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Is was!?
Der satirische Wochenrückblick

Es greift wie eine Epidemie um sich: Menschen übergießen sich mit einem Kübel eiskalten Wassers. Alle sind natürlich ganz selbstlos und machen es nur für die gute Sache, oder? Kleine Zweifel bleiben.

Von Klaus Pokatzky | 29.08.2014
    Auch in Bangkok begießen sich Menschen mit eiskaltem Wasser bei der ALS-Wohltätigkeitsaktion "Ice Bucket Challenge".
    Auch in Bangkok begießen sich Menschen mit eiskaltem Wasser bei der ALS-Wohltätigkeitsaktion "Ice Bucket Challenge". (dpa / picture alliance / Narong Sangnak)
    Und nun: das Wort zum Freitag. Morgen sollten Sie sich nicht das "Wort zum Sonntag" im Fernsehen entgehen lassen; da will sich der katholische Pfarrer Gereon Alter aus Essen eiskaltes Wasser über den Kopf kippen. Damit will er die Aktion "Ice Bucket Challenge" unterstützen. Die sammelt Geld für die Behandlung und Erforschung einer unheilbaren Nervenkrankheit. Wer da mitmacht, überschüttet sich mit Eiswasser und benennt drei weitere Kandidaten dafür.
    Das hat kürzlich auch der FDP-Vorsitzende Christian Lindner gemacht und dann den grünen Parteichef Cem Özdemir nominiert. Und der hat sich das Wasser auf einem Balkon über den Kopf geschüttet und ein bisschen auch auf eine Hanfpflanze, die da stand. Ob er vorher oder hinterher was geraucht hat, ist nicht bekannt.
    Ich finde diese Initiative ganz toll. Das ist mal eine wirklich ehrliche Aktion. Da denkt keiner an sich oder die Institution, die er vertritt - sondern nur an die Kranken. Der Lindner macht das nicht als Werbung für die FDP und der Özdemir nicht als Reklame für die Grünen und der Pfarrer auch nicht für das Ansehen seiner Kirche - sonst würde er es ja garantiert nicht machen. Würden sie es nicht ausschließlich für die Kranken machen, würden sie ja einfach ganz heimlich still und leise eine Spende an die Aktion überweisen.
    Eiskaltes Wasser über Wowereits Haupt
    Welches Wasser sich Klaus Wowereit über sein Regierendes Haupt schüttet, weiß ich nicht. In Zukunft, wenn er als Berliner Bürgermeister zurückgetreten ist, wird er womöglich noch weniger Zeit für Wasser-über-den-Kopf haben - denn bekanntlich hat der ehemalige hessische Ministerpräsident Roland Koch ja gerade rechtzeitig seinen Posten als Chef des Baukonzerns Bilfinger hingeschmissen: Und da wartet auf den Flughafenbau-Fachmann Klaus Wowereit nun also die perfekte berufliche Zukunft.
    Die hat auch Schwarz-Braun-Ist-Die-Heino-Nuss. Der gleichnamige Sänger des gleichnamigen Liedes soll jetzt in die Jury von "Deutschland sucht den Superstar". Und das ist auch gut so. Für alle, die nach dem Motto der großen französischen Schriftstellerin Simone de Beauvoir leben: "Fernsehen ist ein Medium von Idioten für Idioten" und daher kein solches Gerät haben, sei gesagt - "Deutschland sucht den Superstar" hat, was Geschmack und Stil angeht, ähnliche Maßstäbe gesetzt wie nun das "Wort zum Sonntag".
    Klaus Wowereit übrigens gehört der Partei des lupenreinen Demokraten Gerhard Schröder an, aber die hat ja nicht nur ihre kapitalistischen Züge, sondern auch sehr menschliche. Die vertritt Andrea Nahles. Andrea Nahles - das ist die, die Pipi Langstrumpf nicht richtig singen kann; dann schon lieber Heino - Andrea Nahles also will jetzt als Arbeitsministerin eine Anti-Stress-Verordnung gesetzlich durchsetzen. Das ist toll. Ich hoffe, da steht auch was über das Fernsehen drin.
    Als Andrea Nahles noch Generalsekretärin der lupenreinen Sozialdemokratischen Partei war, da hat der Chefredakteur ihres Parteiorgans "Vorwärts" in einem Wort zu Weihnachten geschrieben: "Jesus war Sozialdemokrat". Bestimmt war der das. Aber dafür hatte er keinen Fernseher - und auch kein Internet. Und deswegen hätte er sich auch nicht mit Eiswasser überschüttet. Stattdessen ist er übers Wasser gelaufen. Und das war auch gut so.