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Island
Aufstand am Geysir

Für den Zutritt zu Geysiren oder Wasserfällen Geld zu verlangen, schien in Island bislang undenkbar. Nachdem einige Landbesitzer aber Gebühren erhoben hatten, ist ein Gericht eingeschritten und hat die Eintrittspreise wieder verboten.

Von Monika Eder | 16.04.2014
    Er ist eine der beliebtesten Touristenattraktionen Islands: der Geysir Strokkur, rund 100 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Reykjavík. Etwa alle zehn Minuten spuckt er gewaltige Wasserfontänen in den Himmel, bis zu 30 Meter hoch.
    Doch in Ruhe das Naturschauspiel zu genießen, das ging in den letzten Wochen nicht immer. Es gab Streit am Geysir, sogar ein isländischer Parlamentsabgeordneter protestierte lautstark:"Niemand wird Eintritt zahlen oder wir rufen die Polizei."
    Ögmundur Jónasson, Abgeordneter der Links-Grünen im isländischen Parlament kam extra mehrmals aus Reykjavík, um am Eingangtor zum Geysir zu protestieren. Dagegen, dass seit Kurzem alle Besucher über 17 Jahre Eintritt bezahlen mussten, 600 Kronen, umgerechnet fast vier Euro. Das läppert sich, denn bis zu 6.000 Besucher kommen in der Hochsaison am Tag."Wir streiten darüber, ob man Geld dafür verlangen darf, wenn Leute isländische Naturschönheit ansehen wollen. Wir sind strikt dagegen. Die Besucher sollten für Dienstleistungen bezahlen, aber nicht für's Ansehen. Wir werden das nicht tolerieren."
    Den Eintritt verlangten private Landbesitzer, denen ein Großteil des Geländes rund um den Geysir gehört – der Geysir selbst ist in Staatsbesitz. Garðar Eiríksson ist ihr Sprecher und verteidigt ihr Vorgehen."Das Gebiet hat in den letzten paar Jahren sehr unter der zunehmenden Zahl von Touristen gelitten. Wenn man zum Geysir geht, dann sieht man, dass sein Rand gebrochen ist, weil viele Touristen einfach ein Stück davon mitnehmen. Und bei schlechtem Wetter werden die Hügel sehr matschig, da müssen wir Wege bauen."
    Naturschauspiele als Jedermannrecht
    Absperrungen und eine bessere Befestigung der Wege - dafür wollten die Landbesitzer das Eintrittsgeld nutzen.
    Schön und gut, finden viele Isländer, trotzdem sind sie überzeugt, dass eines der bekanntesten Naturschauspiele der Insel frei zugänglich sein sollte. Schließlich gilt hier seit Jahrhunderten ein Gesetz, nach dem jedermann freien Zugang zu unbebautem Land hat.
    "Es ist so fest in unseren Köpfen verankert, dass man uns das nicht wegnehmen kann. Auch wenn jemand Land besitzt, darf man es überqueren, solange man kein Geld damit verdient. Ich finde, nach diesem Gesetzt darf man von Reisenden keinen Eintritt verlangen", sagt Anna Dóra Sæþórsdóttir, außerordentliche Professorin für Tourismus und Geografie an der Universität von Island.
    Auch die isländische Regierung ist gegen Eintrittsgelder an einzelnen Sehenswürdigkeiten. Um Geld für den Erhalt der Landschaft zu sammeln, will sie lieber einen Natur-Pass einführen. Doch auch der widerspricht dem Jedermannsrecht auf freien Zugang zur Natur, findet Anna Dóra Sæþórsdóttir. "Ich befürchte, dass die Besucher nicht mehr zu den bisherigen Touristenorten fahren. Sie könnten ihr Reiseverhalten ändern und mehr Zeit in Reykjavík verbringen, statt aufs Land zu fahren. Dabei ist das der Zweck von Tourismus, dass er sich über das Land verteilt und damit auch der wirtschaftliche Gewinn."
    Auch der Wasserfall Dettifoss soll Eintritt kosten
    Die Wissenschaftlerin unterstützt zwei andere Vorschläge. Zum einen, die Mehrwertsteuer auf Übernachtungen zu erhöhen. Im Moment liegt sie mit sieben Prozent teils deutlich unter den benachbarten skandinavischen Ländern - wo bis zu 25 Prozent fällig sind. Die frühere Regierung hatte schon einmal eine Steuererhöhung angesetzt, doch seit dem Regierungswechsel 2013 liegen die Pläne wieder auf Eis.
    Zweite Idee: eine Ein- oder Ausreisegebühr. Die würde auch die jährlich rund 100.000 Kreuzfahrttouristen treffen, die von einer Bettensteuer an Land verschont blieben.
    Noch sind das alles nur Ideen. Doch das konkrete Beispiel am Geysir inspiriert andere Landbesitzer. Ab Juni soll zum Beispiel im Norden Islands der Zutritt zum beliebten Wasserfall Dettifoss mehr als fünf Euro Eintritt kosten.