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Jetzt erst recht
China will trotz Trump wirtschaftlich Gas geben

Die chinesische Staatsführung schätzt Berechenbarkeit und Planbarkeit. Eigenschaften, die man der neuen US-Regierung nur in überschaubarem Maße zuschreiben kann. Stattdessen droht Washington China mit Sanktionen in der Währungspolitik, Protektionismus und Strafzöllen. China reagiert mit einer Charmeoffensive.

Von Steffen Wurzel | 04.02.2017
    Chinas Präsident Xi Jinping steigt am Flughagen von Dhaka, Bangladesch aus dem Flugzeug.
    China lässt sich von Donald Trumps Drohungen und Sprüchen nicht abschrecken. (imago/Xinhua)
    "Warum zeigt Donald Trump dem chinesischen Staatschef Xi Jingping eigentlich so demonstrativ die kalte Schulter?" Das fragte die Hongkonger Tageszeitung "South China Morning Post" vor einigen Tagen.
    Und tatsächlich: Seit Amtsantritt des neuen Präsidenten gab es kein Telefonat, keine Ministertreffen und entgegen aller Traditionen schickte Trump seinem Kollegen Xi auch keinen Gruß zum chinesischen Neujahrsfest.
    Bisher gab es nur eine öffentliche pro-chinesische Geste Trumps. Der neue Präsident schickte vergangene Woche seine Tochter Ivanka Trump in die chinesische Botschaft in Washington. Gemeinsam mit ihrer fünfjährigen Tochter besuchte Ivanka dort eine Feier zum chinesischen Neujahr. Ein bisschen Smalltalk, ein bisschen chinesische Neujahrs-Folklore – über die Spannungen zwischen den beiden wichtigsten Wirtschaftsnationen der Welt konnte der Besuch nicht hinwegtäuschen.
    "Trump hat ja gesagt, dass er Jobs in die USA zurückholen will, die von China gestohlen wurden", sagt Ye Yu vom regierungsnahen Institut für internationale Studien in Schanghai.
    "Das ist eine rein politische Aussage ohne wirtschaftliche Grundlage. Selbst wenn China nichts mehr nach Amerika exportieren würde, könnten die Waren gar nicht alle in den USA selbst hergestellt werden. Die US-Industrie ist gar nicht dafür aufgestellt."
    Doppelstrategie als Antwort auf Trump
    Die Staatsführung hat die china-kritischen Sprüche und Vorwürfe Donald Trumps während des Wahlkampfs nicht vergessen. So auch die Drohung, massive Einfuhrzölle auf chinesische Waren zu erheben.
    Chinas Antwort auf Trump besteht aus einer Doppelstrategie. Einerseits betonen staatliche Medien die eigene Stärke. Man brauche keine Angst vor den USA zu haben, wird der heimischen Bevölkerung suggeriert. Anderseits hat China eine internationale Charme-Offensive gestartet. So warb Staatschef Xi Jingping beim Weltwitschaftsforum in Davos Mitte Januar leidenschaftlich für den Freihandel und gegen Abschottung. Der ehemalige chinesische Spitzendiplomat He Yafei betonte bei einer Konferenz in Hongkong Chinas Engagement für weltweite Wirtschaftszusammenarbeit. In Anspielung auf Donald Trumps Wahlkampfslogan sagte He:
    "This is what China should do to make globalization work and to make globalization great again.”
    Unverhoffte neue wirtschaftliche Möglichkeiten
    Die Wirtschaftspolitik der neuen US-Regierung bietet aber auch unverhoffte neue Möglichkeiten für China. So profitiert das Land vom Rückzug der USA aus dem geplanten Asiatisch-Pazifischen Freihandelsabkommen TPP. Denn China wäre bei TPP außen vor geblieben. Die Obama-Regierung wollte mit TPP ein Gegengewicht zur Wirtschaftsmacht China schaffen und andere Staaten in der Region wie Vietnam und Japan aber auch Australien stärken.
    Obwohl 60 Prozent des Welthandels in der Asien-Pazifik-Region ablaufe, zögen sich die USA ohne Not von dort zurück, kritisierte selbst John McCain, einer der erfahrensten Außenpolitiker der US-Republikaner. Man überlasse China einfach das Feld.
    Schon jetzt Folgen erkennbar
    Und tatsächlich deuten sich schon jetzt zwei Entwicklungen an: Erstens dürfte China den entstehenden Freiraum nutzen und sein eigenes Freihandelsabkommen namens RCEP vorantreiben. Neben China und den Nachbarstaaten in Südostasien sollen auch Südkorea, Indien, Japan, Australien und Neuseeland mitmachen.
    Zweitens wird China weiter seine sogenannte neue Seidenstraße vorantreiben. Unter diesem Label soll der Handel mit den Nachbarstaaten, mit Zentralasien, Afrika und Europa ausgebaut werden. Vor allem zum Vorteil Chinas, versteht sich. Dafür investiert das Land Milliarden in Straßen, Häfen, Eisenbahnstrecken und Airports in der gesamten Region.
    Fazit: Kurzfristig könnte China durch neue Hürden in den Wirtschaftsbeziehungen mit den USA zurückgeworfen werden. Mittel- und langfristig aber will man sich davon nicht beeindrucken lassen.
    Ein neuer US-Präsident könne unberechenbar sein, so Ex-Spitzendiplomat He Yafei. Aber: Die Welt könne sich Fehler, die durch Unberechenbarkeit entstünden, nicht leisten.