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Italien nach der Wahl
Die Hängepartie geht weiter

Vor sechs Wochen hat Italien gewählt, doch eine Regierungsbildung ist nicht in Sicht. Die Parteichefs streiten noch um den Wahlsieg: Die Mitte-rechts-Lega ist stärkste Koalition, die Fünf-Sterne-Bewegung stärkste Einzelpartei - und die schließt eine Regierungsarbeit mit Berlusconi kategorisch aus.

Von Jan-Christoph Kitzler | 14.04.2018
    Sergio Mattarella unter einem Wandleuchter.
    Auch sechs Wochen nach der Wahl ist Staatspräsident Sergio Mattarella mit der Regierungsbildung noch keinen Schritt weiter (AFP / FILIPPO MONTEFORTE)
    Auch sechs Wochen nach der Parlamentswahl ist der Wille unter Italiens Parteien, eine Regierung zu bilden, noch nicht besonders ausgeprägt. Staatspräsident Sergio Mattarella, der die Aufgabe hat, mögliche Mehrheiten zu sondieren und am Ende einen Regierungsauftrag zu erteilen, ist um sein Amt nicht zu beneiden. Schon zum zweiten Mal hat er sich mit den im Parlament vertretenen Parteien beraten, um am Ende zerknirscht festzustellen:
    "Nach den Beratungen dieser Tage ist klar, dass es keine Fortschritte gibt im Streit zwischen den Parteien, um im Parlament eine Regierungsmehrheit zu bilden. Ich habe den politischen Kräften deutlich gemacht, dass unser Land eine voll funktionsfähige Regierung braucht."
    Streit der Parteichefs um den Wahlsieg
    Mattarella und italienische Medien hatten in den letzten Tagen den Druck noch einmal erhöht. Angesichts der sich verschärfenden Syrien-Krise, angesichts des Streits mit den USA um Strafzölle, die auch Italien treffen könnten, brauche es politische Führung, gestützt von einer Mehrheit im Parlament, hieß es aus dem Quirinalspalast, dem Sitz des Staatspräsidenten.
    Sonderlich beeindruckt hat das die Chefs der Parteien nicht. Noch immer streiten sie sich darum, wer eigentlich die Wahl gewonnen hat. Das Mitte-rechts-Lager mit der rechtsextremen "Lega" von Matteo Salvini, "Forza Italia" von Silvio Berlusconi und den neofaschistischen "Fratelli d’Italia" kann für sich in Anspruch nehmen, nach der Wahl die stärkste Koalition zu sein. Zur Mehrheit recht es mit um die 37 Prozent zwar nicht, trotzdem die Botschaft der Einheit von Matteo Salvini:
    "Mitte-rechts ist bereit, diese Verantwortung gemeinsam anzunehmen. Das heißt, mit allen Parteien des mitte-rechts-Lagers, Lega, Forza Italia und Fratelli d’Italia. Damit wir eine Regierung auf hohem Niveau bekommen, die lange im Amt und in Europa und in der Welt glaubwürdig ist. Mit einem von der Lega benannten Regierungschef, denn die Lega ist die stärkste Kraft der Koalition, die die Wahl gewonnen hat."
    Fünf-Sterne-Bewegung schließt Regierungsarbeit mit Berlusconi aus
    Doch die Fünf-Sterne-Bewegung nimmt für sich in Anspruch, mit rund 32 Prozent die stärkste Einzelpartei zu sein und deshalb den Regierungschef stellen zu können. Wenn die Strategie der Fünf Sterne war, einen Keil in das Mitte-rechts-Bündnis zu treiben, so ist sie bisher nicht aufgegangen. Trotzdem zeigt sich der Spitzenkandidat Luigi di Maio kompromisslos:
    "Wir sehen nur eine Möglichkeit, um den Knoten zu lösen. Silvio Berlusconi müsste einen Schritt zur Seite und den Weg frei machen für eine Regierung des Wandels. Wenn das Mitte-Rechts-Lager bei seinem Schema bleibt, dann gibt es von uns wie immer nur eine Antwort: Es kann keine Regierung der Fünf-Sterne Bewegung mit Berlusconis Forza Italia geben."
    Berlusconis skurriler Auftritt
    Apropos Berlusconi: Er gab beim gemeinsamen Auftritt eine besonders skurrile Figur ab. Einerseits musste er Matteo Salvini, dem Chef der stärksten Partei im Bündnis, den Vortritt lassen. Zu dessen Worten gestikulierte er aber mit wie ein Dirigent und bewegte die Lippen, wie um zu zeigen, wer im Hintergrund die Strippen zieht. Und ein Schlusswort konnte er sich vor den versammelten Journalisten dann auch nicht verkneifen:
    "Seid brav, unterscheidet, wer ein echter Demokrat ist und wer noch nicht mal das ABC der Demokratie kennt. Das müsste man offen allen Italienern sagen."
    Staatspräsident Mattarella ist indes noch keinen Schritt weiter. Er hat sich ein paar Tage Bedenkzeit ausgebeten. Danach will er verkünden, wie es bei dieser komplizierten Regierungsbildung in Italien weitergehen soll.