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Italien
Wie ein Computerunternehmen das antike Herculaneum rettet

Seit vielen Jahren finanzieren ausländische Mäzene archäologische Grabungen in Süditalien. So wird das Herculaneum seit zwölf Jahren vom US-amerikanische Unternehmer David W. Packard finanziert. 20 Millionen Euro steckte Packard bisher in die antike Stadt.

Von Thomas Migge | 21.06.2014
    Der Hafen der antiken Stadt Herculaneum (Ercolano). Die Stadt wurde 79 v. Chr. durch den Vulkan Vesuv zerstört.
    De Hafen der antiken Stadt Herculaneum (Ercolano). Die Stadt wurde 79 v. Chr. durch den Vulkan Vesuv zerstört. (AFP/Mario Laporta)
    "Wir wissen, dass die Situation schwierig ist, dass seit Jahren das Budget meines Ministeriums gekürzt wird. Deshalb gehe ich davon aus, dass diese abschließenden Restaurierungsarbeiten hier schnell einen Mäzen finden werden, denn immerhin handelt es sich um eines der bekanntesten Kulturgüter weltweit, das ja allen gehört."
    Italiens Kulturminister Dario Franceschini hofft, dass ein Unternehmen die erforderlichen knapp 31 Millionen Euro Kosten übernehmen wird, die für die abschließenden Arbeiten am sogenannten Goldenen Haus von Kaiser Nero in Rom, eine grandiose heute unterirdisch gelegene Palastanlage, erforderlich sind. Wie im Fall des Kolosseums - für das ein Lederwarenunternehmen 25 Millionen Euro locker machte.
    Privates italienisches Mäzenatentum für staatliche Kulturgüter: In Italien ist das eher eine Ausnahme. Seit vielen Jahren hingegen finanzieren ausländische Mäzene archäologische Grabungen in Süditalien. Zum Beispiel in Herculaneum. Die antike Stadt war bevorzugter Ferienort der antiken Schickeria. 79 nach Christus ging sie im Aschenregen des Vesuv unter - wie Pompeji. Seit zwölf Jahren finanziert der US-amerikanische Unternehmer David W. Packard, der selbst gern Archäologe geworden wäre, fast die gesamtem Grabungsarbeiten: 20 Millionen Euro ließ er sich das bisher kosten. Dazu Domenico Camardo, Chefarchäologe des "Herculaneum Conservation Project":
    "Herculaneum ist derjenige Ort, an dem sich Holz aus der Antike am besten erhalten hat, zum Beispiel findet sich hier das einzige noch existierende Dach einer Villa. Die zum Teil gut erhaltenen Villen werden seit dem späten 18. Jahrhundert ausgegraben. Unsere Aufgabe ist es, diese Schätze zu bewahren. Eine kostspielige und zeitaufwendige Arbeit. Dank des Packard-Projekts können wir in Herculaneum diese antiken Welt von allen Seiten erforschen."
    Wozu weder die moderne Stadt selbst, noch die klamme Region Kampanien oder auch das römische Kulturministerium das nötige Geld haben. Regierungschef Matteo Renzi hat das Budget des Kulturministeriums, knapp ein Prozent des jährlichen Gesamthaushaltes, zwar nicht weiter gekürzt, aber auch nicht angehoben. Ohne den amerikanischen Geldgeber würden die Grabungsstätten in Herculaneum, davon sind Archäologen wie Domenico Camardo überzeugt, genauso vor sich hin gammeln wie die im benachbarten Pompeji. Bevor sich der Mäzen präsentierte waren etwa zwei Drittel der ausgegrabenen Gebäude nicht zu besichtigen: Sie drohten einzustürzen, weil die Finanzmittel zur Instandhaltung fehlten.
    Während des Vesuvausbruchs 79 nach Christus ging auch der vornehme antike Villenort Stabiae unter. Stabiae gehört heute zum Seebad Castellamare di Stabia. Auch hier finanzieren seit Jahren Amerikaner die Grabungen. Vorher hatten diese so gut wie brach gelegen. Die Stiftung "Restoring Ancient Stabiae", kurz RAS, die zur US-Universität in Maryland gehört, organisiert fast das komplette archäologische Grabungsgebiet in der nur 7 km von Pompeji entfernten Ortschaft. 140 Millionen Euro steht der RAS-Stiftung für die Arbeiten zur Verfügung. Archäologe Thomas Howe koordiniert das Projekt in Stabiae:
    "1998 wurde diese Stiftung geschaffen um in Stabiae ein nachhaltiges archäologisches Projekt zu beginnen, das ganz generell alle Bereiche umfasst: Grabungen, Restaurierungen, aber vor allem den Erhalt der antiken Gebäude - die von uns ausgegraben werden".
    Wie in Herculaneum arbeiten auch in Stabiae die Experten der privaten US-Stiftung eng mit den archäologischen Behörden vor Ort zusammen. Sind sie es doch, die sämtliche Eingriffe an staatlichen und kommunalen Grabungsstätten prüfen und absegnen müssen.
    Auch in Rom wird antikes Erbe von Ausländern vor dem Verfall gerettet. Die Restaurierung der unansehnlich gewordenen Cestiuspyramide, errichtet zwischen den Jahren 18 und zwölf vor Christus als Grabmal für den Volkstribun Caius Cestius Epulo, wird derzeit komplett durch einen japanischen Unternehmer finanziert.
    Seit Kurzem können auch italienische Mäzene ihre Spenden bis zu 65 Prozent von der Steuer absetzen: eine gesetzliche Neuregelung der Regierung von Matteo Renzi, um das italienische Mäzenatentum anzukurbeln. Jetzt werden hoffentlich auch italienische Unternehmen verstärkt Finanzmittel zum Erhalt und zur Rettung der Kulturgüter ihres Landes zur Verfügung stellen. Wie zum Beispiel die jetzt dringend erforderlichen 31 Millionen Euro - damit das Goldene Haus von Kaiser Nero bald wieder für die Öffentlichkeit zugänglich sein wird.