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Jupiter
Geysire auf dem Mond Europa

Wenn es denn in unserem Sonnensystem einen weiteren Ort gibt, auf dem es Leben geben könnte, dann ist es Europa, einer der 67 Monde des Riesenplaneten Jupiter. Wissenschaftler haben dort nun Geysire entdeckt.

Von Guido Meyer | 13.12.2013
    Als ob Jupiters Mond Europa nicht schon ungewöhnlich genug wäre. Er dreht sich in nur 3,5 Stunden einmal um die eigene Achse. Er ist von einer Eisschicht bedeckt, deren Dicke Astronomen auf irgendwo zwischen drei und 30 Kilometer schätzen. Und darunter befindet sich ein Ozean von rund 100 Kilometer Tiefe – mehr Wasser als auf dem gesamten Planeten Erde. Und nun kommt noch eine weitere Besonderheit hinzu:
    "Wir haben gesehen, dass Wasserstoff da sein muss und Sauerstoff. Und das genaue Verhältnis dieser beiden Signale von Wasserstoff und Sauerstoff hat uns letztlich dazu gebracht, zu schließen, dass es wirklich H2O ist, also in Gasform – Wasserdampf sagt man dann – in einer Fontäne, die bis 200 Kilometer über der Oberfläche zu sehen ist.”
    Lorenz Roth vom Southwest Research Institute im texanischen San Antonio und seine Kollegen haben mindestens drei Geysire nachgewiesen, die aus Ritzen in der Eiskruste des Mondes hindurch an die Oberfläche treten.
    "Auf diesem Mond herrschen Temperaturen von minus 150 Grad Celsius ungefähr, das heißt, flüssiges Wasser kann da auf der Oberfläche einfach nicht existieren. Das gefriert sofort. Und was da ausgestoßen wird, sind Dampfteilchen. Wie genau diese Fontänen entstehen, das wissen wir natürlich noch nicht."
    Aber es gibt eine Theorie. Europa wird durch die Anziehungskraft des nahen Jupiter regelrecht durchgeknetet. Der Mond ist deswegen auch überall von Furchen, Rissen und Rillen durchzogen.
    "Es gibt diese Brüche in der Eisoberfläche des Mondes. Und da gibt's Möglichkeiten, dass Gezeiten die öffnen und schließen, diese Brüche, und gleichzeitig die Ränder der Gräben aneinanderreiben und so Wärme entsteht, die dann dazu führen kann, dass wirklich das Gas so weit ausgestoßen wird.”
    Die Planetologen haben sich mit dem Hubble-Weltraumteleskop den Südpol des Mondes angesehen und die Geysire dabei entdeckt. Doch was genau befindet sich unter der dicken Eisschicht des Mondes? Ein Ozean aus flüssigem Salzwasser, darin sind sich Geologen einig. Die Amerikanerin Krista Soderlund vom Institut für Geophysik der Universität von Texas in Austin hat zusammen mit Geologen vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau ein Modell für den Zustand und für die Strömungsverhältnisse der dort vermuteten Wassermassen entwickelt.
    "Wasser kann unter dem Eis in flüssigem Zustand vorkommen, weil es vom Kern des Mondes her aufgeheizt wird. Der Kern selbst ist heiß aufgrund der Gezeitenkräfte, die Jupiter auf ihn ausübt. Die über ihm liegenden Wasserschichten bleiben deswegen stets flüssig."
    Und nicht nur das: Weil sie wärmer und somit leichter sind, steigen sie auf und verdrängen die kalten Wassermassen weiter oberhalb, gleich unter der Eisschicht. Dort angekommen, kühlt das einst warme Wasser ab. Durch die Eigendrehung des Mondes wird es zu den Polen befördert, wo es absinkt, sich erneut zum Äquator bewegt und der Wasserkreislauf von vorne beginnt. Ein derart lebendiger Ozean hat auch Auswirkungen auf die Lebensfreundlichkeit eines Himmelskörpers, denn er transportiert nicht nur Wasser, wie Krista Soderlund ergänzt.
    "Solch starke Strömungen befördern auch Nährstoffe vom Boden an die Oberfläche und zu anderen Orten im Ozean, der somit zu einer lebensfreundlicheren Umgebung wird."
    Wenn die Finanzen es erlauben, könnte sich in ein paar Jahren der amerikanische EuropaClipper aufmachen zu Jupiters Eismond, ihn als erste Sonde umkreisen und aus der Nähe untersuchen.