Donnerstag, 25. April 2024

Archiv

Jahrestag der Bombardierung Dresdens
Zwischen Neonazi-Aufmarsch und würdiger Erinnerung

Mit zahlreichen Veranstaltungen gedenkt Dresden heute der Opfer der Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg. Bereits am Vorabend des Jahrestages gingen Rechtsextreme am Stadtrand auf die Straße. Gegendemonstranten stellten sich ihnen entgegen, konnten den "Trauermarsch" aber nicht stoppen.

13.02.2016
    Neonazis marschieren in Dresden mit einem Transparent, das an die Bombennacht vom 13 Februar 1945 erinnert
    Neonazis marschieren in Dresden mit einem Transparent, das an die Bombennacht vom 13 Februar 1945 erinnert (picture alliance/dpa/Arno Burgi)
    Zum ersten Mal verzichtet die Stadt Dresden in diesem Jahr auf eine zentrale Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Bombardierung. Stattdessen soll den Bürgerinnen und Bürgern am 71. Jahrestag an mehreren Orten Raum zu Trauer und Gedenken gegeben werden. Die dezentralen Gedenkveranstaltungen finden auf Friedhöfen statt, aber auch an einem ehemaligen Güterbahnhof, von wo in der NS-Zeit Juden in Konzentrationslager deportiert werden. Veranstalter sind Bürgerinitiativen, Bildungs-und Begegnungsstätten. Oberbürgermeister Dirk Hilbert sagte, man brauche keine Rituale, in denen eine Obrigkeit den Dresdnern Gedenken erkläre. Er und andere Vertreter der Stadt fahren morgens zu den fünf dezentralen Gedenkveranstaltungen, ein Bus-Shuttle ist eingerichtet.
    Die Initiative "Dresden Nazifrei" lädt zu einem Mahngang Täterspuren ein. Die Initiative, ein Zusammenschluss unter anderen von Linken, Grünen, Jusos, Gewerkschaften und Antifa-Gruppen, hatte sich als Reaktion auf die Neonazi-Aufmärsche der 2000er-Jahre gegründet. Sprecher Albrecht von der Lieth: "Dieses Jahr hat der Täterspurenmahngang ein konkretes Thema, nämlich Euthanasie als wichtiger Schwerpunkt der NS-Rassenideologie. Gerade im derzeitigen Klima, das ja von rassistischen Vorurteilen und Pegida geprägt wird, ist es uns wichtig, letztlich zu zeigen, wohin Rassenideologie und rassistische Vorurteile führen können, wenn man ihnen nicht rechtzeitig entgegen tritt."
    Um 13 Uhr findet in der Kreuzkirche eine Bürgerbegegnung statt. Hier sollen Menschen aller Generationen, Kulturen, und Religionen gemeinsam erinnern. An die Erfahrungen von Krieg, Gewalt und Unterdrückung. Neben Zeitzeugen des 13. Februar 1945 werden auch Geflüchtete und ein Vertreter von Dresdens Partnerstadt Coventry sprechen, die im Zweiten Weltkrieg von Deutschen Bombern zerstört wurde.
    Polizei verhinderte eine Blockade
    Bereits gestern Abend hatten rund 500 Menschen aus der rechtsextremen Kameradschaftsszene einen sogenannten Trauermarsch durch den Stadtteil Prohlis veranstaltet. Nachdem sie jahrelang am 13. Februar in der Innenstadt marschieren konnten, weichen die rechtsextremen Gruppierungen seit einigen Jahren auf andere Tage und den Stadtrand aus.
    Neben Fackeln trugen die Teilnehmer Plakate mit rechten Parolen durch Wohn-und Gewerbegebiete im Dresdner Südosten. Unter anderem war von vermeintlichen 350.000 Bombentoten in Dresden zu lesen, eine Zahl, die noch die NS-Propaganda in die Welt gesetzt hat. An mehreren Stellen des Demonstrationszugs stellten sich ihnen Gegendemonstranten entgegen, die Polizei verhinderte jedoch eine Blockade.
    Von etwa 1000 Polizei abgesichert, konnte der rechtsextreme Demonstrationszug sein Ziel erreichen. Einen Gedenkstein im Ortsteil Nickern mit der Inschrift "Wir gedenken der Opfer des angloamerikanischen Bombenterrors". Zum Entsetzen dieser Anwohner, die Tee an die Gegendemonstranten verteilten. "Fragen Sie nicht, ich bin wütend. Es wird einem richtig schlecht. Da drüben ist ein Stolperstein. Er war ja gegen irgendwas. Und jetzt muss ich das hier anschauen. Das tut mir nicht bloß weh, das ist schlimm."
    Gut möglich, dass die Kameradschaften auch heute wieder versuchen werden, in der Dresdner Innenstadt Präsenz zu zeigen. Oder sich gar in die Menschenkette einreihen, zu der sich die Dresdnerinnen und Dresdner gegen 18 Uhr aufstellen werden. Dann werden zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt die Glocken aller Innenstadtkirchen läuten.