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Jobmotor Klimaschutz

Energieintensive Unternehmen fürchten beim Thema Klimaschutz vor allem Mehrkosten. Viele andere Branchen profitieren dagegen, so die Heizungsbauer und Hersteller von Windkraftwerken und Solaranlagen. Das Bundesumweltministerium hat in einer Konferenz die Frage gestellt: Welche Investitionen müssen wohin fließen, damit der Klimaschutz auch in Deutschland Arbeitsplätze schafft.

Von Philip Banse | 09.06.2008
    Bundesumweltminister Siegmar Gabriel sieht sich nicht überraschend mit den Klimabeschlüssen von Meseberg auf dem richtigen Weg. Der erste Teil dieses Klimapakets wurde ja Ende vergangener Woche verabschiedet. Mit diesen Klimabeschlüssen werde die Bundesrepublik ihr Ziel fast erfüllen, nämlich bis 2020 40 Prozent des Co2-Ausstoßes zu sparen. Natürlich koste Klimaschutz erst einmal Geld, so Gabriel:

    "Jeder hier im Saal zahlt drei Euro pro Monat für die Förderung Erneuerbarer Energien. Ja, Kraft-Wärme-Kopplung und erneuerbare Energien machen ungefähr fünf Prozent am Strompreis aus. Fünf Prozent, nicht 50 Prozent, wie man manchmal in Zeitungen liest. Aber erstens ist das eine Investition in die Zukunft und drei Euro für die Zukunft meiner Tochter finde ich verdammt preiswert. Und zweitens kenne ich keine Wirtschaft, die ohne Investitionen begonnen haben."

    Die Investitionen lohnen sich. Zu diesem Schluss kommt auch eine Studie, die das Umweltministerium in Auftrag gegeben hatte. Forscher des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung und des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung kommen zu dem Ergebnis, dass das Meseberger-Klimapaket ein Wachstums- und Jobmotor ist. Professor Eberhard Jochem vom Fraunhofer Institut:

    "Wir können in den nächsten 15 Jahren mit etwa 500.000 zusätzlichen Beschäftigen rechnen. Und zwar deshalb, weil wir intensiver investieren. Und weil diese Investitionen unterm Strich rentabel sind, das heißt, es bleibt etwas übrig für zusätzliche Investitionen und für zusätzlichen Konsum."

    In diese Kerbe schlug auch Umweltminister Gabriel. Er betonte, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien die Abhängigkeit von Energieimporten verringere:

    "Wenn wir ambitionierten Klimaschutz umsetzen, behalten wir viel Geld im eigenen Land. Im Jahre 2010 sind es bereits fünf Milliarden Euro weniger Ausgaben für den Import von Öl, Gas und Kohle. Im Jahr 2020 werden es bereits 17 Milliarden Euro sein und im Jahr 2030 verdoppelt sich das auf 35 Milliarden Euro. Diese Zahlen sind eher konservativ gerechnet, sie gehen nämlich von einem Rohölpreis von 70 Euro je Barrel aus."

    Ein drittes Ergebnis der Studie, so Gabriel, sei, dass Deutschland seine sehr niedrige Quote der Nettoinvestitionen verringern könne. Ausbau der erneuerbaren Energien, staatliche Hilfen und Verordnungen für mehr Energieeinsparungen - der Umweltminister sieht sich durch die von ihm bestellte Studie also bestätigt. Das alles hilft jedoch nicht kurzfristig den steigenden Öl- und Gaspreisen zu entkommen. Gabriel forderte daher einen Sozialtarif für Energie einzuführen:

    "Wir haben andere Beispiele in Europa, wo das der Fall ist, wo sie einen relativ niedrigen, sogar kostenlosen Tarif haben bis zu einem bestimmten Energieverbrauch. Und je höher der Energieverbrauch dann wird, desto teurer wird es dann. Also eine andere Tarifgestaltung. So dass derjenige, der meint, sich einen hohen Energieverbrauch leisten zu können, dafür sorgt, dass es für Leute, die nicht so viel Geld haben, Sozialtarife gibt."

    Aus der Union werden Stimmen laut, Öko- und Energiesteuern zu senken, um Energie billiger zu machen. Das lehnte Gabriel ab:

    "Wir werden die Finanzierung kaum durchhalten können, wenn wir bei steigenden Rohstoffpreisen die Steuern senken. An welcher Stelle endet das, wenn wir - weil es sich vor Wahlkämpfen so schön anhört - sagen: Wir senken euch mal die Steuern. Das ist keine ernsthafte Antwort und hilft nicht über den Tag hinaus."

    Studie zum Download