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Jenseits der Hochzeitsglocken (1/5)
Prinz Harry als Vorbild für Veteranen

Prinz Harry und seine zukünftige Frau Meghan Markle haben sich vorgenommen, Gutes zu tun. Harry, der selbst in Afghanistan gedient hat, liegt das Wohl versehrter und erkrankter Ex-Militärs besonders am Herzen. Sein Einsatz für den Sportwettbewerb Invicutus Games kommt gut an.

Von Mareike Aden | 07.05.2018
    Prince Harry hebt den Daumen hoch bei einer Veranstaltung während der Invictus Games 2017 in Toronto
    Prinz Harry rief die Invictus Games im Jahr 2013 ins Leben, 2014 fanden sie erstmals statt (AFP)
    In einem Café nahe der U-Bahn-Station Holborn im Zentrum von London sitzen um die Mittagszeit Mitarbeiter der anliegenden Unternehmen und Büros. Einer von ihnen: James Belmont, ein Mann Anfang 30 mit kurzen braunen Haaren. Die Ärmel seines hellblauen Hemdes hat er hochgekrempelt, dazu Jeans. Noch vor vier Jahren trug James Militäruniform und ritt täglich auf seinem Pferd durch London: als Soldat der britischen Armee und Mitglied der Haushaltskavallerie, dem berittenen Wachregiment von Königin Elisabeth:
    "Als ich mich verpflichtete, war es eine großartige Zeit für das britische Militär und London. Ich war in das diamantene Thron-Jubiläum der Queen involviert und bei den Sicherheitsmaßnahmen der Olympischen Spiele in 2012. Was für ein Glück, bei so coolen Ereignissen dabei zu sein."
    Der ehemalige britische Soldat James Belmont, Mitglied im Chor der Invicuts Games, hält ein Notenblatt in der Hand
    Der ehemalige britische Soldat James Belmont ist Mitglied im Chor der Invicuts Games, einem Sportwettbewerb für versehrte und erkrankte Soldaten und Ex-Militärs (Deutschlandradio/ Mareike Aden)
    Abruptes Ende der Militärkarriere
    James ist Ire, er ist in Dublin aufgewachsen. 2010 trat er mit 22 Jahren in die britische Armee ein – so wie einige hundert Iren pro Jahr. Trotz der schwierigen Geschichte der beiden Länder aufgrund der jahrhundertelangen britischen Vorherrschaft. Denn die Möglichkeiten des britischen Militärs faszinierten ihn – und er war schnell begeistert von der Königsfamilie:
    "Die berittene Haushaltskavallerie hat eine große Affinität zur Königsfamilie. Die Queen nennen sie Grandma. Also natürlich 'Ihre Majestät', wenn sie dabei ist, aber wenn man unter sich ist und im Hintergrund, dann ist sie Grandma. Und wenn jemand aus der Familie wie Prinz Charles oder Prinz Harry seinen Besuch in der Kaserne ankündigt, dann sind alle aufgeregt."
    Aber nach dreieinhalb Jahren kam seine Zeit beim Militär zu einem abrupten Ende: Als er nach einem Sturz vom Pferd wegen innerer Blutungen behandelt werden musste, stellten die Ärzte Krebs fest. Die Behandlung schlug an, aber an einen Einsatz im Ausland, geschweige denn in Krisengebieten, war nicht mehr zu denken. James verließ das Militär mit 25 Jahren.
    "Ich war immer der schnellste im Regiment, an erster Stelle, wenn es um körperliche Fitness ging. Das alle so schnell zu verlieren, war das Schwierigste für mich. Das war hart. "
    Ein Chor als Motivation
    Dann, erzählt James, erreichte ihn ein Email-Aufruf der Hilfsorganisation für ehemalige Militärangehörige "Help for heroes": Verwundete und erkrankte Veteranen sollten sich für einen Chor melden, der das britische Team zu den Invictus Games 2016 in Florida begleiten sollte. James wurde ausgewählt und nahm an der BBC-Fernseh-Serie über die Entstehung des sogenannten Invictus-Games-Chors teil. Darin trafen die Chormitglieder auch Prinz Harry, den Initiator. Für James nicht das erste Mal:
    "Einmal habe ich ihn während meiner Behandlung getroffen. Er wollte Militärangehörige treffen, die sich in einer schweren Phase befinden. Mich fragte er, ob ich mich schon an Hilfsorganisationen für Militärangehörige gewandt hatte. Das hatte ich nicht. Denn ich war ja nicht in die Luft gesprengt oder angeschossen worden und dachte, dass die Organisationen nur für solche Personen sind. Ich habe mich nie als Teil dieser Gemeinschaft verstanden – bis zu den Invictus Games."
    Auf seinem Handy ruft er ein Video von einer Aufnahme des Chors auf. Das Lied, mit dem sie in Orlando auftraten heißt: Flesh and Blood. Fleisch und Blut. Sie haben es selbst geschrieben, über ihre Erfahrungen und Gefühle nach Ausscheiden aus dem Militär. Es soll eine Art Hymne sein für die Athleten der Invictus Games.
    "Für mich sagt dieses Lied alles: Ich werde lernen wieder zu lachen, zu rennen, zu hoffen und zu fliegen. Nach dem Ausscheiden aus dem Militär hat man vielleicht das Gefühl, diese Dinge nie wieder tun zu können. Die Botschaft ist: Die Hürden kann man überkommen. Jeder bei uns im Chor war an diesem Punkt, aber, es geht. Du musst deine Energie auf anderes konzentrieren. Und die Mitglieder des Chors haben das wieder und wieder gezeigt. "
    "Beeindruckend, was Prinz Harry da aufgebaut hat"
    Nach Feierabend geht James zur Probe – seit einigen Monaten singt er auch im Chor seines Unternehmens, einer internationalen Medienagentur, in der er nun als Personalberater arbeitet. Mit dem Invictus-Games-Chor singt er nur zu seltenen Anlässen: Die mehr als 40 Mitglieder wohnen über ganz Großbritannien verteilt und kommen vor allem für Wohltätigkeitsauftritte zusammen. Musik und Sport helfen dabei, wieder zurück ins Leben zu finden, sagt James.
    "Ich habe mehrmals von Leute gehört, die gesagt haben: Ohne die Invictus Games oder den Invictus-Games-Chor würde ich immer noch allein zu Hause in einem dunklen Raum sitzen – anstatt Freundschaften und Beziehungen aufzubauen. Es ist beeindruckend, was Prinz Harry da aufgebaut hat, er ist großes und gutes Vorbild. "
    Anstatt neue Rekorde beim Gewichtheben und Laufen aufzustellen, konzentriert James Belmont sich seit einigen Jahren auf das Singen. Sein Ehrgeiz ist es nun, die richtige Note zu treffen und mit den anderen im Einklang zu singen.