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Israel
Ankündigung mit politischer Brisanz

US-Präsident Donald Trump wird in einer Rede in Washington am Mittwoch erklären, dass er Jerusalem als die Hauptstadt Israels anerkennt. Damit sind die USA das erste Land, das diesen Schritt seit der Staatsgründung Israels im Jahr 1948 vollziehen und gleichzeitig für eine gehörige Provokation sorgen.

Von Gabi Biesinger | 06.12.2017
    Außenansicht der US-Botschaft in Tel Aviv.
    Die Palästinenser sehen in einer möglichen Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv eine Provokation. (AFP / JACK GUEZ)
    Das Versprechen, die US-Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, gehört zum Standard-Repertoire von US- Präsidentschaftskandidaten. Und auch Donald Trump rief im Wahlkampf seinen Anhängern zu: "Wir werden die US-Botschaft in die ewige Hauptstadt des jüdischen Volkes verlegen, nach Jerusalem."
    1995 stimmte der US-Kongress offiziell für diese Verlegung, die bis 1999 vollzogen werden sollte. Doch den amtierenden Präsidenten war dieses Thema stets zu brenzlig, so dass sie nun alle sechs Monate eine Verfügung unterschreiben müssen, die den "Jerusalem Embassy Act" erstmal aussetzt. Der demokratische Senator Richard Blumenthal bekräftige heute im US-Fernsehen, der Kongress stehe nach wie vor zur Verlegung - schließlich sei Jerusalem, die israelische Hauptstadt.
    Ankündigung könnte für zur Gratwanderung werden
    Was Donald Trump heute wahrscheinlich tun wird: Er wird zunächst ankündigen, dass die USA Jerusalem nun einseitig als israelische Hauptstadt anerkennen. Damit wären die USA das erste Land der internationalen Staatengemeinschaft, das diesen Schritt geht. Regierungsbeamte in Washington im Vorfeld, Trump folge damit im Grunde nur einer historischen Realität. Doch für den Präsidenten könnte diese Ankündigung zur Gratwanderung werden - je nachdem, ob er ganz Jerusalem einschließt, oder das arabisch geprägte Ost-Jerusalem außen vor lässt, meint Shibley Telhami, Professor für Friedensforschung an der Universität von Maryland:
    "Die politische Botschaft an dieser Stelle ist ganz entscheidend. Wird der Präsident in der Lage sein, die feine Unterscheidung zu treffen, zwar eine Realität anzuerkennen aber gleichzeitig eine Vereinnahmung von ganz Jerusalem zu vermeiden. Das muss man abwarten."
    Arabische Gruppen kündigen drei Tage des Protestes an
    Außerdem plant Trump dem US-Außenamt den offiziellen Auftrag zu erteilen, mit der Suche nach einem geeigneten Ort für eine neue US-Botschaft in Jerusalem zu beginnen. Einen Zeitrahmen wollten Regierungsbeamte nicht nennen, es hieß aber, die Suche nach einem geeigneten Ort und ein Botschaftsbau ließen sich schon aus Sicherheitsgründen keinesfalls unter drei bis vier Jahren abwickeln.
    Den möglichen kleinen Dienstweg, das existierende US-Konsulat in West-Jerusalem einfach zur Botschaft umzuwidmen, wollte die US-Regierung offenbar lieber nicht gehen. Trump hatte gestern im Laufe des Tages Regierungschefs in der Region über seine geplanten Schritte informiert. Arabische Gruppen kündigen drei Tage des Protestes an. Die US-Botschaften und Konsulate im Nahen Osten sind in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden und warnten US-Bürger, in den kommenden Tagen Jerusalem und das Westjordanland zu meiden.
    "Jerusalem ist ein Pulverfass, das nur auf einen Streichholz wartet"
    Diskutiert wird in den USA die Frage, warum Trump gerade jetzt diesen möglicherweise provokanten Schritt vollzieht. Aaron David Miller, früherer Nahost-Berater im US-Außenministerium hält den Vorstoß und den Zeitpunkt für denkbar schlecht:
    "Um es mal klar zu sagen: Jerusalem ist ein Pulverfass, das nur auf einen Streichholz wartet. Es hat immer wieder Gewalt gegeben und dass die USA sich jetzt von selbst in diesen Konflikt einbringen und Stellung beziehen, könnte die Aussicht auf den großen Friedensdeal, den Trump ja nach eigenem Bekunden im Nahen Osten anstrebt, torpedieren."
    Der Traum vom großen Friedensdeal könnte längst geplatzt sein
    Friedensforscher Shibley Telhami von der Universität von Maryland geht sogar einen Schritt weiter und meint, der Traum vom großen Friedensdeal könnte längst geplatzt sein: "Vielleicht hat die US-Regierung einen Friedensdeal längst abgehakt und denkt, mit dieser Geschichte können sie jemand anderem die Schuld für das Scheitern in die Schuhe schieben."
    Das alles wird nichts daran ändern, dass die Aufschub-Verfügung für den "Jerusalem-Embassy-Act", die am 1. Dezember wieder fällig wurde, von Donald Trump nach Angaben des Außenministeriums übrigens vorerst weiterhin alle sechs Monate unterschrieben werden wird. So lange, bis die neue US-Botschaft in Jerusalem öffnet.