Dienstag, 19. März 2024

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Italien gegen Deutschland bei der Fußball-EM
"Die Angst bei den Zuschauern ist sicher größer als bei den Spielern"

Für die deutsche Bevölkerung und Journalisten sei Italien ein Angstgegner - nicht aber für die Spieler, sagte der Sportpsychologe Jens Kleinert angesichts des anstehenden Viertelfinalduells Deutschland gegen Italien bei der Fußball-EM. Allerdings sei das Spiel auch für die Mannschaft bedeutsamer, weil viel darüber geredet wird.

Jens Kleinert im Gespräch mit Philipp May | 29.06.2016
    Die italienische Fußball-Nationalmannschaft bei einer Trainingseinheit in Lyon (Frankreich).
    Die italienische Fußball-Nationalmannschaft bei einer Trainingseinheit in Lyon (Frankreich). (imago sportfotodienst)
    Es sei nicht so, dass der Gegner gar keine Rolle spiele, sagte der Sportpsychologe Jens Kleinert. Man habe davon gehört, dass Italien ein Angstgegner sei. Angst entstehe jedoch nur, wenn man eine Erfahrung selbst macht oder die Erfahrung anderer ganz nah an sich heranlässt.
    Das Spiel sei aber insofern eine Belastung, weil so viel darüber geredet und weil andauernd danach gefragt werde. Deshalb sei die Partie in ihrer Bedeutsamkeit stärker. Den Spielern sei wichtig, allen zu zeigen, "dass Italien nicht der Angstgegner für die Mannschaft selbst ist".
    Positive Anspannung statt Angst
    Wenn man glaubt, etwas nicht zu schaffen, entstehe Angst. Wenn man hingegen glaube, dass man es schaffen kann, entstehe Vorfreude und "höchstens positive Anspannung", so Kleinert. Den Medien machte Kleinert keinen Vorwurf, das Thema aufzubauschen. "Das Thema ist spannend, natürlich muss man es anschneiden". Es gehe um zwei Nationen, die eine Vergangenheit haben. Da sei es "völlig okay, dass wir mitzittern". Die Angst bei den Zuschauern sei aber sicher größer als bei den Spielern auf dem Feld.
    "Business as usual" für den DFB
    Der DFB-Sportpsychologe Hans-Dieter Hermann werde nach Kleinerts Einschätzungen "Business as usual" machen, sich auf die eigenen Stärken fokussieren sowie darauf, wo die Gegner Schwächen haben. Wenn sie sich optimal auf Gegner und Spiel vorbereiten, sei die Wahrscheinlichkeit umso geringer, dass man sich mit negativen Konsequenzen beschäftigt. Der Fokus müsse auf der optimalen Handlung liegen.
    Was die mentale Schwäche Englands beim Ausscheiden gegen Island betrifft, sagte Kleinert, England und Deutschland könne man kaum miteinander vergleichen. Die deutsche Mannschaft sei taktisch besser aufgestellt, habe den besseren Trainer und sei in Puncto Fähigkeiten und Selbstsicherheit nicht zu vergleichen. Die drei Löwen auf dem englischen Trikot seien ein Maskottchen für schlechte Handlungen.
    Das vollständige Gespräch können Sie als Audio-on-Demand anhören.