.
    "Wir werden in diesen heiligen Tagen den Krieg für uns entscheiden. Die Terroristen kontrollieren nur noch wenige Gebiete Mossuls. Sie haben vor allem in der Altstadt norme Zerstörungen hinterlassen, um uns zu demonstrieren, dass sie nicht kampflos aufgeben", so der irakische Ministerpräsident. "Aber jetzt können wir sagen, dass wir die Sieger sein werden."
    Doch um welchen Preis? Militärisch in die Enge getrieben, schwört der IS auf Rache. Wie hier in Bagdad.
    Wenige Tage nach Ramadan-Anfang sprengten die Terroristen in der irakischen Hauptstadt mit einer Autobombe eine belebte Eisdiele in die Luft. Am Abend, als die Menschen nach dem langen Fastentag mit ihren Familien durch die Stadt spazierten, sich und ihren Kindern etwas Süßes gönnen wollten. Die feige Tat forderte Dutzende Todesopfer und Schwerverletzte.
    Iran - größter Feind der Terroristen
    So wie bei den anderen IS-Anschlägen seit Beginn des Fastenmonates: im afghanischen Kabul, in London und zuvor in der iranischen Hauptstadt Teheran. Dort ist der Islam Staatsreligion. Der schiitische Islam. Wie hieß es in der Audio-Botschaft ?"Abtrünnige".
    Als Schutzmacht der Schiiten gilt der Iran für die Terroristen als größter Feind. Die iranische Führung rechtfertigte ihr militärisches Vorgehen in Syrien immer damit, dass man Anschläge verhindern wolle. Man begründete so auch die Finanzierung und Ausbildung von Milizen, die in Syrien und im Irak gegen den IS kämpfen. Aber selbst diese umstrittene Taktik hat den Terror in Teheran nicht verhindern können.
    Dass der IS, wenn er unter Druck gerät, noch gefährlicher werden kann, wird allerdings schon länger prophezeit.
    Plan B: Statt Krieg zu führen, ziele IS auf Zivilisten
    "Der IS hat seine Strategen, die entschieden haben, zu Plan B zu wechseln. Und der heißt: Statt Krieg gegen uns zu führen, zielen sie jetzt auf Zivilisten." Sagte zum Beispiele Youssef al Kilaby, der Sprecher der irakischen Volksmobilisierungstruppen, schon vor einem Jahr!
    "Damit bekommt die IS-Terroristen Aufmerksamkeit, bei uns, in der Region, in der ganzen Welt. Militärisch sind sie mit ihrem Kampf dann am Ende, so der Militärexperte. Bislang hat er sich getäuscht. Der IS kämpft, wenngleich angeschlagen, immer noch und terrorisiert zusätzlich die Welt mit seinen Anschlägen.