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Jeroen Dijsselbloem und die Eurogruppe

Die Auswahl ist nicht groß: Der neue Eurogruppenchef soll amtierender Finanzminister sein und aus einem Land mit Top-Bonität kommen. Der Niederländer Jeroen Dijsselbloem erfüllt diese Bedingungen.

Von Jörg Münchenberg | 17.12.2012
    Er gilt derzeit als der aussichtsreiche Kandidat für die Nachfolge von Jean-Claude Juncker als Chef der Eurogruppe. Denn Jeoroen Dijsselbloem erfüllt gleich mehrere Bedingungen, die für den frei werdenden Chefposten gestellt werden. So kommt der niederländische Finanzminister aus einem Land, das derzeit bei den Ratingagenturen noch eine Top-Bonität genießt. Dreifach AAA, die Höchstnote.

    Das schaffen derzeit neben Holland nur noch drei andere Euro-Mitgliedsländer. Doch besonders die Bundesregierung, so heißt es, hatte darauf gedrungen, dass der Nachfolger von Juncker aus einem Mitgliedsstaat mit einer guten Bewertung kommt. Das wiederum würde auch gegen den französischen Finanzminister Pierre Moscovici sprechen. Frankreich hat derzeit mit massiven Wirtschaftsproblemen zu kämpfen und deshalb bereits bei zwei Ratingagenturen in diesem Jahr seine Bestnote verloren.

    Doch Dijsselbloem kann auch an anderer Stelle punkten: Als Sozialdemokrat wäre er auch den Südländern der Eurozone zu vermitteln. Gleichzeitig tritt der 46-Jährige für einen rigiden Sparkurs ein. So sollen die Niederlande in den nächsten Jahren bis zu 17 Milliarden Euro einsparen. Das wiederum dürfte den Deutschen gefallen.

    Schließlich aber kommt der ausgebildete Agrarökonom aus einem kleinen Mitgliedsland. Somit aber könnte er besser als Mittler der unterschiedlichen Interessen innerhalb der Eurogruppe wirken, zwischen armen und wohlhabenden Mitgliedsstaaten, zwischen mächtigen und weniger einflussreichen Ländern.

    Bereits am letzten Freitag wurde der niederländische Finanzminister nach seinen möglichen Ambitionen gefragt, hielt sich aber ironisch bedeckt. Da sei schon jeder als möglicher Kandidat genannt worden.

    Einen Nachteil hätte Dijsselbloem freilich: Er ist erst seit Anfang November im Amt und gilt auch in Brüssel als Neuling. Allerdings hat er seine ersten Auftritte auch im Kreise der Kollegen souverän gemeistert.

    Fehlende Routine könnte man dagegen Wolfgang Schäuble wahrlich nicht vorhalten. Der deutsche Finanzminister galt noch Mitte des Jahres als Favorit für die Juncker-Nachfolge. Doch nach dem politischen Machtwechsel in Paris gab es Widerstand gegen einen deutschen Euro-Gruppenchef. Zumal sich Schäuble nicht gerade als Mittler und Brückenbauer einen Namen gemacht hat. Vielmehr gilt Schäuble auch innerhalb der Eurogruppe als harter Verfechter der deutschen Spar- und Reformpolitik.

    Angeblich soll jetzt die Entscheidung über den neuen Chef der Eurogruppe, die durch die Schuldenkrise erheblich an Macht und Einfluss gewonnen hat, Anfang des kommenden Jahres fallen. Das Wahlverfahren ist einfach. In den Zusatzprotokollen zum Lissabon-Vertrag heißt es lapidar unter Artikel zwei: Die Minister der Eurozone wählen mit der Mehrheit einen Präsidenten für zweieinhalb Jahre.

    Übrigens war Dijsselbloem heute auch in Berlin zu Gast. Ein Antrittsbesuch, hieß es auf Nachfrage lapidar aus dem Finanzministerium. Und gesprochen habe man über viele Themen.