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Jenseits der Hochzeitsglocken (3/5)
Reporter Ihrer Majestät

Einen Beruf wie diesen gibt es in Deutschland nicht: Royal Correspondent. Der britische Journalist Robert Jobson ist einer der prominentesten Vertreter seiner Zunft. Einer, der die "Königsdisziplin" verkörpert. Das Interesse an der Hochzeit von Prinz Harry und Meghan Markle findet er übertrieben.

Von Mareike Aden | 09.05.2018
    Er beherrscht die "Königsdisziplin" wie kaum ein anderer: Der britische Journalist und Adelsexperte Robert Jobson
    Er beherrscht die "Königsdisziplin" wie kaum ein anderer: Der britische Journalist und Adelsexperte Robert Jobson (Robert Jobson/ privat)
    Die Kamera läuft und das Licht, das auf ihn gerichtet ist, lässt Robert Jobson Schweißperlen auf die Stirn treten. Der 54-jährige ist als Buchautor und Journalist seit Jahrzehnten Spezialist für die britische Königsfamilie und längst auch für nicht-britische Medien gefragter Experte. Heute gibt er dem deutschen Fernsehen ein Interview. In den letzten Monaten wurde er immer wieder nach Meghan Markle gefragt:
    "Ich berichte seit fast 30 Jahren über die Königsfamilie und finde, Meghan macht das bisher großartig. Das Wichtigste: Als eine Frau, die 36 ist und nicht Anfang 20, strotzt sie vor Selbstbewusstsein. Sie zeigt: Sie ist kein Blümchen, das einknickt und genau das tut, was andere wollen. Aber: Bei Begegnungen mit der Öffentlichkeit würde ich an ihrer Stelle mehr zuhören als reden."
    Robert Jobson ist bekannt für flapsige Sprüche. Er gilt als einer der alten Hasen in der Branche, und betont gerne, dass er einer der wenigen britischen Königshausexperten ist, der Diana noch persönlich kannte – die tödlich verunglückte Mutter des Prinzen, der am 19. Mai vor den Traualtar tritt, um Meghan zu heiraten.
    Die US-Schauspielerin Meghan Markle und ihr Verlobter, Prinz William
    Die US-Schauspielerin Meghan Markle und ihr Verlobter, Prinz William (AFP/ Adrian Dennis)
    Durchbruch mit Bestseller über Diana
    Jobsons Durchbruch als Schriftsteller kam, als er gemeinsam mit dem ehemaligen Bodyguard von Diana ein Buch über sie schrieb – es wurde ein internationaler Bestseller. Doch über die meisten seiner Quellen schweigt Jobson: Vor allem darüber, wie er Anfang 2005 frühzeitig erfuhr, dass Prinz Charles und Camilla Parker Bowles, die schon vor und auch während der Ehe mit Diana eine Beziehung hatten, heiraten würden.
    "Gerade wenn man immer mit ungenannten Quellen arbeitet, ist Folgendes wichtig - erstens: Es muss stimmen. Und zweitens: Die Quelle muss geschützt werden. Manchmal muss man dann sogar einen Fehler einbauen, um Verwirrung zu stiften. Es darf nicht nachzuvollziehen sein, wer die Quelle ist."
    Bis heute begleitet Jobson die Windsors häufig auf ihren Auslandsreisen – auch bei der Reise von Kate und Prinz William nach Polen und Deutschland war Jobson dabei. Eine solche Tour sei typisches Beispiel für die "soft power" der Königsfamilie - ein Instrument, das international gezielt eingesetzt werde:
    "Das britische Außenministerium und die Regierung nutzen die Königsfamilie, um die Marke Großbritannien auszubauen. Sie schütteln Hände, sehen gut aus, und anstatt politischer Dinge sagen sie Allgemeines über Freundschaft und gemeinsame Interessen. Und danach setzen sich dann die Politiker zusammen. Derzeit erweisen die Royals dem Land einen guten Dienst – und tun das, was in Brexit-Zeiten nötig ist."
    Lady Diana Spencer in Rom
    "Lady Di" 1985 in Rom (imago/Photoshot/John Shelley)
    Rückblick auf "eine gefährliche Zeit für die Monarchie"
    Nach dem Fernsehinterview setzt sich Jobson auf die Terrasse eines Pubs an der Straßenecke. Bis zum nächsten Termin, diesmal für das US- Fernsehen, ist noch ein wenig Zeit. Wenn er nicht gerade vor Mikrofonen und Kameras steht, schreibt Jobson an seinem Buch über Prinz Charles, zu dessen 70. Geburtstag im November soll es erscheinen: "Hopes and Dreams", "Hoffnungen und Träume", so der Titel. Die Zeit, als Charles Anfang der 90er wegen seines Privatlebens und seiner Beziehung zu Camilla massiv in der Kritik stand, hat Jobson selbst miterlebt. Dies sei die schwerste Krise der Monarchie seit 1936 gewesen, als König Edward wegen der bürgerlichen Schauspielerin Wallis Simpson abdankte.
    "Viele hielten Charles für untauglich, König zu werden. Auch Diana hat das damals im Fernsehen gesagt. Es war eine gefährliche Zeit für die Institution der Monarchie, die Beliebtheit auf einem historischen Tief. Aber die Zeit brachte Heilung: Beliebtheit ist entscheidend für die Königsfamilie. Aber sie muss ja nicht gewählt werden. Sie können den guten Ruf langsam wieder herstellen. Das hat Charles getan."
    Aber bis heute gehört Prinz Charles laut Umfragen nicht zu den beliebtesten Mitgliedern der Königsfamilie – seine Zustimmungswerte sind meist einstellig, damit liegt er weit hinter denen der Queen oder den Werten seiner Söhne Prinz William und Prinz Harry.
    "Royal correspondent" Robert Jobson bei einem Gespräch mit Prinz Charles
    "Royal correspondent" Robert Jobson bei einem Gespräch mit Prinz Charles (Robert Jobson/ privat)
    "Die Queen hat nicht so sehr Macht, sondern Verantwortung"
    Jobson sagt, er scheue nicht davor zurück, auch kritische Geschichten über die Royals zu erzählen, aber grundsätzlich ist er überzeugt: Die Monarchie sei wichtig für das Land, gerade in Zeiten von Brexit und zunehmender sozialer Ungleichheit.
    "Unser Land ist gespalten. Teil der Aufgabe der Queen ist es, für Einheit zu sorgen, indem sie sich in Bereichen engagiert, mit denen sich die ganze Gesellschaft identifiziert. Und wenn sie ein Statement abgibt, dann hören alle zu – das ist wichtig. Die Queen hat nicht so sehr Macht, sondern Verantwortung. Darum geht es bei der Königsfamilie. Ich finde eine Monarchie kann sinnvoll sein, vor allem dann, wenn die Parteipolitik extrem rechts oder links ist."
    Manchmal, sagt er, fühle er sich wie ein Pastor – weil er so viele Trauerfeiern, Geburten und Hochzeiten begleitet. Aber das Interesse an der Hochzeit von Prinz Harry und Meghan Markle findet er übertrieben. Zumal Harry nur Sechster der Thronfolge ist.
    Das nächste wirklich große Ereignis, sagt Jobson, wird die Thronbesteigung durch Charles sein. Doch so wirklich freuen tut er sich darauf nicht, immerhin würde es den Tod der Queen bedeuten. Denn zu Lebzeiten zurücktreten, das weiß Robert Jobson aus sicheren Quellen, wird Elisabeth, die große alte Dame, nicht.