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Jahresbilanz der Elektroindustrie
Enorme Umsätze, zuwenig Fachkräfte

Die Elektroindustrie in Deutschland meldet Höchstwerte bei Umsatz und Beschäftigung. Doch der Boom hat auch eine Kehrseite. Es fehlen Fachkräfte. Außerdem sehen die Unternehmer im zunehmenden Protektionismus einiger Länder - allen voran der USA - große Risiken.

Von Mischa Ehrhardt | 24.01.2018
    Zwei Männer arbeiten an einem Industrieroboter
    Die Elektroindustrie in Deutschland boomt, schaut aber mit Sorge nach Amerika (imago / Westend61)
    Die Wirtschaft brummt, die Exporte eilen von einem Rekord zum nächsten und die Auftragsbücher sind prall gefüllt - die deutsche Elektroindustrie steht unter Strom!
    "Das Jahr 2017 ist für die Elektroindustrie außerordentlich gut gelaufen", sagt Klaus Mittelbach, der Chef des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektroindustrie, kurz ZVEI. "Wir haben Höchstwerte bei Umsatz und Beschäftigung. Und wir haben sozusagen die "Scharte" der Finanz- und Wirtschaftskrise endgültig ausgewetzt, und der Blick kann weiter nach vorne gerichtet werden."
    870.000 Menschen hierzulande beschäftigt
    Das kommt auch dem deutschen Arbeitsmarkt zu Gute, immerhin sind in der Branche knapp 870.000 Menschen hierzulande beschäftigt - Tendenz steigend. Allerdings hat die boomende Konjunktur für die Elektroindustrie in Deutschland auch eine Kehrseite: Denn die Unternehmen bekommen zunehmend Probleme, freie Stellen neu zu besetzen, kurz: Der Fachkräftemangel wirkt sich in der Elektroindustrie negativ aus. Mittlerweile, so beklagt der ZVEI, haben sich fehlende Fachkräfte zum Produktionshemmnis entwickelt. Der Verband schätzt, dass ein stärkeres Wachstum möglich wäre, wenn genügend Fachleute zur Verfügung stünden. Das könnte Unternehmen in Zukunft zum Handeln veranlassen, meint Klaus Mittelbach:
    "Man muss auch damit rechnen, dass Unternehmen sich dann gegebenenfalls andere Standorte suchen, um Ihre Aufträge erfüllen zu können. Also hier ist auch Wettbewerb, internationaler Wettbewerb um die Standorte. Es geht also nicht nur um die Energiekosten, für uns geht es auch um qualifiziertes Personal."
    Exporte um zehn Prozent gestiegen
    Stark angezogen übrigens haben in der Elektroindustrie auch die Exporte. Im vergangenen Jahr sind sie um rund zehn Prozent gestiegen. China ist unter den einzelnen Ländern das Exportziel Nummer 1, dahinter folgen die USA und Frankreich. Betrachtet man die Weltregionen ist aber Europa nach wie vor der mit Abstand wichtigste Markt für die Elektrobranche - zwei Drittel des Handels bestreiten die Unternehmen mit Ländern Europas.
    Der geplante Brexit hat sich bislang noch nicht negativ ausgewirkt - er gehört aber zu den potentiellen Risiken, die der Verband sieht. Dazu gehören zudem steigende Zinsen in den USA und irgendwann auch in Europa oder geopolitische Risiken. ZVEI-Chefvolkswirt Andreas Gontermann: "Es gibt eine ganze Menge an Risiken, insoweit steht auch unsere Prognose unter dem Vorbehalt, dass ich der Welt wirtschaftlicher Aufschwung auch in 2018 noch fortsetzen wird."
    Sorgen bei Chefvolkswirt Gontermann
    Ein weiteres Risiko sieht Gontermann im zunehmenden Protektionismus einiger Länder - allen voran der USA mit der von Donald Trump ausgerufenen America-First-, also Amerika-Zuerst-Politik. Vor Abreise nach Davos hat Trump seine Drohungen wahr gemacht und Einfuhrzölle auf Waschmaschinen und Solarzellen verhängt. Solche Schritte betrachtet Chefvolkswirt Andreas Gontermann mit Sorge.
    "Das betrachten wir schon mit Sorge. Hier einseitig vorzugehen, das birgt ein hohes Risiko dahingehend, dass andere zu Vergeltungsmaßnahmen herausgefordert werden könnten, an dessen Ende ein Vergeltungswettlauf und einer Abwärtsspirale steht, von der dann alle negativ betroffen sind."