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Is was!?
Der satirische Wochenrückblick

Das "Alphabet"-isierungsprogramm für Google war wohl überfällig, denn bisher konnte der Konzern die Regeln des Kartellrechts in Europa ja offenbar nicht lesen. Und statt Nachrichten menschlich vorzutragen, wie Claus Kleber es einmal machte, wären menschliche Nachrichten wohl viel dringender.

Von Sigrid Fischer | 14.08.2015
    Erwischt! Deutlichere Beweise kann es wohl nicht geben für den Tatbestand der Wettbewerbsverzerrung durch den Missbrauch der eigenen Marktmacht. Es stimmt also: Google gibt sich selbst immer den Vorzug. Tippt man zum Beispiel das Wort "Alphabet" ein, kommen sofort lauter Suchergebnisse, die auf den eigenen Konzern verweisen. Frechheit. Die EU sollte also endlich zuschlagen mit ihrem Kartell-Verfahren gegen Google respektive "Alphabet", dabei könnten immerhin sechs Milliarden rausspringen, und wir würden auf dem Weg doch noch ein bisschen was sehen von den uns bisher vorenthaltenen Steuermilliarden. Das EU-Verfahren würde darüber hinaus zeigen, wie überfällig das Alphabetisierungs-Programm für den US-Konzern ist. Bisher konnte der das Kleingedruckte im europäischen Kartellregelwerk ja offenbar nicht lesen.
    Twitter hat sich auch was Neues ausgedacht, für mehr Kundenwachstum: ein 140plus-Programm. Für nicht öffentlich gesendete, direkte Textbotschaften zwischen Nutzern dürfen bald mehr Zeichen verwendet werden. Für sowas gab es mal was, das hieß "E-Mail" - Hillary Clinton weiß, was ich meine. Sie hat es reichlich genutzt in ihrer Zeit als Außenministerin, ohne aber, sagt sie, damit sensible Daten verschickt oder empfangen zu haben. Das FBI prüft genau das jetzt mal nach, denn: als Außenministerin der Vereinigten Staaten von Amerika? Keine sensiblen Daten?? Hat sie Einkaufslisten an ihre Praktikanten gemailt? Und Rezeptideen mit Angie Mörkel ausgetauscht? Da hätten ja 140 Zeichen locker gereicht.
    Mehr braucht auch Claus Kleber übrigens nicht, wenn er seiner eigenen Befindlichkeit hinterher twittert - weil ER als Überbringer einer guten Nachricht die ganzen Likes abkriegt, die eigentlich dem Busfahrer in Erlangen gebühren, weil er Flüchtlinge in seinem Bus willkommen hieß, wie Kleber erzählte, und dabei an die Tränengrenze geriet. Vielleicht hatte er auch nur einen banalen Frosch im Hals. Das Netz flippt jedenfalls aus, weil da jemand Nachrichten mal so menschlich vorgetragen hat.
    Dabei wären ja menschliche Nachrichten viel dringender. Zum Beispiel die, dass Herr Seehofer und Herr Herrmann und die Kanzlerin gleich mit dem freundlichen Busfahrer mal gedankt hätten. Oder, dass in Mecklenburg-Vorpommern nicht nur Scheunen brennen, sondern dass es auch bei den Bewohnern der Gemeinde Nostorf im Dachstübchen zünden würde, und sie wissen, auf welcher Seite sie zu stehen haben wenn ihre Landes-NPD - wie beantragt, aber bisher abgelehnt - wenn die ihren Ausflug in ein Flüchtlingsheim antritt. Um zu kontrollieren, was die Landesregierung so treibt.
    Ja, es wurde wirklich Zeit, dass die Kanzlerin ihren Urlaub beendet. Obwohl sie beim Thema Flüchtlinge und rassistische Übergriffe ja das ganze Jahr verreist zu sein scheint. Trotzdem kommt sie jetzt zu Ehren: Eine Asylbewerberin aus Ghana hat ihr sechs Monate altes Mädchen "Angela Merkel" getauft, weil sie sie für eine sehr gute Frau hält. Aber: wird die sich darüber freuen? Mit komplettem Namen heißt das Kind jetzt nämlich: Angela Merkel Adé. Ob 140 Zeichen reichen, um das zu dementieren? Wir sind gespannt, Herr Seibert.