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Jahresrückblick 2014
Der lange Weg zur Frauenquote

Kurz vor Jahresende konnte Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) noch einen Erfolg verkünden: Das Kabinett hat ihr Gesetz zur Frauenquote beschlossen. Vor allem die CSU hatte lange versucht, sich dagegen zu wehren - am Ende gab ein CDU-Politiker der Quote ungewollt den letzten Schub.

Von Katharina Hamberger | 29.12.2014
    Manuela Schwesig, Bundesministerin für Familie, hier in der Bundespressekonferenz
    Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) hat die Frauenquote im Kabinett durchgesetzt. Das Gesetz muss noch den Bundestag passieren. (imago/Metodi Popow)
    Der 11. Dezember 2014 muss für die Sozialdemokratin Manuela Schwesig ein guter Tag gewesen sein:
    "Unser Grundgesetz sagt, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern muss hergestellt werden, Politik muss das aktiv befördern. Und das tun Herr Maas und ich heute mit dem Gesetz."
    Die Familienministerin konnte zusammen mit Justizminister Heiko Maas, SPD, endlich verkünden, dass ihr Gesetz zur Frauenquote vom Kabinett beschlossen worden ist.
    Einfach war der Weg bis dahin nicht. Es war im Juni dieses Jahres - da kursierte der erste Entwurf. Aber dabei blieb es nicht. Es brauchte fünf weitere Entwürfe, bis die Union auch mit im Boot war. Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD steht, dass ab 2016 die Aufsichtsräte von voll mitbestimmungspflichtigen und börsennotierten Unternehmen bei Neubesetzung eine Geschlechterquote von 30 Prozent aufweisen sollen.
    Die Union empfand das Gesetz als zu weitgehend, befürchtete dadurch Probleme für die Wirtschaft, kritisierte auch die Dokumentationspflicht als zu umfangreich, forderte Ausnahmen und hatte Bedenken, was die Sanktion durch das Freibleiben eines Stuhles betrifft, wenn die Quote nicht erreicht wird – obwohl Letzteres auch im Koalitionsvertrag steht.
    CSU-Parteichef Horst Seehofer sagte, seine Partei müsse eisern bleiben, es gehe nicht um die Quote an sich, sondern um das, was daraus gemacht werde. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion sprach davon, dass es keine weitere Belastung der Wirtschaft durch die Frauenquote geben dürfe. CSU-Landegruppenchefin Gerda Hasselfeldt formulierte ähnliche Bedenken, forderte, nochmal das Gesetz genau zu prüfen und zu überlegen, sich mit der Einführung der Quote Zeit zu lassen. Und der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, Peter Ramsauer, ebenfalls CSU, ließ seiner Meinung zu einer Quote dann im Deutschlandfunk freien Lauf:
    "Meine Töchter sagen mir: Was macht ihr da eigentlich? Wir sind Manns und Frau genug, dass wir mit guter Qualifikation uns durchsetzen. Ich nehme das sozusagen als Diktum mal hin. Aber es gibt natürlich technische Probleme bei der Umsetzung. Das würde an vielen Punkten dazu führen, dass Männer schlicht und einfach aus Führungspositionen hinausgedrängt, hinausgeworfen werden müssen."
    Kritik, die die Familienministerin irgendwann nicht mehr nachvollziehen konnte:
    "Ich habe den Eindruck, dass viele Kritikpunkte eher vorgeschoben sind. Dass es hier eher um eine grundsätzliche Ablehnung geht. Es ist so, dass nicht bei allen beim Koalitionspartner die Frauenquote sozusagen beliebt ist. Aber ich finde die letzten Widerstände müssen jetzt aufgegeben werden."
    Rückendeckung von der Kanzlerin
    Rückendeckung bekam Schwesig dann von ganz oben: Bundeskanzlerin Angela Merkel, CDU, machte den Versuch, ein Machtwort zu sprechen, das hauptsächlich an ihre eigene Partei und die CSU gehen sollte:
    "Es ist jetzt so beschlossen und jetzt wird es auch so gemacht. Und dann wird, wie man aus anderen Ländern weiß, werden die Dinge weitergehen. Und wir werden dann plötzlich feststellen, dass das Leben auch nicht beschwerlicher geworden ist."
    Das half aber nichts. Die Debatte hielt weiter an, ein Koalitionsgipfel, um das Thema zu klären, wurde vereinbart. Am Morgen des Gipfeltages Ende November, erreichte der Streit jedoch seinen Höhepunkt mit einem Fernsehinterview des Unions-Fraktionschef Volker Kauder:
    "Frau Familienminister soll nicht so weinerlich sein, sondern sie soll den Koalitionsvertrag umsetzen, dann ist alles in Ordnung."
    Das Ende vom Lied: Volker Kauder wurde zum Mitarbeiter des Monats der SPD, er hatte dem Projekt nochmal Schub gegeben. Und beim Koalitionsgipfel einigte man sich schließlich. Schwesig musste auf einige Punkte verzichten.
    Wenn das Gesetz den Bundestag passiert hat, gilt ab dem 1. Januar 2016 eine 30-Prozent-Quote für rund 108 mitbestimmungspflichtige und börsennotierten Unternehmen. Rund 3.500 Unternehmen müssen sich eine freiwillige Zielvorgabe setzen, über deren Umsetzung sie berichten müssen. Wenn der Bund mindestens drei Sitze in einem Aufsichtsgremium hat, gilt ebenfalls eine Quote von 30 Prozent.
    In Ruhe wird die Familienministerin die Wirtschaft in Zukunft nicht lassen. Ihr nächstes Projekt: Schwesig will sich für mehr gleiche Bezahlung von Frauen und Männern einsetzen.