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Kämpfen für den "Grexit"

Sie heißen "Plan B" und "Drachme fünf Sterne" und sie haben dasselbe Ziel: den Austritt Griechenlands aus der Eurozone. Auch mit anderen Eurogegnern in Europa sind sie schon vernetzt – in Italien und auch Deutschland.

Von Rodothea Seralidou | 21.05.2013
    Die Geburtsstunde der linken Anti-Euro-Partei "Plan B" im schlichten Gemeindesaal des Athener Arbeiterviertels Peristeri. Am Rednerpult erörtert der Politiker Tasos Stavropoulos - in Jeans und blauem Hemd - das politische Ziel der neuen Partei: den Austritt aus der Eurozone und die Rückkehr zu einer nationalen Währung. Rund 200 Anhänger der Partei hören ihm konzentriert zu. Darunter auch der Steuerberater Jannis Perakis:

    "Ich glaube ein "Plan B" ist unsere einzige Lösung. Plan A haben wir schon ausprobiert und wir sehen, wohin es führt. Die jetzigen Sparmaßnahmen sind ohne jegliche Logik und Koordination; die Regierung will nur schnell Geld sammeln, und wirft es in ein Fass ohne Boden."

    An vorderster Front der neuen Anti-Euro-Partei steht Alekos Alavanos. Der Ex-Syriza-Chef sieht die Rückkehr zurück zur Drachme als einzigen Weg für Griechenland:

    "Mit dem harten Euro schaffen wir es nicht aus der Krise. Für eine Exportmacht wie Deutschland ist es etwas anderes. Wir aber brauchen radikale Veränderungen, wir brauchen den Austritt aus der Eurozone, damit wir wieder auf eigenen Beinen stehen können."

    Außerdem müsse Griechenland die Banken verstaatlichen und sich vorerst weigern, seine milliardenschweren Schulden zurückzuzahlen, so Alavanos.

    "Wir brauchen eine Zahlungspause. Das ist ein völkerrechtliches Prinzip, wenn sich ein Land im Notstand befindet und nicht in der Lage ist, seine Schulden zurückzuzahlen. Und es gibt internationale Beispiele für solche Zahlungspausen: Russland hat es gemacht, andere Länder, auch Deutschland."

    Dass dadurch Griechenland ins Abseits geraten könnte, nimmt Alavanos in Kauf. Das Land sei jetzt schon isoliert und müsse ständig für Almosen betteln, sagt er. Eine gleichwertige Partnerschaft sehe anders aus.

    Die Rückkehr zur Drachme fordert auch der Wirtschaftsprofessor Thodoros Katsanevas. Viele Jahre war er als Mitglied der sozialistischen Pasok Abgeordneter im griechischen Parlament. Mit seiner neuen Partei "Drachme fünf Sterne" will er nun vor allem enttäuschte Mitte-links-Wähler überzeugen:

    "Die Indikatoren sprechen für sich. Meine Studenten und ich haben festgestellt, dass der Euro in Zeiten der Krise die Länder im Süden - in der Peripherie Europas - in den Abgrund zieht. Länder hingegen, die nicht in der Eurozone sind, wie z. B. Großbritannien, Polen oder Tschechien, werden zwar von der Krise kurz erschüttert, können sich aber schnell erholen."

    Die Möglichkeit, die nationale Währung in solchen Zeiten abzuwerten, sei für die Wirtschaft eines Landes essenziell, sagt Katsanevas und beruft sich dabei auf Experten wie den Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman und den deutschen Ökonomen Hans-Werner Sinn. Warnungen vor den Folgen eines "Grexit" schlägt er in den Wind.

    "Seit Langem hören wir Horrorszenarien, dass - wenn wir den Euro verlassen - unser Leben zur Hölle wird. Es wurde uns eingetrichtert, dass die Drachme etwas Schlimmes ist und der Euro etwas Gutes. Doch genau das Gegenteil ist der Fall."

    Katsanevas Berechnungen zufolge würde es nach einer Übergangszeit von weniger als zwei Jahren mit der griechischen Wirtschaft wieder aufwärts gehen.

    Noch ist die Anti-Euro-Bewegung zweigeteilt: Zu unterschiedlich sind die politischen Milieus, aus denen die neuen Parteien entsprungen sind: "Plan B" rekrutiert Kommunisten und Radikallinke, die "Drachme 5 Sterne" Sozialisten und Konservative. Trotzdem schließen die Parteien eine Zusammenarbeit für die Zukunft nicht aus. Und mit Anti-Euro-Parteien aus dem Ausland, wie Beppe Grillos "5-Sterne-Bewegung" und der Partei "Alternative für Deutschland" knüpft Thodoros Katsanevas jetzt schon Kontakte. Seine Hoffnung: dass die Anti-Euro-Front bei der nächsten Europa-Parlamentswahl 2014 in Ganz-Europa Einfluss gewinnt.

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