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Is was?!
Der satirische Wochenrückblick

"Postfaktisch" ist das Wort des Jahres, Angela Merkel kandidiert noch einmal für das Amt der Kanzlerin und ein erbitterter Leugner des Klimawandels wird Chef der obersten US-Umweltbehörde: Doch das ist nicht die einzige Schreckensmeldung aus den USA. Auch Donald Trump macht wieder Schlagzeilen via Twitter.

Von Klaus Nothnagel | 09.12.2016
    Bundeskanzlerin Merkel erhält nach ihrer Wiederwahl zur CDU-Vorsitzenden einen Blumenstrauß
    Angela Merkel wurde beim Bundesparteitag in Essen als CDU-Vorsitzende wiedergewählt. (picture alliance / Michael Kappeler/dpa)
    Gut, dass die Woche jetzt annähernd aufgebraucht ist: Ein Festival der Niederlagen liegt hinter mir. Erst die Wette mit meiner Nachbarin. Sie sagte Merkel bei der Wahl zur CDU-Chefin ein Honecker-Ergebnis voraus, 98,9 Prozent. Ich wollte kühn sein und hielt mit 78,9 Prozent dagegen. Merkel holte 89,5 Prozent, die Nachbarin lag 9,4, ich dagegen 10,6 Prozentpunkte daneben. Wette verloren.
    Zweite Niederlage: Ich rechnete mit starkem Gegenwind für Merkel, mit irgendeinem dicken Dämpfer. Die verbliebenen Tiefschwarzen, bei denen das politische Denken vereinzelt auch bis zu einem diskreten Bräunlichton changiert - diese Leute, dachte ich, ignoriert man nicht ungestraft. Falsch gedacht. Eine Niederlage für Merkel bei der Doppelstaatsbürgerschaft - das war alles.
    Von Klimasündern und -leugnern
    Meine nächste Niederlage: Trump drohte, die Bestellung der "Airforce One" zu stornieren - zu teuer! Kundgetan hat der Mann mit der Frisur seine Drohung über Twitter. Sowas würde selbst Trump nicht tun, hätte ich vorher gesagt. Irrtum.
    Übrigens soll der ukrainische Flugzeugbauer Antonow Trump scherzhaft Hilfe angeboten haben. Schöne Idee, aber mit Haken: Lieferprobleme, Antonow kann gar keine zwei Extraflugzeuge bauen. Wieder ein Plan von Trump-Format, der vor der Realisierung zu Staub zerfällt.
    Und wer wird Chef der obersten US-Umweltbehörde? Ein gewisser Pruitt, bisher Justizminister von Oklahoma. Ein Verbündeter der Öl- und Gasindustrie, ein Leugner des Klimawandels. Pruitt hat gegen unzählige Umweltbestimmungen geklagt - und gegen wen? Sehen Sie, da wäre ich auch wieder nicht drauf gekommen: Die Klagen gingen überwiegend gegen die nationale Umweltbehörde der USA, also genau die Institution, die Pruitt jetzt leiten soll. Hätt' ich alles nicht gedacht. Glaub ich auch jetzt noch nicht. Is aber so.
    Das (Un)Wort des Jahres?!
    Meine letzte Niederlage der Woche ist noch ganz frisch: Das Wort "postfaktisch" ist heute zum Wort des Jahres gekürt worden - mein Favorit war "Gruselclown". Sie haben ja gemerkt, dass ich gern über Trump rede. Die postfaktische Gesellschaft, das postfaktische Zeitalter - völliger Quatsch.
    Die Lügner, die von dumpfer Emotion gepeitschten Wissensverweigerer und die Demagogen haben vorübergehend an Boden gewonnen. Das ist alles. Von mir aus kann "postfaktisch" gern auch noch die Wahl zum Unwort des Jahres gewinnen.