Jadal - Kontroverse

Ein Zufluchtsort in Amman

Syrische Künstler in Jadal.
Syrische Künstler in Jadal. © Christoph Burgmer
Von Christoph Burgmer · 27.10.2015
Jadal ist ein Haus im Zentrum von Amman. Es gibt ein kleines Café, eine Galerie und einige Räume für Sprachkurse und Workshops. Die Macher sind ehemalige Aktivisten des Arabischen Frühlings. Ihre Vision: Räume für Initiativen, Künstler und Aktivisten zur Verfügung zu stellen, ohne die inhaltliche Kontrolle durch den jordanischen Staat oder die Abhängigkeit von privaten Geldgebern.
Wer im Nahen Osten ein solches Projekt verwirklicht, ist permanent von Zensur, Diffamierung und Gefängnis bedroht. Trotzdem besteht Jadal - zu Deutsch Wissen oder Kontroverse - nun seit fast drei Jahren, vor Kurzem gab es die langersehnte behördliche Genehmigung. Jadal ist für viele ein letzter Ort der Hoffnung in einer von Krieg und Vertreibung, von autoritärer Herrschaft und wirtschaftlicher Repression beherrschten Region.
Der Betreiber, Fadi, ist 33 Jahre alt. Er sagt: "Eines der wichtigsten Ziele von unserem Kulturcafé Jadal ist die Herstellung einer Community. Ein anarchistisches Modellprojekt ohne Hierarchien. Es ist ein Experiment, um zu sehen, ob es funktioniert. Kann man eine solche, wenn auch kleine Gemeinschaft im Jadal aufbauen?" Doch solche Experimente sind auch in Jordanien politisch brisant. Die Behörden legen ihm Steine in den Weg, immer wieder werden Lügen über ihn oder das Café verbreitet.
Spielende Kinder in Jadal.
Spielende Kinder in Jadal.© Christoph Burgmer
Auch in Jordanien kam es wie in anderen arabischen Ländern zu Protesten gegen die Regierung. Anders jedoch als in Ägypten und Tunesien gab es 2011 kaum Forderungen nach dem Sturz des Regimes. Das Königshaus reagierte besonnen. Jede Machtdemonstration und der Einsatz von Gewalt gegen Demonstranten wurde vermieden. Doch bis heute sind die Spannungen in der Gesellschaft spürbar. Über 35 Prozent der Bevölkerung sind unter 15 Jahre. Es leben fast 1,5 Millionen Flüchtlinge aus dem Irak, Syrien und Libanon sowie fast eine Millionen Arbeitsmigranten, zumeist illegal beschäftigt, in Jordanien. Von den knapp 6,5 Millionen Einwohnern sind fast 40 Prozent palästinensischer Herkunft. In der Hauptstadt Amman bilden sie mit fast 90 Prozent die Bevölkerungsmehrheit.
Das Kulturcafé Jadal bietet sehr viel Unterstützung für syrische Flüchtlinge an. So gibt es beispielsweise für Mütter und Kinder Kurse und Betreuung. Doch der Preis für die Hilfe ist hoch: In den vergangenen drei Jahren haben sich 15.000 Euro Schulden angehäuft.
In dem Porträt des Projekts zeichnet der Autor Christoph Burgmer die tiefen Verletzungen, aber auch Träume einer jungen arabischen Generation nach, deren ziviles, gesellschaftliches Engagement bis heute mit aller Gewalt bekämpft wird.
Das Manuskript zum Nachlesen:
Produktion: DLF 2015
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