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Johnny Depp
Der Mythos bröckelt

Megastar Johnny Depp spielt in "Mortdecai - Der Teilzeitgauner" an der Seite von Gwyneth Paltrow, Ewan McGregor und Jeff Goldblum einen Kunsthändler und Lebemann. Doch an der Kinokasse erleiden Depp-Filme inzwischen Einbrüche - die Aura des einzigartigen Schauspielers zieht nicht mehr wie einst.

Von Hartwig Tegeler | 21.01.2015
    Hauptdarsteller Johnny Depp steht bei der Premiere von "Transcendence" in Westwood, Kalifornien, mit Sonnenbrille vor einem Filmplakat.
    Hauptdarsteller Johnny Depp bei der Premiere von "Transcendence" in Westwood, Kalifornien (picture-alliance / dpa / Michael Nelson)
    Nein, steil ist sie nun wirklich nicht, diese These, eher Kinoerfahrung: Der "Mythos Johnny Depp" funktioniert nicht mehr. Immer häufiger sind wir von dem, was wir sehen, was er spielt, gelangweilt, oder eher noch: übersättigt. Und Mr. Depp selber ganz offensichtlich auch.
    "Du willst, dass ich eine Maske trage."
    Am Anfang seiner Karriere, bei der ersten Zusammenarbeit mit Tim Burton in "Edward mit den Scherenhänden", da war Johnny Depp zwar Kassengift, aber sein Spiel noch wandlungsfähig. Er mixe ein bisschen method acting, Wesenszüge von real existierenden Personen und packe dazu ...
    "Irgendwie hast du ein Rad ab, oder?"
    Marotten, sagte Johnny Depp damals. Das ergab tolle Filme.
    "Du bist schräg, du bist viel zu schräg."
    "Benny und Joon", "Donnie Brasco", "Chocolat". Oder. Oder. Und dann:
    "An Deck, ihr lahmen Hunde. Lasst die Segel fallen."
    Dann das historische Jahr 2003.
    "Und bring mich an den Horizont."
    "Fluch der Karibik". Postmoderner Relaunch des Piratenfilm-Genres. Johnny Depp als Captain Jack Sparrow in der wunderbaren wie skurrilen Adaption von Rolling-Stones-Gitarrist Keith Richards wankte, lallte.
    "Gibt´s noch mehr Fragen?"
    Eindeutig zuviel Kajal
    Trug eindeutig zuviel Kajal um die Augen, und ließ auch in der dritten Fortsetzung die Kinokassen explodieren. Und leitete die Tragik eines jetzt ganz und gar erfolgreichen Schauspielers, nun der Mega-Star, ein. Von den künstlerischen Freiheiten, die Johnny Depp von Produzent Jerry Bruckheimer bei der
    Gestaltung dieser Kapitäns-Figur bekam, hat sich der Schauspieler allerdings bis jetzt nicht erholt. Spätestens deutlich bei "Lone Ranger", 2013 im Kino, wo Johnny Depp die Figur des Indianers Tonto schlicht als Kopie des Piratenkapitäns "gab". Viel Wanken, viel Torkeln, das ganze Gesicht unter einer Maske.
    "Das Schiff gehört uns!"
    Ein öder Loop. Johnny Depp meinte hingegen einmal, er könne sich vorstellen, den Captain Jack Sparrow aus dem "Fluch der Karibik" bis an sein Lebensende zu spielen. Bei allen anderen Figuren aber, bei denen Johnny Depp danach ohne Wanken, ohne Torkeln, ohne Ganz-Gesicht-Maske auskommen musste, wirkte der Schauspieler, der an sich ja gar nicht mehr Schauspieler, sondern vor allem Marke und einträgliches Kunstprodukt ist, schlicht gelangweilt. Und man sei bitte nicht so naiv anzunehmen, ein Regisseur wie Florian Henkel von Donnersmark hätte bei "The Tourist" den Hauch einer Chance gehabt, solch einem Star eine Regieanweisung zu geben. Denn der bringt das Geld.
    [Frau]: "Was macht du so beruflich?"
    [Deutsche Stimme von Johnny Depp:] "Willst du mitkommen?"
    Reduziert auf schrullige Darstellungen
    Inzwischen hat sich Johnny Depp vor allem reduziert auf diese schrulligen Darstellungen. Seine zunehmend selbstverliebte Begeisterung für Masken und Verkleidungen, für Spleens und Marotten hat ganz offensichtlich die Macht übernommen. Diese Typen sind alle in meinem Kopf, sagt Johnny Depp, für sechs, sieben Monate bist du das, den ganzen Tag.
    "Johnny Depp."
    Nun kann man allerdings auch den Eindruck gewinnen, als wolle Johnny Depp die Geister, die er rief, gar nicht mehr loswerden. Vielleicht ist er es einfach leid, das ganze Geschäft, den Mythos, das Kunstprodukt. Allerdings hat er es auch in die Top Ten von "Forbes" geschafft. Nach Adam Sandler steht er auf Platz zwei ... der
    ´überbezahltesten Hollywoodstars´. Gut, wir müssen uns sein gelangweiltes Spiel im fürchterlichen "The Tourist" an der Seite von Angelina Jolie oder in "Transcendence" oder "Longe Ranger" oder jetzt - aktuell - in "Mortdecai" ja nicht anschauen. Und können lieber greifen zu den DVDs von "Arizona Dream", "Gilbert Grape" oder "Fear and Loathing in Las Vegas" oder oder – dem glänzenden Frühwerk.