Dienstag, 23. April 2024


Januar 2014: Krieg und Frieden

2014 jährt sich der Beginn des Ersten Weltkrieges zum hundertsten Mal. Anlässlich dieses Ereignisses veranstaltet »lyrix« seit November 2013 in Kooperation mit dem Friedrich-Bödecker-Kreis ein Sonderprojekt mit Werkstätten zum Thema "Krieg und Frieden", das auch unser Leitmotiv im Januar ist.

01.01.2014
    Blick auf die Bundeskunsthalle in Bonn
    Blick auf die Bundeskunsthalle in Bonn (Foto: Peter Oszvald; Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn)
    Kriege werden geführt, seit es Menschen gibt. So einfach diese Wahrheit klingt, so intensiv und kontrovers werden Kriege hinischtlich ihrer Ursachen und Auswirkungen diskutiert. Ein Krieg zerstört nicht nur Menschenleben, Gebäude und Städte, sondern hat auch enorme Auswirkungen auf gesellschaftliche und kulturelle Traditionen.
    Die Ausstellung "1914. DIE AVANTGARDEN IM KAMPF" der Bundeskunsthalle untersucht das Schicksal der modernen Kunst in ihrem Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg. Dieser gilt als "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts". Die prägenden Jahre von 1914 bis 1918 waren Endpunkt und Neubeginn zugleich. Das tragische Ereignis für die Moderne war der Zusammenbruch des internationalen Zusammenwirkens vieler Künstler. Auch hinterließ der Krieg deutliche Spuren in ihren Kunstwerken. Durch die völlig neuen, existenziellen Erfahrungen des Leidens und der Zerstörung fanden zahlreiche Maler und Zeichner noch während des Krieges zu bewegenden neuen Themen und bildnerischen Verfahren, so wurde z.B. im Jahre 1916 die internationale Protestbewegung Dada gegründet.
    Das Selbstbildnis als Krankenpfleger von Max Beckmann aus dem Jahr 1915.
    Selbstbildnis als Krankenpfleger (Bundeskunsthalle Bonn)
    Das "Selbstbildnis als Krankenpfleger" (1915) von Max Beckmann ist das erste Werk nach Ende seines Kriegsdienstes, den er aufgrund eines Nervenzusammenbruch vorzeitig beendet hat. Das Gemälde mit seinen früheren Werken vergleichend, stellte Beckmann fest: "Das [Bild] ist noch recht trüb in der Farbe. Da kommt zum ersten Mal heraus, was ich inzwischen im Krieg erlebt hatte."
    Ein thematisch passendes Gedicht zum Thema "Krieg und Frieden" haben wir bei Jan Wagner gefunden. Sein Gedicht "dezember 1914" bezieht sich auf den "Weihnachtsfrieden" im Ersten Weltkrieg. Am 24. Dezember 1914 legten vor allem britische und deutsche Soldaten an der Westfront ihre Waffen nieder um gemeinsam Weihnachten zu feiern:
    "dezember 1914"

    "One of the nuts belonging to the regiment got out of the
    trenches and started to walk towards the German lines."


    natürlich dachten wir, dass sie plemplem
    geworden waren, als sie ungeschützt
    aus ihrer deckung traten, nur mit plum-
    pudding und mistelzweig - doch kein geschütz

    schlug an. wir trafen sie im niemandsland,
    unschlüssig, was zu tun sei, zwischen gräben
    und grenzen, schlamm und draht, und jede hand
    an ihrer hosennaht. bis wir die gaben

    verteilten: einer hatte zigaretten
    dabei und einer bitterschokolade,
    ein dritter wusste mittel gegen ratten
    und läuse. die an diesem punkt noch lade-

    hemmung hatten, zückten nach dem rum
    familienfotos, spielten halma
    und standen lärmend, wechselten reihum
    adressen, uniformen, helme,

    bis kaum etwas im schein der leuchtspurgarben
    auf diesem aufgeweichten, nackten anger
    zu tauschen übrig blieb außer den gräben
    im rücken, ihrem namenlosen hunger.

    aus: Jan Wagner, ACHTZEHN PASTETEN, Berlin Verlag, Berlin 2007
    Welche Bedeutung haben Krieg und Frieden für uns heute? Wie blickt ihr auf die Vergangenheit zurück und welche Beziehung habt ihr zu diesem Thema? Wir leben in Deutschland seit fast 70 Jahren ohne Krieg – das ist die längste Friedensperiode, die es in unserer Region jemals gab. Bedeutet aber keinen Krieg zu haben automatisch Frieden? Was ist Frieden für euch? Was verbindet ihr mit Frieden? Die meisten von uns haben keinen Krieg miterlebt, wir kriegen ihn aktuell zumeist nur durch Berichterstattung in den Medien mit.
    Das seit November laufende Sonderprojekt "Krieg und Frieden" ist der Grund dafür, dass Einsendungen zu diesem Thema ausnahmsweise bis zum 15. Februar eingereicht werden können und wir die Monatsgewinner erst Anfang März präsentieren werden. Die Ergebnisse der Werkstätten und auch ausgewählte Texte aus dem bundesweiten Wettbewerb werden Anfang April im Umfeld mehrerer Veranstaltungen präsentiert, die zum Thema "1914 – 2014" im Kölner Funkhaus des Deutschlandradios stattfinden werden.
    Wir sind sehr gespannt auf eure Einsendungen!
    Hier findet ihr unsere E-Mail Vorlage.
    Die aktuellen Wettbewerbsbedingungen könnt ihr online nachlesen.
    Jan Wagner, geb. 1971 in Hamburg, lebt in Berlin. Übersetzer englischsprachiger Lyrik, freier Literaturkritiker und bis 2003 Mitherausgeber der internationalen Literaturschachtel DIE AUSSENSEITE DES ELEMENTES. Neben vier Gedichtbänden – Probebohrung im Himmel (2001), Guerickes Sperling (2004), Achtzehn Pasteten (2007) und Australien (2010, alle Berlin Verlag) –, der Essaysammlung Die Sandale des Propheten. Beiläufige Prosa (Berlin Verlag 2011) sowie dem Buch Die Eulenhasser in den Hallenhäusern. Drei Verborgene (Hanser Berlin 2012) veröffentlichte er mit Björn Kuhligk die Anthologien Lyrik von Jetzt (2003) und Lyrik von Jetzt zwei (2008) sowie das Buch Der Wald im Zimmer (2007). Er erhielt u.a. den Anna-Seghers-Preis (2004), den Ernst-Meister-Preis (2005), den Wilhelm-Lehmann-Preis (2009), ein Villa-Massimo-Stipendium in Rom (2011), den Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Tübingen (2011), den Kranichsteiner Literaturpreis (2011) sowie den Paul-Scheerbart-Preis (2013).
    Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
    Die Bundeskunsthalle (Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland) bietet als Haus für Wechselausstellungen ein abwechslungsreiches Programm von internationaler Bedeutung. Kunst und Kulturgeschichte, Wissenschaft und Technik sind die Themen. Eine Schau über die Bronzezeit hat hier ebenso ihren Platz wie die Retrospektive eines zeitgenössischen Künstlers; Ausstellungen über Architektur, Design und Fotografie werden genauso gezeigt wie Präsentationen zu Gentechnik oder Wetter. Die Fläche von 5.600 m² ermöglicht die gleichzeitige Präsentation von bis zu fünf Ausstellungen unterschiedlicher Größe. Pro Jahr stehen rund acht große Ausstellungen auf dem Programm. Seit der Eröffnung im Jahr 1992 konnten über 190 Ausstellungen gezeigt werden. Mehr als 16 Millionen Gäste aus aller Welt haben in diesem Zeitraum die Bundeskunsthalle besucht. Das Programm richtet sich gleichermaßen an Erwachsene, Jugendliche und Kinder. Führungen Workshops und Veranstaltungen für verschiedene Alters- und Interessensgruppen begleiten die Ausstellungen.
    Blick auf die Bundeskunsthalle in Bonn
    Blick auf die Bundeskunsthalle in Bonn (Foto: Peter Oszvald; Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn)

    Die Unterrichtsmaterialien für Januar 2014 zum Download!