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Jahresbericht Welthungerhilfe
Kampf gegen den Hunger wird schwieriger und gefährlicher

Klimawandel, Krieg, instabile politische Verhältnisse – die weltweite Arbeit der Deutschen Welthungerhilfe wird immer schwieriger und gefährlicher für die Helfer vor Ort. Die Vorstellung ihres Jahresberichts verband die Hilfsorganisation auch mit einer Forderung an die Bundesregierung.

Von Anja Nehls | 26.06.2019
Helfer verteilen Lebensmittel nahe Bebedo in Mosambik nach dem Zyklon Idai.
Zyklon Idai hat in Mosambik, Malawi und Zimbabwe auch die Ernten für die kommenden Monate vernichtet (picture alliance / Zuma Wire)
Die Folgen des Klimawandels machen die Bekämpfung des Hungers in der Welt immer schwieriger, so Marlen Thieme, von der Welthungerhilfe. Die Organisation spüre die Folgen des weltweiten Anstiegs der Temperaturen immer häufiger in der täglichen Arbeit, besonders in Afrika:
"Der Zyklon Idai, hat vor drei Monaten in Mosambik, Malawi und Zimbabwe nicht nur Häuser, Schulen und Straßen zerstört, sondern vor allem die Felder und damit die Ernten für die kommenden Monate vernichtet. Die Wissenschaftler prognostizieren in den kommenden Jahrzehnten drastische Ernterückgänge, die Ausdehnung von Trockengebieten und abnehmende Fischbestände."
Klimawandel macht Umdenken nötig
Nötig seien Frühwarnsysteme, Wetterversicherungen, dürretaugliches Saatgut und neue Anbaumethoden. Zudem sollten die reichen Länder, die hauptsächlich für die Klimakrise verantwortlich seien, betroffenen armen Ländern helfen. Durch den Anbau von Energiepflanzen für Industrieländer könnten allerdings viele Länder nicht mehr genug Nahrung für die einheimische Bevölkerung anbauen. Auch in Deutschland müsse umgedacht werden:
"22 Millionen Hektar Ackerland müssen für unseren Konsum weltweit bewirtschaftet werden, davon werden nur 12 Millionen Hektar durch die Produktion hier in Deutschland gedeckt. Den Rest müssen Flächen im Ausland bereitstellen. So beziehen wir Futtermittel aus Brasilien, aus Argentinien und Palmöl aus Indonesien, Malaysia und Papua Neuguinea."
Marlehn Thieme, Präsidentin der Welthungerhilfe und Mathias Mogge, Generalsekretär der Welthungerhilfe, stellen den Jahresbericht 2018 vor
Marlehn Thieme, Präsidentin der Welthungerhilfe und Mathias Mogge, Generalsekretär der Welthungerhilfe, stellen den Jahresbericht 2018 vor (Welthungerhilfe / Maurice Weiss)
Die Welthungerhilfe hat im vergangenen Jahr rund 10,5 Millionen Menschen in 37 Ländern unterstützt, die meisten davon in Afrika. Schwerpunkte waren Burundi, Liberia, die Zentralafrikanische Republik und Zimbabwe, aber auch die Republik Kongo, wo die Ebola Epidemie noch immer nicht überwunden ist, sagt Matthias Mogge von der Welthungerhilfe:
"Mit der Nothilfe unterstützen wir intern Vertriebene zum Beispiel durch die Bereitstellung von Trinkwasser, Zeltplanen, Moskitonetzen, Dingen, die zum täglichen Überleben notwendig sind. Die Familien, die wieder in ihre Dörfer zurückgekehrt sind erhalten Saatgut und landwirtschaftliche Werkzeuge, um wieder beginnen zu können, ihre Felder zu bestellen."
Gefährliche Arbeit in Krisenregionen
Dabei führen Epidemien, Kriege, bewaffnete Auseinandersetzungen und instabile politische Verhältnisse zu immer schwierigeren Bedingungen für die Helfer. Es gebe häufig keinen direkten Zugang zu den betroffenen Menschen, teilweise habe man Mitarbeiter sogar abziehen müssen:
"In der Sahelregion haben wir das in Mali, aber auch im Niger erfahren. Auch lokale Mitarbeiter konnten teilweise aufgrund von Kämpfen, und - das ist ein ganz wichtiger Grund - einer hohen Entführungsgefahr nicht in unsere Projektgebiete fahren. Auch in Syrien und im Jemen sind die Arbeitsbedingungen unserer lokalen Partner enorm schwierig. Hier kommt hinzu, dass zivile Ziele, wie Krankenhäuser und Schulen im Krieg bewusst angegriffen werden. "
Über 210 Millionen Euro standen der Welthungerhilfe im vergangenen Jahr für Hilfsprojekte zur Verfügung. 150 Millionen Euro kamen unter anderem über das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und andere öffentliche Stellen, über 50 Millionen Euro stammten aus Spenden. Die Welthungerhilfe fordert jetzt, dass der Koalitionsvertrag eingehalten wird und der Etat für Entwicklungszusammenarbeit im gleichen Maße steigt wie die Ausgaben für Verteidigung. Außerdem solle die Einhaltung des Menschenrechts auf Nahrung verbindlicher Bestandteil von Nachhaltigkeitsstrategien sein.