Donnerstag, 18. April 2024


Justiz und Polizei

Film Judge Dread: Atmo, Musik, Gewehrschüsse, Computerstimme: "In diesem Sektor ist ein Aufstand, einen schönen Tag noch..."

Von Claudia Sanders | 06.01.2000
    Ein Gefängnis in der Zukunft, so, wie es sich die Filmemacher vorstellen. Kein abgeschlossenes Gebäude sondern ein ganzer Stadtteil in dem die Täter leben oder besser gesagt wüten. Vorbei die guten alten Zeiten, als es noch möglich war sich mit Esslöffeln den Weg in die Freiheit zu ergraben. Keine Zellentüren...

    O-Ton: Gefängnistür wird zugeschlagen

    ...sondern elektronisch kontrollierte Außengrenzen halten die Ganoven in Schach. Ansonsten sind sich die Gefangenen selbst überlassen. Und zugeben, so richtig utopisch ist diese Vorstellung nicht - in Bolivien gibt es schon eine regelrechte Gefangenenstadt, innerhalb deren Grenzen die mehr als 2000 Häftlinge herrschen. Die Menschen werden also nur noch verwahrt, alles andere ist zu teuer. Keine Psychotherapie, keine Arbeit, kurzum der Resozialisierungsgedanke verschwindet aus den Gesetzbüchern. Alt ist er ohnehin noch nicht: Erst im 17. Jahrhundert kamen die Holländer auf die Idee, daß neben der Strafe auch Besserung möglich sein muß - nur langsam setzte sich dieser Gedanke durch. Jegliche Änderung in unserem Gesetzen kennzeichnet demnach auch immer eine Änderung innerhalb der Gesellschaft und der Politik. Peter Harmacher, der stellvertretende Geschäftsführer des Deutschen Anwaltvereins:

    "Der Resozialisierungsgedanke kann nicht verschwinden .... er ist eng verknüpft mit der Menschenwürde...deshalb kann ich mir nicht vorstellen, daß man darauf verzichten kann."

    Wirklich unverzichtbar? Und was, wenn die politischen Verhältnisse sich grundlegend ändern? Oder die Politik ausschließlich von den Haushaltskassen diktiert werden würde? Wenn Winston Churchills Erkenntnisse über die Demokratie als Staatsform in den Hintergrund treten würde?

    Auszug Film "Judge Dread": "Ihr seid alle verhaftete, werft die Waffen weg und vernehmt Euer Urteil!"

    Dann könnte Sylvester Stallone, hier im Film als rüder "Judge Dread" in den Vordergrund treten: Polizist, Richter und Strafvollstrecker in einer Person. Wirklich unvorstellbar?

    "....Auch die Abschaffung der Gewaltenteilung ist undenkbar..."

    meint der stellvertretende Geschäftsführer des Deutschen Anwaltvereins, Peter Harmacher. Ein weltweit gültiges Strafrecht und ein weltweites Privatrecht? Das ist für den Juristen vorstellbar und in rudimentären Ansätzen auch schon auf dem Weg, wie beispielsweise ein internationaler Strafgerichtshof.

    O-Ton: Polizeisirene

    Veränderungen stehen aber mit Sicherheit an, wenn vielleicht auch nur durch die technischen Möglichkeiten bedingt. Vorbei die Zeiten, in denen Polizisten mit alten Schreibmaschinen ihre Berichte schrieben - theoretisch wenigstens. Computer, Videokameras, Wanzen, selbst satellitengestützte Überwachung gehören heute schon zum Handwerkszeug der Ermittler. Und so werden sich denn auch die Anforderungen an die Polizei verändern, glaubt Hubert Wimber. Er ist der Polizeipräsident von Münster, und vor 10 Jahren wäre Wimber für manchen auch noch eine ferne Zukunftsvision gewesen: Er ist der erste Polizeichef mit bündnisgrünen Parteibuch in der Tasche.

    "Ich glaube nicht mehr, das die Waffe zur Uniform oder zur Dienstkleidung gehören wird und nur noch dann eingesetzt wird, wenn es situativ möglich ist, in der Tat Kommunikationskurse und Streitschlichtung werden ein sehr viel stärkeres Gewicht haben."

    Mehr Mundwerk statt Maschinenpistolen ? Die Zukunft scheint eine schlechte Zeit für die Sylvester Stallones dieser Tage zu werden. Auch die Kriminalität dürfte sich ändern: Banküberfälle? Lohnen sich nicht. Wo Geld doch nur noch in Datennetzen existieren wird - den Trägern von schwarzen Aktenkoffern zum Trotz. Hochkonjunktur dürften aber die Vertreter der "Weißen-Kragen-Kriminalität haben - also weniger Gewalt und statt rüder Räuber sind es dann die gut ausgebildeten, weltweit agierenden Computerspezialisten, die in den Gefängnissen der Zukunft einsitzen werden. Und deshalb ist die Vision des Polizeipräsidenten Wimber auch gleichzeitig ein Wunsch:

    "Das, was wir zum Teil jetzt diskutieren auch im Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit wird bis dahin alles Geschichte sein, internationale Zusammenarbeit wird bis dahin eine Selbstverständlichkeit sein."
    Und was erhofft sich ein Jurist von seiner Zunft für die Zukunft. Peter Harmacher:

    "Mehr Deutlichkeit... mehr Verständlichkeit... damit auch für die Bürger Sinn und Zweck der Gesetze ...einleuchtend und nachvollziehbar ist."

    Eine klare juristische Sprache. Eine womöglich noch unbürokratische, weltweite Zusammenarbeit? Na, wenn da mal nicht eher die Visionen der Filmemacher Wirklichkeit werden:

    Film Judge Dread: "...lebenslänglich für Mord an einem Judge Dread.... (Schüsse) .... Die Verhandlung ist geschlossen!"