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Israel
Flugausbildungsprojekt fördert diskriminierte Jugendliche

Im letzten Jahr ging die jahrzehntelange Umsiedlung äthiopischer Juden nach Israel zu Ende. Dort allerdings fühlen sich viele - auch wegen ihrer Hautfarbe - ausgegrenzt. Sie stehen in der sozialen Hierarchie Israels ganz unten. Ein ehemaliger Oberst der israelischen Luftwaffe möchte dies ändern, indem er sie zu Piloten ausbildet.

Von Silke Fries | 29.10.2014
    Ein israelischer Militär-Helikopter über einer israelischen Basis in den Golanhöhen.
    Israel Cnaan war Oberst in der israelischen Luftwaffe, jetzt bringt er äthiopisch-stämmigen Jugendlichen das Fliegen bei. (AFP / Jalaa Marey)
    Die Tür zur israelischen Gesellschaft ist ein großes Metalltor zu einer Flugzeughalle in Rishon-le-Zion. Israel Cnaan öffnet sie, er zeigt Danyo und Benny die neuesten Kleinflugzeuge. Israel Cnaan war Oberst in der israelischen Luftwaffe, jetzt bringt er äthiopisch-stämmigen Jugendlichen das Fliegen bei.
    "Die äthiopischen Jugendlichen fühlen sich oft diskriminiert, Juden aus Äthiopien sind in der sozialen Hierarchie ganz unten. Durch unser Projekt sollen sie an Selbstbewusstsein gewinnen, denn Piloten sind in der israelischen Gesellschaft hoch angesehen."
    Pilotenschein nach sechs Monaten
    Seit Jahren sucht Cnaan an israelischen Schulen nach besonders begabten äthiopischen Jugendlichen. Sie müssen gut sein in Mathematik und Englisch - Voraussetzung dafür, dass sie nach sechs Monaten den Pilotenschein bestehen. Der eröffnet ihnen in der israelischen Gesellschaft viele Möglichkeiten, sagt Cnaan, der sich als Freund und Förderer versteht.
    "Kaum einer der äthiopischen Einwanderer fährt im Berufsleben die Ellenbogen aus, sie sind wenig durchsetzungsfähig. Aber sie sind sehr charakterstark und gleichzeitig bescheiden - damit aber verbauen sie sich oft den Aufstieg in der Berufswelt. Das war für mich ein Grund, die äthiopischen Jugendlichen zu fördern."
    Genauigkeit und Disziplin lernen
    Am Himmel über Rishon-le-Zion drehen Flugschüler ihre Runden. Danyo hat seinen Flug an diesem Tag schon hinter sich, der 21-Jährige kam als Neunjähriger nach Israel. Heute studiert er an der Jerusalemer Universität. Er hat bei der Luftwaffe gedient und ist der Stolz seiner Familie.
    "In der Schule ist es nicht immer rund für mich gelaufen. Aber hier im Piloten-Kurs habe ich vor allem Genauigkeit und Disziplin gelernt. Ich bin zwar auch hier mal durch eine Prüfung gerauscht, dennoch hat man mir die Chance gegeben, weiterzumachen. Da hab´ ich mir gesagt: Was hier geht, geht auch in meiner Schule. Und dass ich die Zulassung zur Universität bekommen habe, liegt sicher auch an dem, was ich hier gelernt habe."
    Geschichte der Diskriminierung
    Seit rund 3.000 Jahren ist die Geschichte äthiopischer Juden eine Geschichte der Diskriminierung. Manchen gelten sie als Nachfahren von König Salomon und der Königin von Saba, andere sehen sie als Nachfahren des jüdischen Stamms Dan an. Im christlichen Äthiopien wurden Juden deshalb enteignet, später zwang man sie, zu konvertieren. Über viele Jahre gab es Luftbrücken für äthiopische Juden nach Israel – der letzte Flug fand im vergangenen Jahr statt. Aber auch in der israelischen Gesellschaft fühlen sich viele ausgegrenzt, sagt Benny. Er ist 17 Jahre alt und in Israel geboren.
    "Als ich noch jünger war, habe ich mich wegen meiner dunklen Hautfarbe schon diskriminiert gefühlt, in der Schule und auch auf der Straße. Durch diesen Kurs aber habe ich an Selbstbewusstsein gewonnen, ich bin enorm stolz. Und manchmal denke ich sogar, dass ich jetzt vielleicht einer auserwählten Gruppe angehöre."
    Luftwaffe als klares Ziel
    Rund 12.000 Euro für Ausbildung und Fluglizenz zahlt die Stiftung, der Isi Cnaan vorsteht. Am Ende des Kurses wird ein Film gedreht, er zeigt Flugzeuge, die den Flugschüler am Himmel über Rishon-le-Zion eskortieren, und vor allem zeigt er strahlende Gesichter, wie das von Benny.
    "Für mich hat sich ein Traum erfüllt. Normalerweise wäre ich beim Militär einer von vielen gewesen. Jetzt aber habe ich ein klares Ziel vor Augen, und das ist die Luftwaffe. Und das ist alles nur möglich geworden durch den Kurs hier und die Werte, die mir vermittelt worden sind."