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Weltwirtschaftsforum Davos
Klassentreffen der Weltelite ohne Merkel

Im Schweizer Davos startet heute die 47. Ausgabe des Weltwirtschaftsforums. Auf dem Treffen soll unter anderem über gesellschaftliche Verantwortung von Wirtschaftslenkern diskutiert werden. Kritiker sehen in dem Treffen dagegen nichts als ein aufwendiges Forum für die Anbahnung von Wirtschaftsbeziehungen. Bundeskanzlerin Merkel bleibt das zweite Jahr infolge fern.

Von Dietrich Karl Mäurer | 17.01.2017
    Die beiden Polizisten tragen Maschinengewehre und weiße Tarnkleidung, auf dem Dach steht ein Buchstaben-Neonreklame "Davos".
    Schwer bewacht: Das Weltwirtschaftsforum in Davos. (DPA / EPA / JEAN-CHRISTOPHE BOTT)
    Die Anwohner von Davos haben sich mittlerweile daran gewöhnt. Jedes Jahr im Januar wird der ganze Ort umgekrempelt. Absperrzäune werden aufgestellt. Sicherheitskräfte patroullieren durch die verschneiten Straßen. 3000 Gäste aus aller Welt werden in dieser Woche im 12.000-Seelen-Wintersportstädtchen erwartet, so viele wie nie zuvor: Regierungschefs, Top-Manager, Forscher, aber auch - und das hebt der Gründer des Weltwirtschaftsforums Klaus Schwab extra hervor – sozial Engagierte, Umweltschützer, Menschen mit Visionen. In Davos sollen sie alle zusammenkommen und sich darüber austauschen, wie die Welt zu verbessern sei, sagt Schwab:
    "Das jährliche Treffen ist in gewisser Weise einmalig, denn es gewährt der weltweiten Gemeinschaft zum Beginn eines Jahres die Möglichkeit einer Bestandsaufnahme, darüber nachzudenken, wo wir stehen und Lösungen zu suchen für die Probleme der Welt."
    Es geht auch um soziale Verantwortung
    Dementsprechend lässt der Themenkatalog keine Wünsche offen: die Auswirkungen der Wahlerfolge populistischer Parteien, wachsende soziale und wirtschaftliche Ungleichheit, Migration, Klimawandel, Terror, die Ungewissheit durch Brexit und Trump. Diskutiert werden sollen politische, soziale und natürlich immer wieder wirtschaftliche Aspekte: Wachstum, globale Zusammenarbeit und eine Reform des Marktkapitalismus. Über allem steht in diesem Jahr das Motto: "Responsive and Responsible Leadership" zu Deutsch "anpassungsfähige und verantwortungsvolle Führung". Da seien Wirtschaftslenker mehr denn je gefragt - erläutert der ehemalige deutsche Wirtschaftsminister Philipp Rösler, inzwischen Vorstandsmitglied beim Weltwirtschaftsforum:
    "Wir haben im ökonomischen Bereich die Frage, wie gehen wir mit der unternehmerischen Verantwortung um. Gibt es eine Verantwortung nur gegenüber meinen Shareholders oder gibt es nicht allen gegenüber eine Verantwortung - der gesamten Gesellschaft. Wir glauben ja, und es gibt gute Beispiele, wo Social Entrepreneurs soziale Themen aufgreifen, aber unternehmerisch lösen. Die wollen wir aufgreifen, die sollen gute Vorbilder sein für Unternehmesführung im Kleinen wie im Großen. "
    Besucher nutzen Netzwerkcharakter
    Kritiker sehen in dem Treffen dagegen nichts als ein extrem aufwändiges Forum für die Anbahnung wirtschaftlicher Beziehungen. Und ganz gewiss dürfte auch das für viele der Wirtschaftsbosse ein Grund sein, nach Davos zu kommen.
    Journalist Jürgen Dunsch, Autor eines gerade erschienenen Buches über das Weltwirtschaftsforum, hebt denn auch den Netzwerkcharakter der Veranstaltung hervor:
    "Es gibt ja Schätzungen von Sozialpsychologen, die sagen, sie können persönliche Kontakte mit ungefähr 150 Leuten halten. Ich wette, der typische Konzernchef, der dort hingeht, kann ungefähr ein Viertel dieser 150, die ihm wichtig sind, in dieser Woche in Davos treffen."
    Eröffnet wird das Treffen heute vom chinesischen Präsidenten Xi Jinping. Erwartet werden auch die britische Regierungschefin May und der neue UNO-Generalsekretär Guterres. Bundeskanzlerin Merkel bleibt Davos das zweite Jahr in Folge fern.