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Junge Flüchtlinge
Integration durch Ausbildung

Bund und Handwerkskammer wollen mit einer Initiative junge Flüchtlinge auf dem Weg in eine berufliche Ausbildung besser unterstützen. Geplant ist, dass der Zentralverband des Deutschen Handwerks 10.000 Ausbildungsplätze garantiert und der Bund sich darum kümmert, geeignete Bewerber zu finden.

Von Christiane Habermalz | 05.02.2016
    Syrische Flüchtlinge sitzen am 31.01.2016 im Wartezentrum für Flüchtlinge beim Fliegerhorst in Erding (Bayern) und warten auf ihre Registrierung
    Syrische Flüchtlinge sitzen im Wartezentrum für Flüchtlinge beim Fliegerhorst in Erding (Bayern) und warten auf ihre Registrierung. (dpa/Gebert)
    Mit einer besonderen Qualifizierungsinitiative wollen Bund und Handwerkskammer in den kommenden zwei Jahren 10.000 junge Flüchtlinge in Ausbildung bringen. Das Programm richtet sich gezielt an die Gruppe der 18 bis 25-Jährigen, die oft gering qualifiziert sind, aber auch nicht mehr schulpflichtig. Integration sei vor allem in dieser Gruppe überhaupt kein Automatismus, begründete Bundesbildungsministerin Johanna Wanka die gemeinsame Initiative.
    "Es bedarf großer Anstrengung, damit sie ausbildungsfähig sind, damit sie wirklich erfolgreich einen Beruf erlernen und in Deutschland in die Arbeit einzusteigen können. Ich denke aber, dass diese Chance aber besteht, und dass es wichtig ist, Geld zu investieren in diese Möglichkeit."
    Über die Hälfte der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, sind jünger als 25 Jahre. Auf der anderen Seite finden viele Handwerksbetriebe keine Lehrlinge: 17.000 Ausbildungsplätze blieben im letzten Jahr unbesetzt, in den beiden Jahren davor waren es sogar 20.000. Eigentlich eine Win-win-Situation, sollte man meinen, doch nur wenn es gelingt, beide Seiten zusammenzubringen.
    Der Plan ist wie folgt: Der Zentralverband des Deutschen Handwerks garantiert 10.000 Ausbildungsplätze nur für junge Flüchtlinge. Der Bund kümmert sich darum, über das Bundesamt für Arbeit geeignete Bewerber zu finden und diese in einem dreimonatigen Programm erst einmal ausbildungsfähig zu machen. 20 Millionen Euro will das Bundesbildungsministerium dafür in die Hand nehmen. In überbetrieblichen Ausbildungsstätten sollen die Bewerber vorbereitet werden - durch berufsbezogene Deutschkurse, die Möglichkeit, verschiedene Berufsfelder kennenzulernen, und über erste Hospitationen und Betriebspraktika. Vermittelt werden solle dann dahin, wo Azubis gebraucht werden.
    "Das heißt, es ist auch möglich, dass junge Flüchtlinge in Regionen gehen, wo sie jetzt überhaupt nicht sind und vielleicht auch gar nicht hinwollten, und das sind gerade Regionen in Deutschland, wo wir besondere Schwierigkeiten haben, Ausbildungsplätze zu besetzen."
    "Es sind 10.000 Chancen für junge Menschen"
    Handwerksbetriebe seien durch ihre überschaubare Größe und klare Aufgabenverteilung besonders gut geeignet, um Menschen zu integrieren, betont Handwerkskammer-Präsident Hans-Peter Wollseifer. Die Zahl von 10.000 Lehrstellen in zwei Jahren für junge Flüchtlinge nannte er "realistisch".
    "Ich sehe es so: Es sind 10.000 Chancen für junge Menschen, die alles zurückgelassen, haben. Es sind 10.000 Chancen für unsere Handwerksbetriebe, einen vielleicht motivierten Auszubildenden oder Auszubildende zu bekommen und ins Team vielleicht sogar als Fachkraft noch einzuordnen. Aber auch eine große Chance für die Gesellschaft, dass hier Integration wirklich nachhaltig und praktisch umgesetzt wird."
    Man wisse, dass man nicht alle frei gebliebenen Ausbildungsplätze besetzen könne und auch das Fachkräfteproblem nicht wird lösen können: "Aber wir können es lindern", sagte er.
    "Wir brauchen keine Schubkarrenschieber, wir brauchen Fachkräfte in Deutschland. Wir brauchen auch nicht noch mehr Geringqualifizierte oder teilqualifizierte Helfer, denn wir versuchen ja bereits jetzt, Helfer hier in Deutschland zu Fachkräften zu qualifizieren und werden auch darin nicht nachlassen."
    Wanka will mit dem Programm besonders auch junge Frauen in handwerkliche Ausbildung bringen.
    "Weil wir reden ja über das Thema Gleichberechtigung, Einstellung derjenigen, die aus anderen Kulturkreisen zu uns kommen, da kann man über alles Mögliche reden, das kann man in Seminaren vermitteln, aber wenn man die Möglichkeit hat, als junge Frau einen Beruf zu lernen und dann selbständig zu sein, so funktioniert ja bei uns auch Gleichberechtigung in Deutschland, das geht ja sehr viel über Arbeit."
    Ob es allerdings gelingt, junge Flüchtlinge von den Vorteilen einer langwierigen Ausbildung auf dem Land zu überzeugen, gar jungen Frauen aus islamischen Familien einen Job im Handwerk schmackhaft zu machen, bleibt abzuwarten. BfA-Chef Frank-Jürgen Weise betonte, damit das Programm erfolgreich sei, müsste der Status der Flüchtlinge schneller geklärt werden. Ohne eine Bleibeperspektive werde nicht eingestellt. Wichtig sei in diesem Zusammenhang der Beschluss der Koalition, dass Asylbewerber und Geduldete, die eine Lehre absolvieren, für die Dauer der Ausbildung ein Bleiberecht erhalten - und nach erfolgreichem Abschluss noch mindestens zwei Jahre in Deutschland bleiben und arbeiten dürfen.