Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


"Italien ist nicht mehr ansteckend für die Eurozone"

Ende Januar findet ein weiterer EU-Gipfel zur Bewältigung der Schuldenkrise statt. Im Vorfeld versuchen die großen europäischen Wirtschaftsnationen eine gemeinsame Marschrichtung festzulegen. In Berlin war der italienische Ministerpräsident Mario Monti zu Gast bei Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Von Andreas Baum | 11.01.2012
    Bundeskanzlerin Angela Merkel ist hoch zufrieden mit Italiens Beitrag zur Stabilisierung des Euro. Eine Weile lang hatte das hohe Defizit der Italiener Anlass zur Sorge gegeben, jetzt aber sei das Land auf dem richtigen Weg. In wenigen Tagen sei es Premierminister Mario Monti gelungen, die Entscheidungen zu treffen und Weichen zu stellen in Richtung einer Haushaltskonsolidierung. Auch die nötigen Strukturreformen sind eingeleitet.

    "Sowohl was die Substanz als auch was die Geschwindigkeit dieser Maßnahmen angeht, glaube ich, ist das etwas, was Italien stärken wird, was die wirtschaftlichen Perspektiven verbessern wird, und wir haben dies mit großem Respekt verfolgt, wie schnell auch diese Maßnahmen umgesetzt wurden."

    Außerdem ist die Kanzlerin zuversichtlich, dass der Fiskalpakt zwischen den Euroländern bald beschlossen wird. Angela Merkel hofft, dass der nächste Gipfel Ende Januar den Durchbruch bringt. Außerdem sollen sich die Eurostaaten ihrer Meinung nach mit der Frage befassen, wie Wachstum und Beschäftigung in Europa vorangebracht werden kann. Eine Reihe von Mitgliedern der europäischen Union erwarten von Deutschland, nicht mehr nur zu sparen, sondern auch vermehrt in wachstumsfördernde Maßnahmen zu investieren. Italiens Premier, Mario Monti, versichert, dass auch sein Land für Stabilität und Wachstum in Europa das Nötige tun wird.

    "Man muss sich nicht mehr fürchten vor Italien. Italien ist nicht mehr ansteckend für die Eurozone, das heißt, Deutschland kann mit einem Italien rechnen, das einen Beitrag leisten kann neben Frankreich, Deutschland und den anderen Ländern hin zu einer stabilen Entwicklung in Europa."

    Die Sparmaßnahmen, die Monti eingeleitet hat, werden in Italien als hart empfunden. Er habe mit Angela Merkel auch über den Seelenzustand seiner Landsleute gesprochen, die die Reformen aber insgesamt akzeptieren, dies sei ein Zeichen der Reife. Italien spare nicht etwa für Europa, sondern für sich selbst, was sich Mario Monti zufolge schon bald auszahlen wird, wenn der Zinssatz, zu dem sich das Land Geld leihen muss, wieder sinkt.

    "Die Italiener hoffen, dass vor den vielen Monaten, die noch vergehen, bevor aus einer anderen Politik mehr Wachstum entsteht, dass es davor an den Finanzmärkten zu einer Reduzierung der Zinssätze kommt. Diese hohen Zinssätze waren gerechtfertigt, als die Märkte misstrauisch waren, aber die sind jetzt nicht mehr legitim, wo die Märkte signalisieren, dass sie die Anstrengungen Italien schätzen."

    Die italienischen Staatsschulden belaufen sich auf 1,9 Billionen Euro, das entspricht 120 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Premier Monti ist, anders als sein Vorgänger Silvio Berlusconi, ein Freund der Idee, in der europäischen Union eine Finanztransaktionssteuer einzuführen. Angela Merkel hatte Anfang der Woche für Diskussionen gesorgt, weil sie die Einführung der Steuer auch nur für die 17 Euroländer für möglich gehalten hatte. Großbritannien mit dem Finanzplatz London wäre dann nicht dabei. Heute rudert sie zurück: Dies sei lediglich ihre Privatmeinung gewesen. In der Regierung habe sie, solange die FDP darauf beharrt, dass die Finanztransaktionssteuer in allen 27 EU-Ländern eingeführt werden muss, kein Mandat für andere Wege.

    "Wir sind alle in der Regierung der Meinung, auf der Ebene der 27, das sollten wir versuchen, hier werden wir auch bis März verhandeln. Über die Frage der Einführung in der Eurozone gibt es keine Einigung, und deshalb kann die Regierung auch diese Position nicht vertreten, unbeschadet dessen, was ich vorher gesagt habe."

    Der dauerhafte Eurorettungsschirm ESM wird zu seinem Start Mitte 2012 voraussichtlich nicht auf einen Schlag mit dem kompletten Kapital von 22 Milliarden Euro aufgefüllt, sondern, wie die Kanzlerin andeutet, in mehreren Raten.