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Justizminister zur Flüchtlingsdebatte
Maas wirft CSU Populismus vor

Die CSU stimme in der Diskussion um Flüchtlinge immer wieder populistische Töne an, kritisiert Bundesjustizminister Heiko Maas. Die Organisation Pro Asyl sieht sogar eine Mitverantwortung der Politik für die Angriffe auf Asylbewerberheime.

Von Johannes Kulms | 24.07.2015
    Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) spricht am 12.11.2014 in Berlin auf dem 25. Bundeskongress der Gewerkschaft der Polizei (GdP).
    Bundesjustizminister Heiko Maas hat die CSU kritisiert. (dpa / picture alliance / Lukas Schulze)
    Die bayrische Landesregierung hat den Bogen in der Flüchtlingspolitik deutlich überspannt, findet Bundesjustizminister Heiko Maas. Zwar habe wohl niemand etwas dagegen, wenn man nach Deutschland kommenden Menschen klarmache, dass ihre Anträge auf Asyl nur wenig Erfolg hätten, sagt der SPD-Politiker.
    "Aber wenn im gleichen Zusammenhang von massenhaften Asylmissbrauch gesprochen wird, dann kommen da zwei Dinge zusammen, die glaube ich einfach nur populistisch eine Stimmung aufnehmen wollen, die es in Teilen unserer Gesellschaft zur Zeit gibt, die ganz gefährlich ist. Und deshalb finde ich das nicht in Ordnung, wie das Bayern oder von bayrischen Politikern zur Zeit miteinander verbunden wird. Es geht nicht nur um die Rhetorik. Aber wir wissen, was Worte anrichten können. Und wenn ich mir anschaue, was in Deutschland zur Zeit vor Flüchtlingsheimen geschieht, dann finde ich, muss man seine Worte besser abwägen, als das zur Zeit einige tun."
    So Heiko Maas im ZDF-Fernsehen.
    Neue Daten des Bundesinnenministeriums zeigen, dass die Zahl der Übergriffe auf Asyl- und Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland deutlich gestiegen ist. Im vergangenen Jahr gab es 203 Übergriffe. Diese Zahl ist mit 202 bereits nach dem ersten Halbjahr 2015 nahezu erreicht, wobei bisher 22 Gewalttaten gezählt wurden.
    Die Flüchtlingsorganisation "Pro Asyl" führt den starken Anstieg vor allem auf die massiven Kampagnen gegen neu geplante Asylbewerberwohnheime in den letzten zwei Jahren zurück, ebenso auf Pegida. Doch auch die Politik trage eine Mitverantwortung, sagt der stellvertretende Geschäftsführer Bernd Mesovic. In Bayern sei eine Sichtweise zu beobachten, die man schon vergangen glaubte, so Mesovic:
    "Nämlich sozusagen der Auffassung zu sein: Rechts von der CSU soll es nichts geben. Bis dahin machen wir alles selbst. Und die Töne dort, die im Moment gegenüber Flüchtlingen angeschlagen werden, sind unverantwortlich. Gerade eben auch in der Zeit, wo Unterkünfte auch brennen."
    Union verteidigt sich gegen Kritik
    Die Kritik richtet sich vor allem gegen den Beschluss, den die bayrische Landesregierung zu Beginn der Woche getroffen hatte. Dieser sieht vor, Asylbewerber aus Ländern mit hohen Ablehnungsquoten wie den Balkanstaaten, in gesonderten Aufnahmeeinrichtungen unterzubringen.
    Der deutliche Anstieg von Übergriffen auf Flüchtlingsunterkünfte sei in keiner Weise akzeptabel sagt der innenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, Stephan Mayer. Die Sicherheitsbehörden seien aufgefordert, die Täter schnellstens zur Strecke zu bringen.
    "Aber – und das ist mir auch sehr wichtig – ich halte es für unanständig und für in keiner Weise hinnehmbar, dass manche jetzt versuchen, die CSU und auch den CSU-Parteivorsitzenden Horst Seehofer dafür in Mithaftung zu nehmen."
    Die CSU würde klar die Probleme benennen sagt Mayer. Auch die Rede vom "Asylmissbrauch" hält er für gerechtfertigt.
    "Es ist nun mal die Wahrheit. Wenn knapp die Hälfte aller Asylbewerber und Flüchtlinge, die in diesem Jahr nach Deutschland gekommen sind, aus dem westlichen Balkan kommen. Mit Anerkennungsquoten von zwischen 0,0 und 0,2 Prozent, dann kann man nicht anders, als dies als Missbrauch zu bezeichnen."
    Auch der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius kritisiert die bayrische Rhetorik in der Flüchtlingspolitik. Gleichzeitig gehe es darum, die Zahl von rund 400.000 erwarteten Erstanträgen auf Asyl in diesem Jahr zu senken, sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk:
    "Aber auf der anderen Seite haben wir im Augenblick eine Rechtslage, die wir offenbar mit den Mehrheitsverhältnissen gegenwärtig auch nicht so schnell ändern können, die eben besagt, dass jemand, der einmal im Asylverfahren war und abgelehnt wurde, keinen weiten Ausweg findet in den deutschen Arbeitsmarkt, also im Wege der Zuwanderung. Solange das so ist, müssen wir umso schneller die Asylverfahren beenden, damit eben keine falschen Hoffnungen, Erwartungshaltungen geweckt werden bei den Menschen."