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Israel
Polizei vernimmt Regierungschef Netanjahu

Bei der Vernehmung des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu in der letzten Nacht ging es um den Verdacht der Vorteilsnahme. Dass Generalstaatsanwalt Mandelblit, der den aktuellen Verdacht untersucht, ein Vertrauter Netanjahus ist, lässt Zweifel daran aufkommen, dass eine wirkliche Aufklärung stattfinden wird.

Von Torsten Teichmann | 03.01.2017
    Israels Premier Benjamin Netanjahu mit seiner Frau Sara bei der Feier des US-Unabhängigkeitstags am 30. Juni 2016 in der US-Botschaft in Tel Aviv, Israel.
    Der Verdacht der Vorteilsnahme durch Benjamin Netanjahu und seine Familie ist nicht neu. Hier mit Ehefrau Sara zu den Feierlichkeiten des US-Unabhängigkeitstags am 30. Juni 2016 in der US-Botschaft in Tel Aviv, Israel. (imago / UPI Photo)
    US-Unternehmer Ron Lauder soll Israels Regierungschef Netanjahu einen Anzug geschenkt haben. Und Netanjahus Sohn Yair habe von Lauder einen Auslandsaufenthalt finanziert bekommen, schreibt die Tageszeitung "Haaretz". Insgesamt wird seit dem Wochenende wieder über Geschenke im Wert von mehreren hunderttausend Schekel, andere Geschäftsleute und die Familie Netanjahu spekuliert.
    Doch der Ministerpräsident schloss noch vor der Befragung durch die Polizei jegliches Fehlverhalten aus:
    "Wir haben die Medienberichte bemerkt, auch die Feierstimmung in den Fernsehstudios, bei der Opposition. Ich will ihnen sagen: Wartet mit der Feier, überstützt nichts. Ich habe es einmal gesagt und sage es wieder: Da ist nichts. Ihr werdet weiße heiße Luft rauspusten und wir werden weiter den Staat Israel führen."
    Generalstaatsanwalt im Verdacht, den Ministerpräsidenten zu schonen
    Für Netanjahu ist die Situation nicht neu. Zuletzt waren Vorwürfe aufgetaucht, er habe illegal Wahlkampfspenden von einem französischen Millionär angenommen. Seine Frau Sara war von der Polizei stundenlang befragt worden, wegen des Verdachts, sie habe Steuergelder für private Zwecke benutzt.
    Generalstaatsanwalt Mandelblit untersucht den aktuellen Verdacht der Vorteilsnahme bereits seit vergangenem Sommer. Der ehemalige Kabinettssekretär und Netanjahu-Vertraute stehe immer im Verdacht, den Ministerpräsidenten zu schonen, sagt Rechtsanwalt Eitan Peleg:
    "Eine Sache ist wichtig: Es wird berichtet, dass der Generalstaatsanwalt Mitte Dezember den Regierungschef informierte, dass aus den Untersuchungen ein Ermittlungsverfahren wird, und er mit ihm einen Termin vereinbaren wollte. Aber das ist gar nicht seine Aufgabe. Den Termin vereinbart die Polizei. Und in der Regel werden solche Ermittlungen nicht angekündigt, sondern mit einem Klopfen an der Tür um sechs Uhr der Früh eingeleitet. Wenn sich alles wie ein Kaugummi in die Länge zieht, wird es leichter, Ermittlungen zu stören oder zu täuschen."
    Netanjahu und dessen Anwälte werden argumentieren, die Geschenke habe der Regierungschef als Privatperson erhalten. Doch seit der Verurteilung seines Vorgängers Olmert zu einer Haftstrafe, gehen die Behörden in Israel schneller von Vorteilsnahme aus. Zudem soll Netanjahu in einigen Fällen konkrete Wünsche für teure Geschenke geäußert haben.
    Den Regierungschef vor jeder Form der Ermittlung schützen
    Viel schwerwiegender als die Geschenke sei eine zweite Affäre um die Familie Netanjahu, schreibt die Tageszeitung Haaretz. Sogar strafrechtliche Ermittlungen seien möglich, wird kolportiert. Aber viele Israelis reagieren genervt auf die Spekulationen.
    Der Abgeordnete David Amsalem hat deshalb ein Gesetz eingebracht, dass den Regierungschef vor jeder Form der Ermittlung schützen soll.
    "Ein Premierminister muss respektiert werden. Die Linken unter uns haben immer die Angewohnheit, alles zu zerschlagen und umzudrehen. Ich vertrete den Standpunkt, dass ein Premierminister mein Stolz und der Stolz der ganzen Nation ist, und auf keinen Fall gedemütigt werden darf."
    Nur eines steht fest: Abgeschlossen sind die Ermittlungen auch nach der Befragung des Regierungschefs in der vergangenen Nacht noch nicht.