Besuch auf dem norddeutschen Land

Tante Friedel

Eine alte Frau mit Hut und Mantel geht an einem Stock einen Parkweg entlang. Es ist eine herbstilche Atmosphäre. Das Foto ist in schwarz-weiß.
Tante Friedel war immer die Außenseiterin in der Familie. © imago / Werner Otto
Von Lorenz Rollhäuser · 02.01.2021
Tante Friedel ist gestorben. Nun steht ihr Sarg in der kleinen, kargen Dorfkirche. Nur eine Handvoll Menschen ist gekommen. Draußen fällt der Schnee.
In der Familie war Tante Friedel immer die Außenseiterin gewesen. Hatte als etwas seltsam gegolten. Unverheiratet. Kinderlos. Und seit dem Tod ihrer Mutter allein in ihrem Haus in einem kleinen Ort in Dithmarschen. Einmal im Jahr, kurz vor Weihnachten, brachte sie sich bei ihrem Bruder und seiner Familie mit einem riesigen Paket in Erinnerung, mit Dosenpfirsichen und Nippes.
Noch mit 80 Jahren arbeitete sie als Fußpflegerin, fuhr mit ihrem kleinen Auto über die Dörfer zu den Bauern, um ihnen "die Füße zu machen", wie sie sagte. Die Idee, ein Radiostück über sie zu machen, gefiel ihr gut. Also verbrachte der Autor ein paar Tage bei ihr, übernachtete in dem kleinen, vollgestellten Häuschen. Sie erzählte freimütig aus ihrem Leben, und sie nahm ihn mit zu ihrer Kundschaft. Erst nach ihrem Tod machte Lorenz Rollhäuser aus dem aufgenommenen Tonmaterial dieses Feature.

Tante Friedel
Besuch auf dem norddeutschen Land
Von Lorenz Rollhäuser
Regie und Ton: der Autor
Mit: Bernhard Schütz
Produktion: NDR 2012
Länge: 52'57

Lorenz Rollhäuser, 1953 in Marburg geboren, lebt in Berlin. Er ist Übersetzer und seit 1990 Autor und Produzent zahlreicher Features und Hörspiele, darunter "Mutters Schatten" (NDR 2008, Prix Europa) und "Kreuzberg von oben" (DKultur/WDR/NDR 2014, Dokka-Preis). Zuletzt: "Reset im Regenwald – Der Hype um Ayahuasca" (Deutschlandfunk Kultur 2019) und "Dekolonisiert euch!" (Deutschlandfunk Kultur 2020).