Freitag, 19. April 2024

Archiv

Jahresbericht der Bundesbank
Wie stabil ist das deutsche Finanzsystem?

Die Royal Bank of Scotland hat den jüngsten europäischen Bankenstresstest knapp bestanden. Europäische Bankenaufsicht und Zentralbank hatten die Tests durchgeführt, um das Vertrauen in die Bilanzen der Institute wiederherzustellen. Wie stabil das deutsche Finanzsystem ist, beschäftigt auch die Deutsche Bundesbank.

Von Michael Braun | 25.11.2014
    Die Zwillingstürme der Deutschen Bank in Frankfurt am Main
    Die Zwillingstürme der Deutschen Bank in Frankfurt am Main (Andreas Arnold, dpa picture-alliance)
    Gut, den europäischen Stresstest haben die deutschen Banken alles in allem bestanden. Fehler oder andere Schwierigkeiten sind danach bislang nicht aufgetaucht. Aber das sollte niemanden einlullen. Die Bundesbank macht auf Risiken für die Finanzstabilität aufmerksam. Viele rühren von den niedrigen Zinsen her. Claudia Buch, die Vizepräsidentin der Bundesbank, sagte heute, "dass wir im aktuellen Niedrigzinsumfeld Anreize für die Marktteilnehmer haben, höhere Risiken einzugehen."
    Ihr Team hat etwa den Markt für Unternehmensanleihen untersucht. Unternehmen mussten im langjährigen Schnitt etwa 0,7 Prozentpunkte mehr Zinsen zahlen als der deutsche Staat. Derzeit beträgt der Aufschlag aber weniger als 0,4 Prozentpunkte.
    "Und das ist natürlich ein Hinweis darauf, dass Risiken unterschätzt werden in diesem Marktsegment. Gerade vor dem Hintergrund der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung muss man diese Aussage treffen."
    Immobilienmärkte ohne Blasen
    Auf den Aktienmärkten zeigten sich Überbewertungen weniger eindeutig. Allerdings dürften sich die Börsen nicht an den Niedrigzins als Normalzustand gewöhnen. Dasselbe gilt für die Immobilienmärkte. Hier hat die Bundesbank deutliche Preisbewegungen festgestellt, spricht aber nicht von einer Blase. Claudia Buch:
    "Wir sehen eben auch gerade in den Großstädten in den vergangenen Jahren seit 2008 einen Anstieg der Preise um gut ein Drittel in den am stärksten betroffenen Großstädten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Köln, München und Stuttgart."
    Daraus müssten nicht automatsch Risiken erwachsen. Schließlich hätten die Banken die Standards der Kreditvergabe kaum gelockert. Doch meist falle ein Preisrutsch am Immobilienmarkt mit anderen Krisen zusammen – dann könnten ausfallende Kredite und dahin schmelzende Sicherheiten für die Banken zu einer "erheblichen Belastung" werden. Dies umso mehr, wenn sich Banken vom niedrigen Zinsumfeld zu verstärkter Kreditvergabe verführen ließen. Bundesbankvorstand Andreas Dombret:
    "Höher verzinsliche Kredite laufen aus und müssen dann durch niedriger verzinste Kredite ersetzt werden. Da eine Senkung der Einlagenzinsen in vielen Fällen ja kaum noch möglich ist, könnte eine Ausweitung des Kreditgeschäfts in Betracht gezogen werden. Dauert das Niedrigzinsumfeld noch eine Weile an, könnte das besonders bei ertragsschwachen Instituten zu einer erhöhten Risikoneigung führen."
    Was tun? Vor allem Eigenkapital bilden, rät die Bundesbank, um Risiken abzupuffern. Dies auch, indem Gewinne einbehalten und nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Und das Geschäftsmodell ändern: Mehr Geschäfte anbieten, die Provisionen bringen, um die Abhängigkeit vom Zinsgeschäft zu senken.