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Jamaika-Sondierungen gescheitert
Seehofer steht mit leeren Händen da

Während CSU-Chef Horst Seehofer in Berlin noch mit der Aufarbeitung der geplatzten Jamaika-Sondierung beschäftigt ist, streiten sich in Bayern seine möglichen Nachfolger um die Thronfolge. Seehofer weiche einer Nachfolge-Regelung aus, wird kritisiert. Noch ist unklar, welchen Kurs die Partei nimmt.

Von Michael Watzke | 20.11.2017
    Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) spricht am 17.11.2017 in Berlin zu Beginn der Fortsetzung der Sondierungsgespräche in der CDU-Zentrale mit Journalisten.
    Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) in Berlin zu Beginn der Fortsetzung der Sondierungsgespräche (Picture Alliance/dpa/Kay Nietfeld)
    "Die Zeit der alten Parteiführer ist abgelaufen", sagt der oberfränkische CSU-Landtagsabgeordnete Alexander König. Soll heißen: Horst Seehofer und Angela Merkel sollen zurücktreten. Jene beiden Unionsführer, die sich heute am frühen Morgen noch umarmt hatten.
    "Danke, Angela Merkel für diese vier Wochen!"
    "Bitte nicht wieder", sagte Merkel auf die erfolglosen Sondierungsgespräche gemünzt. "Bitte nicht wieder", sagen auch viele CSUler und meinen eine erneute Kandidatur Horst Seehofers als CSU-Chef. Die Wahl findet schon in 25 Tagen in Nürnberg statt - beim Parteitag der Christsozialen. Und noch immer ist völlig unklar, wie es in der CSU weitergehen soll. Es brauche jetzt schnelle Entscheidungen, sagt zum Beispiel der Nürnberger CSU-Bundestagsabgeordnete Michael Frieser. Er plädiert für eine Neuaufstellung, um "in dieser schwierigen Situation einen stabilisierenden Beitrag für Deutschland zu leisten". Horst Seehofer ist aber noch mit der Aufarbeitung von Jamaika beschäftigt:
    "Die FDP ist heute ausgestiegen, hat die Verhandlungen abgebrochen. Das ist schade. Das bedeutet gleichzeitig eine Belastung für die Bundesrepublik Deutschland insgesamt - dass es nicht gelungen ist, das zu Ende zu führen, was zum Greifen nahe war."
    Ärger in München nimmt zu
    Ob greifbar oder nicht – Horst Seehofer steht mit leeren Händen da. Und scheint auch deshalb vorerst nicht nach Bayern zurückkehren zu wollen, wo die Partei ihn sehnlichst erwartet. Seehofers heutige Termine in München hat er abgesagt. Ob er morgen nach wochenlanger Abstinenz die Sitzung des bayerischen Kabinetts leiten wird – unsicher. Es sei möglich, so sein Staatskanzlei-Sprecher, dass Seehofer länger in Berlin bleiben müsse, weil er mit dem Bundespräsidenten über Neuwahlen oder eine Minderheitsregierung verhandeln müsse. In München nimmt derweil der Ärger zu. Seehofer weiche einer Nachfolge-Regelung aus, er spiele auf Zeit, streuen seine Gegner.
    Die möglichen Nachfolger streiten über die Kronfolge - über Seehofers Kopf hinweg. Wirtschaftsministerin Ilse Aigner fordert eine Urwahl der CSU-Basis über die Ministerpräsidenten-Kandidatur. Sie würde auch selbst kandidieren, findet bisher aber nur wenige Unterstützer in der Partei. Zur Stunde hält Seehofer eine Telefonkonferenz mit der engsten Führungsriege ab. Dabei auch Thomas Kreuzer, CSU-Fraktionschef im bayerischen Landtag. Bisher hatte sich Kreuzer in Nachfolge-Debatten zurückgehalten.
    Heute Morgen im Deutschlandfunk ließ er erstmals eine klare Präferenz erkennen. Zum einen für den möglichen neuen Parteichef der CSU namens Alexander Dobrindt: "Alexander Dobrindt hat in diesen Sondierungen ganz klar gezeigt, dass er weit blickt. Dass er insgesamt das entsprechende Durchhaltevermögen hat. Ich glaube, dass er ein guter CSU-Vorsitzender wäre. Auch im Hinblick darauf, dass es in Berlin derzeit schwierig ist."
    Schlechte Umfragewerte
    Der Oberbayer Alexander Dobrindt wiederum könnte sich nach Informationen des Deutschlandfunks eine Tandemspitze mit dem Franken Markus Söder vorstellen. Der würde dann als Ministerpräsident kandidieren. Söder genießt in der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag großen Rückhalt. Auch Fraktions-Chef Thomas Kreuzer war im Deutschlandfunk voll des Lobes:
    "Markus Söder ist ein hervorragender Politiker. Ich kann mir vorstellen, dass er für jedes Amt zur Verfügung steht und für jedes Amt auch infrage kommt, weil er es gut machen würde. Aber wie wir es machen, werden wir jetzt, in diesen Tagen, besprechen und uns dann entsprechend vereinbaren."
    Und das - so hört man aus vielen Quellen in der CSU - müsse jetzt schnell geschehen. In Umfragen ist die CSU in Bayern auf 36 Prozent gefallen.