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Islamlehrer-Ausbildung auf der Kippe

Eklat am "Centrum für religiöse Studien" der Uni Münster: Am vergangenen Wochenende haben sich die vier größten muslimischen Verbände aus dem wissenschaftlichen Beirat des Centrums zurückgezogen. Hintergrund ist Kritik am Mohammed-Bild des Institutsdirektors. Am "Centrum für religiöse Studien" wurden in Deutschland die ersten Lehrer für islamischen Religionsunterricht ausgebildet.

Von Heike Zafar | 10.09.2008
    Beim Start vor vier Jahren wurde er hymnisch gefeiert: der bundesweit erste Studiengang für zukünftige Islamlehrer in Münster. Doch schon damals hatte der Inhaber des Lehrstuhls, Professor Sven Muhammad Kalisch bei den muslimischen Verbänden keinen leichten Stand: Kalisch ist Deutscher, mit 15 Jahren konvertierte er zum Islam. Als Wissenschaftler rührt er jetzt an islamische Tabus:

    " Ich habe mich sehr intensiv mit der Entstehungsgeschichte des Frühislam auseinandergesetzt, und die Ergebnisse sind die, dass man nach meiner Überzeugung nicht beweisen kann, ob Mohammed gelebt hat oder nicht, wobei ich neige eher zu seiner Nichtexistenz "

    Für viele streng gläubige Muslime ist diese These pure Provokation: Der muslimische Beirat des Instituts, besetzt mit Vertretern der vier größten islamischen Verbände, trat geschlossen zurück. Ali Kizilkaya, Sprecher des Koordinierungsrats der Muslime in Deutschland, warnt sogar seine Glaubensbrüder und -schwestern davor, bei Professor Kalisch zu studieren:

    " Professor Sven Kalisch stellt die Existenz des Propheten infrage. Das ist natürlich für uns nicht akzeptabel. Es kann doch nicht sein, dass Islamlehrer ausgebildet werden, die lernen, wie man die Religion infrage stellt. "

    Für die Uni Münster ein Eklat. Der Studiengang zur Ausbildung von Islamlehrern galt als bundesweites Vorzeigeprojekt. Umso mehr bemüht sich die Uni um Beschwichtigung, Pressesprecher Norbert Frie:

    " Wir bedauern den Rückzug der Muslime. Die Arbeit des Centrums für religiöse Studien wird dadurch aber nicht beeinträchtigt. "

    Die Uni hält also an ihrem Professor fest. Beim NRW-Wissenschaftsministerium ist man sich allerdings im Klaren darüber, dass der Streit Konsequenzen haben muss. Minister Andreas Pinkwart:

    " Wir wollen eine Islamlehrerausbildung, die von den Islamverbänden anerkannt wird, damit die so ausgebildeten Lehrer dann auch in den Schulen ihren Dienst verrichten können. Und wir müssen jetzt eben sehen, dass wir auch Alternativen prüfen müssen. "

    Im Klartext: Ab jetzt wird geprüft, ob die Ausbildung der Islamlehrer nicht auch an einer anderen Uni im Land stattfinden kann. Islamischer Religionsunterricht ist zwar noch immer kein reguläres Schulfach in NRW , ist aber von der Landesregierung erwünscht, so Minister Pinkwart:

    " Wir werden ja in Zukunft eine wachsende Zahl von Islamlehrern benötigen. "

    Für die muslimischen Verbände ist die Zusammenarbeit mit dem Centrum für religiöse Studien in Münster gescheitert. Was das für die derzeit 26 Studierenden bedeutet, ob sie überhaupt ihr Studium in Münster beenden, ist derzeit noch offen. Professor Sven Muhammad Kalisch wird seine islamkritischen Thesen im Frühjahr in einem Buch veröffentlichen, über die möglichen Folgen ist er sich durchaus bewusst:

    " Wenn das ein Orientalist schreiben würde, wäre das wahrscheinlich unproblematisch. Aber ich bin Muslim, das könnte eine gewisse Brisanz hineinbringen. Ich weiß über Bekannte, dass in den Moscheen über mich geredet wird und im Internet gibt es, na ja, man könnte sagen, Beschimpfungen, aber im Großen und Ganzen ist es ruhig. "