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Italienischer Geiger Niccolò Paganini
175. Todestag des "Hexenmeisters" der Violine

Er war der wohl erste Superstar der Musikgeschichte: Der Geiger und Komponist Niccolò Paganini wird bis heute bewundert als einer der größten Virtuosen aller Zeiten. Vom Vater zum Wunderkind gedrillt, entwickelte er überwiegend autodidaktisch seine einzigartige Technik und revolutionierte das Geigenspiel.

Von Michael Stegemann | 27.05.2015
    Der italienische Geiger Niccolo Paganini.
    Sein Tod war eine Erlösung, auch wenn sein dämonischer Ruf ihn überlebte: Der italienische Geiger Niccolò Paganini. (imago)
    Nein, es hatte ihn nicht der Teufel geholt – obwohl viele das glaubten und einige sogar behaupteten: Niccolò Paganini, der "Hexenmeister" der Violine, starb am 27. Mai 1840 in Nizza an den Folgen eines Blutsturzes. Es war das Ende eines 57-jährigen Lebens zwischen den höchsten Höhen des Ruhms und den tiefsten Tiefen der Verzweiflung – bestaunt und bewundert als einer der größten Virtuosen seiner Zeit und aller Zeiten, gefangen in einem Gestrüpp der Lügen und Legenden, die bis heute die Biografie überwuchern. Schon Franz Liszt berichtete davon in seinem "Nekrolog":
    "Sein unerklärliches Genie wollte man nur durch noch unerklärlichere Tatsachen begreifen, und wenig fehlte zu der Vermutung, dass er seine Seele dem Bösen verschrieben und jene vierte Saite, der er so bezaubernde Weisen zu entlocken wusste, der Darm der Gattin sei, die er eigenhändig erwürgt habe."
    Zwischen höchstem Ruhm und tiefster Verzweiflung
    Niccolò Paganini wurde am 27. Oktober 1782 in Genua geboren. Vom Vater zum Wunderkind gedrillt, bildete er seine einzigartige Technik überwiegend autodidaktisch aus und revolutionierte das Geigenspiel wie kein anderer vor oder nach ihm. Liszt, Chopin, Schumann oder Berlioz folgten seinem Beispiel als Virtuosen wie als Komponisten. Hinzu kam seine Bühnenerscheinung: hager, finster, stets ganz in Schwarz gekleidet – so wie ihn etwa Heinrich Heine erlebt hat:
    "Eine dunkle Gestalt, die der Unterwelt entstiegen zu sein schien. In den eckigen Krümmungen seines Leibes lag eine schauerliche Hölzernheit und zugleich etwas närrisch Tierisches, dass uns bei diesen Verbeugungen eine sonderbare Lachlust anwandeln musste; aber sein Gesicht, das durch die grelle Orchesterbeleuchtung noch leichenartig weißer erschien, hatte alsdann so etwas Flehendes, so etwas blödsinnig Demütiges, dass ein grauenhaftes Mitleid unsere Lachlust niederdrückte."
    Paganini spielte ausschließlich eigene Werke
    Nach einigen Jahren als Konzertmeister des Orchesters von Lucca war Paganini nach 1810 fast ununterbrochen auf Tournee kreuz und quer durch Europa – zeitweise mit seiner Geliebten, der Sängerin Antonia Bianchi. Ihr gemeinsamer Sohn Achille blieb nach der Trennung der Eltern beim Vater und wurde dessen Universalerbe. Paganini spielte ausschließlich eigene Werke: Sonaten, brillante Variationen oder eines seiner wenigstens sechs Konzerte – wie das berühmte zweite mit dem Beinamen "La campanella", "das Glöckchen".
    Dabei übertönte der geradezu hysterische "Hype" seiner Auftritte beim breiten Publikum oft die Ernsthaftigkeit und Schönheit seiner Musik und seines Spiels. Er habe in einem Konzert-Adagio Paganinis "einen Engel singen gehört", schrieb etwa Franz Schubert, der Paganini 1828 in Wien hörte.
    Sein dämonischer Ruf überlebte ihn
    Nur seine 24 Capricen für Violine solo – die 'Bibel' des modernen Geigenspiels – hat Paganini selbst offenbar nie öffentlich gespielt. Über allem lag der Schatten lebenslanger Krankheit: Sein Arzt Bennati berichtete von einer frühen Masern-Enzephalitis, in späteren Jahren kamen Syphilis und eine Kehlkopftuberkulose hinzu, die ihm die Stimme raubte, und schließlich eine Nekrose des Unterkiefers. Sein Tod war eine Erlösung, auch wenn sein dämonischer Ruf ihn überlebte: Die Kirche verweigerte ihm ein christliches Begräbnis.