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IT-Mode
Informationstechnik direkt am Körper

Ein Kleid, das Musik macht, ein T-Shirt, das die Temperatur über Farbe anzeigt - IT-Mode hat mehr Funktion, als seinen Träger anzuziehen. Im Rahmen der Berlin Fashion Week zeigt das Unternehmen Microsoft die Ausstellung "IT Couture". Zu sehen gibt es Kreationen von jungen Designern, die IT an den Körper bringen.

Von Sarah J. Tschernigow | 06.07.2015
    3D-Outfits, Wearable IT, intelligente Stoffe - wenn Mode so kompliziert heißt, dann muss sie anders sein. Die sogenannte IT-Mode ist das "nächste große Ding", meint Christoph Seitz von Microsoft Berlin. Er sagt, Mode hat sehr viel mit IT und Programmieren zu tun. Man denke nur an verschiedene Online-Lösungen für Modeunternehmen:
    "Das sind Hilfen, um mit dem Kunden direkter zu interagieren. Zum Beispiel ein interaktives Schaufenster mit einem Avatar oder ein virtueller Kleiderspiegel, das ist, wenn man sich eher online positionieren will, aber möchte, dass die Leute die Kleidung am eigenen Körper anprobieren können, dann geht das virtuell. Mode aus dem 3D-Drucker ist so ein Beispiel. Dann gibt's viel sensorbasierte Analysen, die Unternehmen heute in ihren Ladengeschäften vornehmen, um die Laufwege von Kunden zu analysieren. Die Mode ist heute schon sehr mit IT durchdrungen."
    Wenn Stoff Musik macht
    Solche Entwicklungen werden in der Ausstellung "IT Couture" auf der Berlin Fashion Week präsentiert. Doch das ist nur die eine Seite. Im Mittelpunkt steht natürlich die Mode selbst; die IT-Mode; technologische Spielereien ganz nah am Körper. Damit ist mehr gemeint, als nur ein Pullover mit einem blinkenden Button auf der Brust. Die 34-jährige Berliner Designerin Esther Zahn zeigt auf der "IT Couture" Kindermode mit "digitalen Komponenten":
    "Ich hab hier meinen Soundstoff mitgebracht. Den hab ich in ein Kinderkleid integriert. Und die Kinder können den Stoff berühren, und dadurch Musik generieren. Da sind sechs Sensoren drin in dem Kleid, und jeder Sensor hat einen Sound. Ich leg jetzt die Hand drauf."
    "Dieses leitfähige Material registriert, ob es berührt wird oder nicht, indem es den Widerstand verändert. Ziel ist es, dass die Kinder etwas erleben mit ihren Kleidungsstücken, die Welt zu entdecken."
    Ein Kleid, das Musik macht, oder ein T-Shirt, das je nach Außentemperatur die Farbe wechselt. Solche technischen Spielereien begeistern nicht nur Kinder. Auch Erwachsene sind fasziniert von solchen Produkten. Zum Teil sieht man sie schon auf der Straße: Man denke an reflektierende Kleidung für Radfahrer oder die trendigen Sportarmbänder, die den Kalorienverbrauch beim Joggen messen. Modedesignerin Esther Zahn sagte, dass heute noch viel mehr möglich ist:
    "Ein Kleid funkeln lassen. Oder man kann es an die Gefühle koppeln. Wenn ich zum Beispiel Herzklopfen habe, könnte das Kleidungsstück anfangen zu leuchten und das signalisieren. Es gibt Textilien, die die Transparenz ändern, also die werden blickdicht oder transparent, je nachdem wie sich die Trägerin oder der Träger fühlt. Also da gibt es unendlich viele Beispiele."
    Transparenz und Datenschutz
    Transparenz ist ein gutes Stichwort. Natürlich soll Mode etwas ausdrücken. Aber ein Kleidungsstück, das meine Gefühlslage erkennt und nach außen trägt? Was kommt als Nächstes? Ein Schuh oder eine Mütze, die meine biometrischen Daten erfasst und mit dem Smartphone und Internet verknüpft? Christoph Seitz von Microsoft versichert, er nehme das Thema Datenschutz ernst, bleibt aber im Fall der IT-Mode gelassen.
    "Das ist Kommunikation, das ist Unterhaltung. Im Grunde ist dein Handy auch nichts anderes als ein Gerät. Vielleicht ein Modeaccessoire! Das ist im Prinzip wie auf Facebook. Du gibst immer das frei, was du freigeben willst. Und wenn du mehr freigibst, dann ist es natürlich auch eine Frage der Medienkompetenz, dass du dich besser aufklärst und es dann nicht tust."
    Die Nachfrage scheint jedenfalls da zu sein, und auf dem Gebiet wird fleißig geforscht. Auch Designerin Esther Zahn will weiter IT-Mode machen. Alles andere wäre ihr zu langweilig.
    "Das ist ein total schönes Spielfeld. Es ist für mich als Designerin die Möglichkeit, Kleidung zu entwerfen, die es noch nicht gab. Mode wiederholt sich. Und ich hab die Möglichkeit etwas zu erschaffen, das es noch nicht gegeben hat. Und das ist echt spannend."