Dienstag, 19. März 2024

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Jugend forscht-Gewinnerin
Das Stethoskop, das sich selbst reinigt

Ihr Kinderarzt nannte das Stethoskop eine Keimschleuder. So sei ihre Idee des sich selbst reinigenden Stethoskops geboren worden, sagte die 15-jährige Jugend forscht-Gewinnerin Rieke-Marie Hackbarth im DLF. Das Patent für ihre Erfindung habe sie mittlerweile an eine große Firma verkauft, sei aber weiter mit dem Herzen dabei.

Rieke-Marie Hackbarth im Gespräch mit Sandra Pfister | 26.05.2016
    Ein Stethoskop und eine Brille liegen auf einem Arztkittel.
    Stethoskope sind genauso stark mit Keimen belastet wie die Hände - darum ist es sinnvoll, wenn sie sich selbst desinfizieren können. (dpa / picture-alliance / Arno Burgi)
    Das Interview in voller Länge:
    Sandra Pfister: 51 Jahre alt ist der Wettbewerb Jugend forscht. An diesem Wochenende werden wieder Sieger gekürt. Der erste Bundessieger von 1965 erinnert sich heute, es sei damals gesellschaftlich schick gewesen, von Mathe oder Physik überhaupt keine Ahnung zu haben. Als naturwissenschaftlicher Versager hat sich auch der Gründer des Wettbewerbs bezeichnet, der damalige "Stern"-Chefredakteur Henri Nannen. Jugend forscht hat er quasi aus Nachholbedarf in eigener Sache gegründet.
    Nachzuholen hat Rieke-Marie Hackbarth offenbar recht wenig, im Gegenteil: Sie hat im vergangenen Jahr schon ganz schön vorgelegt. Mit damals 14 Jahren hat sie den Landespreis für Schleswig-Holstein gewonnen, und zwar für ein Stethoskop. Ein Stethoskop, das sie erfunden hat, das sich selbst reinigt, also nach jeder Behandlung selbst desinfiziert. Eine Sache, die sofort auch viele Firmen interessiert hat. Guten Tag, Frau Hackbarth!
    Rieke-Marie Hackbarth: Guten Tag!
    Pfister: Frau Hackbarth, Sie haben damals recht schnell erkannt: Stethoskope sind große Keimschleudern. Da kommt noch jeder mit, aber wie sind Sie denn darauf gekommen, ausgerechnet so was zu erfinden? Hat Sie ein Lehrer auf die Idee gebracht?
    Hackbarth: Nein, das war meine eigene Idee. Das war so, dass ich selbst gern in die Richtung Medizin später gehen würde und mir die Aussage von meinem Kinderarzt wieder eingefallen ist, dass gerade das Stethoskop so eine Keimschleuder ist. Und dann habe ich mich dementsprechend informiert und bin sogar auf eine Studie gestoßen, dass die Stethoskopmembran genauso stark mit Keimen belastet ist wie die Hände von den Ärzten. Und damit war meine Idee sozusagen geboren, dass die sich selbst desinfizieren muss, ohne dass ein Arzt daran denken muss oder irgendwie noch zusätzliche Arbeit hat.
    Mentor von BASF
    Pfister: Und haben Sie das dann allein durchgezogen oder sich Hilfe geholt?
    Hackbarth: Nein, das habe ich alleine durchgezogen.
    Pfister: Das klingt fast so ein bisschen wie kleine Nerds, das entspricht so ein bisschen unserem Klischee, also ohne Sozialkontakte irgendwo im Keller vor sich hin basteln. Wie hoch ist Ihr Nerd-Anteil?
    Hackbarth: Ich würde sagen, nicht so hoch. Also, ich spiele auch noch Fußball und habe andere Hobbys.
    Pfister: Man sieht sofort bei Ihrer Idee, ein Stethoskop, das sich selbst reinigt, dass das eine sinnvolle Sache ist. Und damals haben das dann auch noch gleich mehrere Leute erkannt, prompt standen damals, als Sie das vorgestellt haben und gewonnen haben, auch Firmen auf der Matte, die sofort leises Interesse bekundet haben. Inzwischen haben Sie Ihr Patent verkauft. Wie lief das?
    Hackbarth: Ich hatte eine Anfrage, weil eine Firma da großes Interesse dran hatte. Und dann bin ich mit denen in Kontakt getreten und habe das dann verkauft an die.
    Pfister: Das ist ja wahrscheinlich gar nicht so einfach. Also, erfinden ist das eine, die andere Sache ist, das dann gut zu vermarkten und, wenn man es verkauft, sich dann auch vielleicht nicht über den Tisch ziehen zu lassen. Hat Ihnen dabei jemand geholfen?
    Hackbarth: Ich hatte von der BASF einen Mentor an die Seite gestellt bekommen, den hatte ich über einen anderen Wettbewerb gewonnen.
    "Ich bin aber immer noch mit dem Herzen dabei"
    Pfister: Das war der Gründerpreis, den Sie damals gekriegt haben von BASF und von der Wissensfabrik.
    Hackbarth: Genau.
    Pfister: Der zielte eigentlich auf eine Unternehmensgründung ab. Hat er Ihnen in dieser Hinsicht was gebracht?
    Hackbarth: Es war nicht geplant, ein eigenes Unternehmen zu gründen, weil die Weiterentwicklung noch stattfinden musste und die nicht im privaten Rahmen möglich ist. Oder auch dann das mit dem Verschicken und Vermarkten, das wäre nicht möglich gewesen. Aber er hat mir dann Tipps gegeben und bei den Verhandlungen geholfen zum Beispiel.
    Pfister: Und jetzt sind Sie auch mit sich im Reinen, dass Sie dieses Projekt so ganz weggegeben haben?
    Hackbarth: Ja, ich bin aber immer noch mit dem Herzen dabei und helfe ab und zu.
    Pfister: Und Sie sind nicht nur dabei, sondern – wir haben vorher schon darüber geredet – Sie forschen weiter. Sie sind auch dieses Jahr mit dabei gewesen bei Jugend forscht und Sie wollen weitermachen. Was ist Ihnen diesmal eingefallen?
    Hackbarth: Diesmal hatte ich eine Simulationsrechnung zu Waldbränden, also was ganz anderes.
    Pfister: Warum so was ganz anderes? Eigentlich denkt man, Sie bleiben irgendwie dabei, aber Sie scheinen sehr breit interessiert zu sein!
    Hackbarth: Ja, ich wollte lieber mal was anderes in einem anderen Bereich machen. Diesmal war ich in Geo und Raum und davor war ich ja in Arbeitswelt.
    Pfister: Und wie sind Sie auf die Waldbrandthematik gekommen? Weil es letztes Jahr in Kanada gebrannt hat?
    Hackbarth: Nein, das war so, dass ich einen Artikel über die Klimaerwärmung gelesen hatte, von einer Rede von Obama, und da wurde gerade gesagt, dass in Gebieten, wo vorher keine Waldbrände waren, die sich jetzt auch ausbreiten. Und dann habe ich Kanada ausgewählt, um das da zu untersuchen, weil die Landschaft ja sehr schön ist. Und dann habe ich dafür die Simulationsrechnung für kontrollierte und natürliche Brände angefertigt.
    Pfister: Diesmal hat es Ihnen wieder einen Preis eingebracht?
    Hackbarth: Ja, diesmal bin ich bis zum Landesfinale gekommen und habe da den zweiten gemacht.
    "Medizintechnik hat mich mehr interessiert als Waldbrände"
    Pfister: Haben Sie schon für nächstes Jahr was in petto?
    Hackbarth: Ich will auf jeden Fall wieder mitmachen, aber ich habe noch keine konkrete Idee. Aber eher wieder in Richtung Medizintechnik.
    Pfister: Noch mal kurz zu den Kontakten, die Sie durch Jugend forscht bekommen haben. Das gilt ja auch so als große Kontaktbörse. Haben Sie da Ratgeber gefunden, Leute, die Sie beruflich oder bei Ihren Erfindungen irgendwie … die Ihnen zur Seite stehen?
    Hackbarth: Mein erster Juror, also der vom Regionalwettbewerb hat mir sehr geholfen, besonders mit dem Patent. Und später auch noch mit Kontakten zur Uni zum Beispiel.
    Pfister: Als Forscher muss man ja auch lernen, mit Frustrationen umzugehen. Ich erinnere mich daran, dass Carina Lämmle, eine ehemalige Teilnehmerin, die jetzt Dozentin für Biochemie ist, die hat das mal ganz plastisch gesagt, die wurde auch mit 16 schon Dozentin. Hatten Sie auch schon eine Menge Frustrationserlebnisse?
    Hackbarth: Zum Glück noch nicht wirklich.
    Pfister: Sie haben eingangs gesagt, Sie wollen Medizin studieren. Das wäre dann in zwei Jahren. In der Zwischenzeit, haben Sie gesagt, forschen Sie weiter. Warum in so ganz anderen Bereichen, wenn Ihr Ziel doch schon eigentlich festgesteckt ist?
    Hackbarth: Also, in Richtung Medizin ist es glaube ich sehr schwer, so im Privaten zu forschen. Und na ja, Medizintechnik ist ja so ähnlich und Medizintechnik hat mich jetzt auch insgesamt mehr interessiert als das Projekt mit den Waldbränden, deswegen will ich wieder in der Richtung forschen.
    Pfister: Können Sie sich auch vorstellen, ganz in die Forschung zu gehen?
    Hackbarth: Habe ich auch schon mal überlegt und wäre eigentlich auch interessant.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.