Donnerstag, 18. April 2024

Archiv

JazzFacts
Delirien und Wunschträume

Duke Ellington schätzte besonders Musiker, die jenseits der Kategorien ("beyond categories") operierten, was mit dem heutzutage so beliebten Begriff des Grenzgängers nur vage angedeutet ist. Dem brasilianischen Saitenvirtuosen Hamilton de Holanda hätte Ellington vermutlich hingerissen gelauscht.

Von Karl Lippegaus | 24.07.2014
    Hamilton de Holanda hält eine Mandoline über seine rechte Schulter.
    Hamilton de Holanda ist grandioser Saitenvirtuose. (Marcos Portinari)
    Ihm ist – wie seinen Idolen Egberto Gismonti und Hermeto Pascoal – jedes Schubladendenken völlig fremd. "Gute Musik braucht keine Etiketten, um zu existieren", sagt Hamilton de Holanda, der schon seit 33 Jahren vernarrt ist ins Bandolim, eine Weiterentwicklung der Mandoline. De Holanda, 1976 in Rio de Janeiro geboren, ist nicht nur ein Virtuose an diesem Instrument, sondern er fand auch zeitgemäße neue Ausdrucksformen für den Choro, die etwa zeitgleich mit Jazz und Tango entstandene Musik aus Rio, die in unserer Zeit vor allem durch Egberto Gismonti in den Rang einer klassischen Musik Brasiliens erhoben wurde.
    "Choro ist wie die Mona Lisa, muss man die etwa überpinseln?" fragt De Holanda augenzwinkernd. Gleichzeitig sagt er, die Modernität läge in der Tradition. Wer sich die lange Liste der großen Künstler aus allen Musiksparten anschaut, mit denen er sich schon "duellierte", kommt ins Staunen ob seiner Vielseitigkeit. Zwar hat Hamilton de Holanda schon etliche Latin Grammys für seine über 20 Alben bekommen, aber er ist bescheiden geblieben, neugierig auf Begegnungen und vor allem daran interessiert, sein Bandolim immer noch besser zu meistern.