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Junge Ärzte fürs Land
Medizinische Hochschule Brandenburg eröffnet

In Brandenburg herrscht akuter Ärztemangel. Doch das soll sich nun ändern und zwar mit der Gründung der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane. Die private Einrichtung setzt auf ein aufwendigeres Auswahlverfahren als das gängige NC-orientierte staatlicher Universitäten. Und das hat auch seinen Grund.

Von Dana Sindermann | 13.04.2015
    Ein Stethoskop und eine Brille liegen auf einem Arztkittel.
    Bis zum Jahr 2020 will die neu gegründete Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane 500 Studierende ausbilden (dpa / picture-alliance / Arno Burgi)
    Justus Ziegler lenkt seinen VW Golf raus aus dem Berliner Süden. Hier lebt und arbeitet der 23-jährige Berliner seit er sein Abi in der Tasche hat. Fünf Jahre ist das her. Der verantwortungsbewusste, etwas schlaksige junge Mann wusste schon damals: Er will Arzt werden. Mit seinem Abi-Schnitt von 2,4 war ihm aber auch klar, dass er bis zum Start des Studiums ein paar Wartesemester einlegen muss.
    "Ich hab nach dem Abitur ne Ausbildung zum Krankenpfleger gemacht und jetzt auch bis zum Studienbeginn als Krankenpfleger gearbeitet."
    Den Studienplatz für Medizin hat Justus Ziegler dann schneller bekommen als er dachte – an der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane. Seine Chance lag in den ungewöhnlichen Auswahlkriterien, die die neu gegründete Hochschule anlegt.
    "Dass es halt nicht vorrangig um die Abiturnote geht, und man Persönlichkeiten, die sich für den Arztberuf eignen, sucht. Und da dachte ich, pass ich ja ganz gut rein."
    Planungssicherheit für junge Ärzte
    Die private Hochschule liegt rund 80 Kilometer nordwestlich von Berlin in der Kleinstadt Neuruppin, mit weiteren Standorten in der Stadt Brandenburg und in Cottbus. Getragen wird sie von verschiedenen Kliniken aus der Region mit Unterstützung aus der Wirtschaft. Dennoch kostet das Studium 115.000 Euro. Und weil nicht jeder Student diese hohe Summe aufbringen kann, stellt ein Netzwerk von 20 brandenburgischen Kliniken Darlehen in Höhe von jeweils 80.000 Euro bereit. Das müssen die Studierenden nicht zurück zahlen, wenn sie in einer der Kliniken ihre praktische Ausbildung machen.
    "Ich weiß zumindest jetzt schon, dass ich nach den sechs Jahren Studium meine Assistenzarztzeit im Krankenhaus Ludwigsfelde-Teltow machen werde. Dort bin ich dann wahrscheinlich fünf Jahre, sodass ich die nächsten elf Jahre in Brandenburg unterwegs sein werde, und mal schauen, was die Zukunft bringt, ja klar, warum nicht in Brandenburg unterwegs sein?"
    Vollsperrung der Autobahn auf nicht mal halber Strecke. Beim Alternativweg über die Dörfer kann Justus Ziegler schon mal sein neue Arbeitsumgebung zwischen Seen, Wäldern und weiten Feldern erkunden. Denn einen Tag in der Woche hospitieren die Studierenden in Arztpraxen auf dem Land.
    Ankunft in Neuruppin. Der festliche Akt der Erstimmatrikulation dominiert die Atmosphäre der 30.000-Einwohner-Stadt. Vor der Kulturkirche, auf dem zentralen Platz zwischen Karl-Marx-und Friedrich-Engels-Straße, haben sich rund 600 geladene Gäste aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft versammelt. Außerdem die 72 Erstsemester, die nach einem aufwendigen Auswahlverfahren aus rund 450 Bewerbungen, gewonnen wurden.
    "Es ist schon provinziell, aber ich genieß das auch so ein bisschen, dass man mal so runterkommt." - "Man kommt nicht aus dem Studium und steht dann vor dem Patienten und weiß nicht, wo oben und unten ist, sondern man hat direkt von Anfang an Erfahrung, das find ich sehr schön."
    Studierenden und Forschung ein Zuhause schaffen
    Die Gäste haben in der Kulturkirche Neuruppin Platz genommen, und die Gründergeneration schreitet durch den schmalen Gang nach vorn: 48 Studierende der Humanmedizin außerdem 24 Psychologie-Studenten, 20 Professoren sowie weitere Oberärzte und Dozenten.
    Bis zum Jahr 2020 will die Hochschule 500 Studierende ausbilden. Der Bürgermeister von Neuruppin spricht von einem historischen Moment, der seiner Stadt eine "Frischzellenkur" beschere. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke weist auch auf Risiken des Projekts hin und möchte der Hochschule keine finanzielle Förderung durch das Land zusagen. Dem Gründungsdekan Wilfried Pommerien ist ebenso bewusst, dass die Entwicklung der MHB für alle Beteiligten einen permanenten Kraftakt bedeutet.
    "Das Erste ist, was wir lösen müssen, einen Campus zu schaffen, in dem sich die Studenten wohl fühlen, zu Hause fühlen und der trotzdem nicht an einem Ort ist. Zweitens: Für uns ist es besonders wichtig, dass auch das erste Semester sehr gut läuft, damit die kooperierenden Krankenhäuser im Land Brandenburg auch weiterhin die Stipendien geben.
    Und das Dritte ist, wir wollen auch die Forschung im Land Brandenburg zum Leuchten bringen. Das können wir nicht nur aus eigenen Mitteln stemmen, sondern wir brauchen sowohl Geldgeber in der Wirtschaft und eigentlich auch Geldgeber in der Politik, das bedeutet nicht immer, dass das Land direkt Geld geben muss, aber es uns auf vielerlei Art und Weise fördern."