Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Is was?! Aufreger der Woche
Emotionen erzeugen. Nebelkerze. Punkt.

FDP-Chef Christian Lindner will mit einem schnittigen Werbe-Spot punkten. Journalisten verzetteln sich mit Hashtags. Und ein populismuserfahrener Claus Strunz bereitet sich aufs Kanzler-Duell vor. Doch Vorsicht vor der Quasi-Feministin Merkel!

Von Philipp Walulis | 28.04.2017
    Der Bundesvorsitzende der FDP, Christian Lindner, spricht am 06.01.2017 in Stuttgart (Baden-Württemberg) beim Traditionellen Dreikönigstreffen der FDP.
    FDP-Chef Christian Lindner weiß, sich in Szene zu setzen. Wie hier beim Dreikönigstreffen 2017 (picture alliance / dpa / Franziska Kraufmann)
    Christian Lindner ist wieder da. Er steht jetzt unter Spannung und raunt uns bedeutungsschwanger entgegen:
    FDP-Spot: "Haben Sie schon mal was gemacht, von dem Sie überzeugt waren, dass es richtig ist?”
    Jup. Die Idee für einen Werbespot nochmal überdacht. Doch zu spät. Lindners Stream of Consciousness lässt sich nicht aufhalten:
    "Rechtsstaat. Falsches Thema. Stau. Quatsch.”
    Getrieben. Emotionen erzeugen. Nebelkerze. Punkt. Aber: Der Spot ist nicht doof gemacht. Er vermittelt ein Gefühl. Lindner, der Macher. Man spricht über ihn.
    Fakten? Langweilig!
    Die SPD ist Lindner auch gleich auf den Leim gegangen und hat seinen Spot parodiert. Mit Fakten. Wie langweilig.
    Und für den Hashtag "NRWir" kommen sie sowieso in die Wortspielhölle. Denn mit Hashtags ist das so eine Sache. Hat auch der Stern diese Woche lernen müssen: Ein Artikel über den Altersunterschied von Präsidentschaftskandidat Macron und seiner 24 Jahre älteren Frau haben die Hamburger Altpapierproduzenten mit #AufAltenPferdenLerntMannReiten beworben. Keine gute Idee.
    Ähnliche Artikel fragen, wie so eine Liebe überhaupt möglich ist: junger Mann, ältere Frau. Dabei müssten die Autoren doch einfach nur mal ihre eigenen jüngeren Frauen fragen. Liebe zu einem Älteren. Aber gut, vielleicht würden Teile der Antwort die Herren Journalisten nur beunruhigen. Und eigentlich brauchen wir uns über solche Artikel gar nicht aufregen. Denn die sind - wie Christian Lindner weiß - sowieso:
    "Quatsch.”
    Fachgebiet: Populismus
    Und wo wir schon beim Quatschen sind: Angela Merkel hat sich jetzt festgelegt: Es wird nur EIN Kanzler-Duell im Fernsehen geben! Schulz gegen Merkel! Das heißt, wir sehen auch nur EINMAL, wie komplette Parteiprogramme auf die Performance des jeweiligen Spitzenkandidaten reduziert werden. Die Fragen stellen erst Maybrit Illner und Peter Kloeppel, danach Sandra Maischberger und Claus Strunz. Aber - Claus Strunz? Wie war nochmal sein Motto?
    Claus Strunz: "Ich finde, Populismus ist das Viagra einer erschlafften Demokratie!”
    Chauvinisten kühl abblitzen zu lassen
    Als ehemaliger Chefredakteur der Bild am Sonntag wohl sein Fachgebiet. Also Populismus. Nicht Viagra. Wie Claus Strunz mit Populismus die Demokratie wieder erigieren möchte, können wir übrigens seit geraumer Zeit im Sat.1-Frühstücksfernsehen bestaunen:
    TV-Ausschnitte: "Stichwort Sexmob” - "Das totale Staatsversagen” - "Dann kannst du in Deutschland zur Zeit nur die AfD wählen”
    Das Tragische: Er spricht wichtige Themen an - alle eine differenzierte Diskussion wert. Aber leider vergiftet er diese von vornherein durch sein verbales Herumproleten. Doch das kann Strunz dann beim Kanzler-Duell mit Frau Merkel ausdiskutieren. Für die Ja-Nein-Vielleicht-Feministin ist es ein Leichtes, Chauvinisten und Populisten kühl abblitzen zu lassen. Ganz ohne Quatsch.
    Philipp Walulis ist TV-Satiriker, bekannt für seine Videokolumnen beim Online-Jugendkanal "Funk" und in der Sendung "Walulis sieht fern", für die er mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde. Walulis verstärkt das Glossisten-Team von Corso - und fragt sich fortan regelmäßig im Deutschlandfunk: Is was?!